BioAcker und GrünlandGrünland verdient mehr Aufmerksamkeit

Grünland verdient mehr Aufmerksamkeit

Gründland
Bei der Veranstaltung präsentiert Gastgeber Tobias Ruppaner stolz die Artenvielfalt und Bodenqualität auf seinem Grünland.
Quelle: Buffler

„Multitalent Öko-Grünland schützt Umwelt und Klima.“ Mit dieser Überschrift hat die Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern (LVÖ) auf den Biohof Ruppaner in Waltenhofen eingeladen. Zentrales Anliegen dabei: Zeigen, dass Grünland nicht nur Futtermittel liefert, sondern auch einen entscheidenden Beitrag gegen den Klimawandel leisten kann.

Nach diesem Prinzip bewirtschaftet Gastgeber und Bio-Landwirt Tobias Ruppaner seinen 88 ha großen Milchviehbetrieb. Für ihn ist klar, dass sich die Art der Grünlandnutzung, die Artenvielfalt und das Klima gegenseitig beeinflussen und er davon profitieren kann.

Die Gastgeber: Tobias und Stephanie Ruppaner, Sara Diem (Ökomodellregion Oberallgäu), Hubert Heigl (Vorsitzender LVÖ Bayern) und Cordula Rutz (Geschäftsführerin LVÖ Bayern).
Quelle: Buffler

 

Grünland kann mehr als es scheint

Spätestens nach der Umstellung auf ökologische Landwirtschaft im Jahr 2008 war es für Ruppaner Zeit zu handeln. Im ersten Schritt erhöhte er den Artenreichtum in seinen Wiesenbeständen. Dies gelang ihm durch eine immer spätere Mahd. Heute wachsen wieder seltene Kräuter auf seinen Flächen. Dank dieser Vielfalt konnte er die Futterqualität für seine 54 Fleckvieh- und Braunviehkühe trotz des späteren Schnittzeitpunktes halten. Tobias Ruppaner erklärt es so: „Bei uns wächst jetzt halt auf jedem Quadratmeter schon die fertige TMR.“

Nach einem Seminar für ganzheitliches Weidemanagement hat der Biobauer deshalb auch wieder die ausgiebige Beweidung auf seinem Betrieb eingeführt. Dabei setzt er nicht auf die Kurzrasenweide, sondern auf den häufigen Umtrieb. „Die Pflanzen haben so nur einen kurzen Fraßdruck. Es bleibt ausreichend Blattmasse vorhanden und sie können durchgehend Photosynthese betreiben. Dadurch wachsen ihre Wurzeln weiter in die Tiefe.“ Das macht die Wiesen unempfindlicher gegen Trockenheit und erhöht die Wasseraufnahmekapazität der Böden. Das ist wichtig in der heutigen Zeit, in der Wetterextreme zunehmen. Tobias Ruppaner deutet auf die Wiesen oberhalb seiner Hofstelle und erklärt: „Bei Starkregen lief früher von oben immer das Wasser direkt in unseren Keller. Das haben wir nun nicht mehr. Unsere Böden saugen Wasser wie ein Schwamm auf.“

Tobias Ruppaner demonstriert auf einer abgesteckten Fläche, wieviel Wasser seine Böden aufnehmen können. Und das, obwohl es bereits die Tage davor ausgiebig geregnet hat.
Quelle: Buffler

Weiterer Nebeneffekt des Weidegangs: Ruppaner braucht für die Sommermonate kein Futter einfahren und spart sich Arbeitszeit, Energie und fossile Brennstoffe. Gleichzeitig entfällt die Ausbringung der Gülle. „Die Kuhfladen sind quadratmeterweise Brache. Ich sehe das als eine Anschubfinanzierung für die Wiese ins nächste Jahr. Außerdem bieten die Kuhfladen Lebensraum für unzählige Insekten und sie aktivieren das Bodenleben.

