AckerbauBodenWeinberger: „Österreich, Land der Äcker zukunftslos!“

Weinberger: „Österreich, Land der Äcker zukunftslos!“

Grafik Hitzetage
Der Rekord von 24 Hitzetagen aus dem Jahr 2019 wurde heuer bereits überholt.
Quelle: hagel.at

„Österreich ist nach wie vor Europameister im negativen Sinn, was die tägliche Verbauung für Straßen, Gewerbeflächen oder Einkaufszentren betrifft“, stellte Dr. Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung, erneut ernüchternd fest. Gleichzeitig hat Österreich mit 1,67 m² die größte Supermarktfläche pro Kopf, mit 15 m pro Kopf das längste Straßennetz und einen Immobilien-Leerstand  in der Größenordnung der Stadt Wien (= 40.000 Hektar).

Das Zubetonieren hat fatale Folgen:

  • Keine Wasserspeicherung: Die Böden können das Wasser nicht mehr aufehmen, der Grundwasserspiegel sinkt. Die Folge: Österreichs Seen geht das Wasser aus! Besonders betroffen ist Ostösterreich, etwa der Neusiedler See oder der Anemonensee in Wiener Neustadt.
  • Keine Kohlenstoffspeicherung: Die Temperaturen steigen vor allem in den Städten massiv. Während es in den 1980er und 1990er Jahren nur sechs Hitzetage (Tage mit über 30 Grad Celsius) pro Jahr  gab, sind es mittlerweile im Schnitt 20 solcher Tage pro Jahr. Heuer zählen wir bereits knapp 30 Hitzetage, also mehr als das Vierfache und ein absoluter Rekordwert.
  • Verlust der Selbstversorgung bei regionalen Lebensmitteln: Bereits jetzt ist Österreich bei der Eigenversorgung mit regionalen Lebensmitteln sehr verletzbar. So beträgt der Selbstversorgungsgrad bei Weizen nur mehr 88 %, bei Obst und Gemüse liegt er jeweils rund 50 % und bei Soja gar nur bei 20 %. Wer Sicherheit will, darf seine Böden nicht zubetonieren!
  • Verlust der Biodiversität:  Rund 80 % der bewerteten Arten und Lebensräume in Österreich sind laut EU-Umwelzagentur in keinem “guten Zustand”. In den vergangenen 30 Jahren hat Österreich bereits 70 % seiner Wirbeltierbestände vor allem durch den zügellosen Bodenverbracuh eingebüßt. Aktuelles Neagtivbeispiel aus Ohlsdorf in Oberösterreich: Dort wurden 18 Hektar Wald –  davon sechs Hektar von den Bundesforsten – gerodet und für immer zerstört.
  • Erholungsraum und Tourismus gefährdet:  Laut einer Market-Umfrage sehen vier von fünf Österreichern das Tourismusland Österreich massiv wegen der starken Verbetonierung gefährdet.

Rasches Umdenken und Handeln gefordert

Angesichts dieser betrüblichen Fakten müsse dass 2,5-Hektar-Ziel der Bundesregierung rasch umgesetzt werden und das Thema “Stopp dem Bodenverbrauch” oberste Priorität haben. „Die Länder als Verantwortliche in der Gesetzgebung in puncto Raumordnung sind daher gefordert, rasch Maßnahmen zu setzen. Ansonsten wird es in der Bundeshymne in absehbarer Zeit heißen: Österreich ein Land ohne Äcker zukunftslos“, so Generaldirektor Weinberger.

PK-Bild Klima
Klimatologe Mag. Simon Tschannett (links) und “Hagel”-Generaldirektor Dr. Kurt Weinberger fordern altes Denken in der Raumplanung zu beenden.
Quelle: hagel.at

 

Mit dieser Befürchtung steht der Generaldirektor der Hagelversicheurng aber nicht alleine. Der Wiener Stadtklimatologe und Geschäftsführer Weatherpark GmbH, Mag. Simon Tschannett, bläßt ins selbe Horn, denn die Städte sind nicht für den Klimawandel gerüstet. Viele wurden für ein anderes, kühleres Klima gebaut, Grünflächen, wie Felder, wurden durch Verbauung zerstört. Daher wäre es unbedingt nötig, in der Stadtplanung mehr Rücksicht auf Hitzewellen zu nehmen und mit dem jeweils passenden Mix aus Maßnahmen unsere Städte ans neue, heißere Klima anzupassen.

„Die Zubetonierung von Innenstädten hat zur Folge, dass sich diese immer weiter aufheizen. Versiegelte Flächen können Temperaturen bis zu 50 Grad erreichen, dunkel asphaltierte Flächen sogar bis zu 70 Grad“, gibt Tschannett zu bedenken. „Die auch für die Kaltluftproduktion verbliebenen Äcker und Wiesen müssen sofort vor Verbauung geschützt werden“, so der Klimaexperte und spricht sich für mehr Naturraum in und um Städten (Stichwort Speckgürtel) aus.

 

Maßnahmenbündel für weniger Bodenverbrauch

Um das 2,5-Hektar-Ziel zu erreichen, gibt es verschiedene Lösungsansätze.

  • Laut Umweltbundesamt gibt es in Österreich 40.000 Hektar leerstehende Gewerbe-, Industrie- und Wohnimmobilien (das entspricht der Fläche der Stadt Wien). Eine Revitalisierung dieser Brachflächen ist aber finanziell aufwendiger als ein Neubau auf der grünen Wiese. Daher braucht es monetäre Anreizsysteme für eine Revitalisierungsoffensive leerstehender Immobilien.
  • Innenentwicklung vor Außenentwicklung: Baulandausweisungen sollen nur noch dann genehmigt werden, wenn die betreffende Gemeinde nachweisen kann, dass keine angemessenen Innenentwicklungspotentiale verfügbar sind.
  • Schutz besonders wertvoller Flächen (landwirtschaftlicher Vorrangflächen), wie am Beispiel der Schweiz, wo die produktivsten Landwirtschaftsböden für die Ernährungssicherung der Bevölkerung gesetzlich vor Verbauung geschützt sind.
  • Vermehrtes Bauen in die Höhe und in die Tiefe
  • Ausbau des öffentlichen Verkehrs, da dieser weniger Fläche in Anspruch nimmt.

Eine Vision, wie Österreichs Städte und Gemeinden klimafit werden können, ist auf www.KlimaKonkret.at zu finden.

Neben dem Maßnahmenbündel brauche es auch ein volkswirtschaftliches Umdenken sind sich Tschannett und Weinberger einig. „Nicht die Natur braucht uns, sondern wir brauchen die Natur. Daher müssen wir die Natur schützen und endlich einen Wandel hin zu einem intelligenteren Wirtschaftsdenken einleiten“, so Weinberger und schlägt vor, die Kennzahl Naturkapital in die jährliche volkswirtschaftliche Gesamtrechnung mitaufzunehmen.

 

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