Die Forschung hinkt hinterher

Wie Grünland, Boden und Klima genau zusammenspielen, ist wissenschaftlich noch nicht eindeutig geklärt. Ein Punkt, den Referentin und Bio-Landwirtin Christine Bajohr an der aktuellen Grünlandforschung kritisiert. „Wir Landwirte kämpfen vor Ort mit dem Klimawandel und müssen dazu die komplexen Zusammenhänge kennen. Bei den Wissenschaftlern hat jeder zwar einzeln ein riesiges Fachwissen, ist aber nur auf einen Teilbereich fokussiert. Da gibt es viel zu wenig Austausch.“

KUHproKLIMA
Christina Bajohr stellt ihr Projekt „KUHproKLIMA“ vor, in dem Landwirte und Wissenschaftler zusammen nach Lösungen für eine klima- und biodiversitätsfreundliche Grünlandbewirtschaftung suchen.
Quelle: Buffler

Das will die Landwirtin ändern. Sie hat deshalb zusammen mit sieben anderen Grünlandbauern aus dem Oberallgäu und ebenso vielen Wissenschaftlern vor eineinhalb Jahren ein eigenes Forschungsprojekt ins Leben gerufen. Mit dem Vorhaben „KUHproKLIMA“ wollen Bajohr und ihre Mitstreiter Lösungen finden, wie man die Produktivität von Grünland fördern und gleichzeitig die Folgen des Klimawandels abmildern kann. In ihren Augen muss man Grünland zukünftig ressourcenschonender bewirtschaften und es widerstandsfähiger gegen Umwelteinflüsse machen. „Wir wollen Betriebe nicht in ein Naturschutzgebiet umwandeln, sondern die Leistungen der Ökosysteme wiederherstellen“, so Bajohr. Ihr oberstes Ziel: „Anhand von Fallbeispielen soll es am Ende des Projektes konkrete Strategien und Biodiversitätskonzepte geben, die Landwirte auf ihren Höfen auch umsetzen können. Bisher verschwinden die Forschungsergebnisse meistens in wissenschaftlichen Abhandlungen, auf die wir Landwirte nicht einmal Zugriff haben.“

Das Projekt „KUHproKLIMA“

Wie lässt sich Grünland standortgerecht, klimafreundlich und widerstandsfähig bewirtschaften. Das wollen acht Bio-Milchviehbetriebe im Allgäu auf verschiedene Art und Weise erproben. Als gemeinsamer Nenner setzen alle das „Holistic Planned Grazing“- Weidemanagement nach A. Savory ein. Das Ziel: Natürliche Ökosystemprozesse nutzen, Arbeitsvolumen und Emissionen reduzieren und Betriebskosten senken. Dabei begleiten Wissenschaftler das Projekt und erfassen Daten zu Bodenleben und Artenvielfalt.

Am Ende des Projektes sollen Empfehlungen für die Praxis abgeleitet werden. Es wird ein anschaulicher Best-Practice-Leitfaden erstellt. Dieser soll neben einer umfangreichen Wissensvermittlung zum Thema „Ökosystemleistung“ unterschiedliche Lösungsvorschläge anbieten, inklusive praktischer Tipps und Tricks aus dem Betriebsalltag.

Das Projekt wird von der EU im Rahmen der Europäische Innovationspartnerschaft für landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit (EIP-Agri) gefördert. Dennoch müssen die Landwirte insgesamt 180.000 € an Eigenleistung aufbringen. Davon fehlen derzeit noch rund 100.000 €. Wenn Sie das Projekt unterstützen wollen, können Sie am Crowdfunding teilnehmen.

Dass es überhaupt solche privaten Initiativen braucht, bemängelt auch Josef Braun, Mitglied im Vorstand der LVÖ, am Ende der Veranstaltung gegenüber den anwesenden bayerischen Landtagsabgeordneten. Er stellt klar: „Die staatliche Agrarforschung ist gefordert, gemeinsam mit der Praxis zukunftsfähige weidebetonte Systeme für die Produktionsketten Milch und Rindfleisch zu entwickeln. Kooperationen zwischen Wissenschaft und landwirtschaftlicher Praxis wie das Projekt „KUHproKLIMA“ oder das geplante Öko-Praxis-Forschungsnetz Bayern zeigen auf, in welche Richtung sich eine systemorientierte praxisnahe Agrarforschung in Bayern entwickeln muss.“ Nun bleibt es abzuwarten, ob und wann diese Forderungen in den Hochschulen, Universitäten und Forschungseinrichtungen ankommen.

 

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