Stellen Sie sich vor, Sie verkaufen auf dem Nutzkälbermarkt gesunde Tiere und bekommen zwei Wochen später einen Anruf von der Polizei, dass Sie von der Staatsanwaltschaft angezeigt wurden: Eines Ihrer Tiere musste geschlachtet werden. Dabei wurden Arzneimittelrückstände festgestellt.
Frau L. aus Bayern schreibt mir dazu: „Noch am gleichen Tag bin ich mit meinen Unterlagen zur Polizei gefahren, um den Sachverhalt zu klären. Auf Grund meiner Aufzeichnungen und meines Betriebsablaufes kann ich definitiv sagen, dass dieses Kalb bei mir während seiner knapp vier Wochen, von Geburt bis zum Verkauf, keinerlei Medikamente bekommen hat. Dieses Kalb war nicht einmal krank, hatte keinen dicken Nabel und wurde auch nicht enthornt. Außerdem geht aus meinen Unterlagen auch hervor, dass wir zu dieser Zeit kein anderes krankes Kalb hatten, so dass auch hier nichts verwechselt werden konnte. Ich habe dann bei der AHG (Allgäuer Herdebuchgesellschaft) nachgefragt, an wen denn dieses besagte Kalb verkauft worden ist. Ich finde es schon sehr ungewöhnlich ein vierwöchiges Kalb mit knapp 80 kg einen Tag nach dem Verkauf zu schlachten. Nach einiger Recherche wurde mir mitgeteilt, dass dieses Kalb wohl beim Transport durch den Viehhändler so stark verletzt wurde, dass es geschlachtet werden musste. Zeitgleich soll in dieser Metzgerei auch ein anderes größeres Kalb geschlachtet worden sein, wobei hier möglicherweise die Proben vertauscht worden sein könnten.
Bei der Polizei konnte ich kurz die Aussage des Viehhändlers lesen, in der er angab, dass er vor der Schlachtung mit mir telefoniert hat und ich ihm angegeben hätte, dass keine Wartezeiten bei dem Tier bestünden. Dieses Telefonat hat nie stattgefunden! Mich würde schon interessieren, ob der Viehhändler auch eine Anzeige bekommen hat, schließlich war er der letzte Tierbesitzer. Oder wird prinzipiell immer nur der Aufzuchtbetrieb angezeigt? Das würde bedeuten, dass ich bei jedem verkauften Tier Angst haben muss, dass mir eventuell nach Monaten eine Anzeige wegen Arzneimittelrückständen droht, wenn ein ehemaliges Tier von mir zur Schlachtung geht, weil ich der Aufzuchtbetrieb war.
Wenn ich jetzt eine Strafe wegen der fehlenden Abgabebeläge und der dazugehörigen Dokumentation bekomme, kann ich das nicht ändern, denn darauf hätte ich wohl besser achten müssen. Auf keinen Fall möchte ich mir aber den Arzneimittelrückstand bei diesem Kalb anheften lassen, weder als Straftat noch als Verstoß oder als Vermerk und auch nicht mit menschlichem Versagen, denn dieses Kalb hat bei mir definitiv keine Medikamente bekommen.“
Beweislage
An diesem Fall ist nicht die Rechtslage das Komplizierte, sondern die Beweislage.
Kann die Probe beim Schlachtbetrieb vertauscht worden sein?
Wie war dort genau im Detail der Vorgang bei den Probenahmen?
Was hat der Käufer nach der Abholung beim Transport mit dem Tier gemacht?
Welche Behandlung hat das Tier auf Grund der genannten Transportverletzung durch den Käufer (Viehhändler) erhalten?
Wann soll das Telefongespräch mit dem Schlachtbetrieb stattgefunden haben? Das ist heute auf jedem aktuellen Mobiltelefon überprüfbar.
Das alles wäre von der Behörde zu prüfen, wenn Frau L. diese Fragen zur erforderlichen Prüfung und Beantwortung an die Behörde als Stellungnahme weiterleitet, um den Nachweis zu erbringen, dass die vorgefundenen Mittel nicht im Laufe der vierwöchigen Aufzuchtzeit in das Tier gekommen sein können.
Die Strafanzeige wurde inzwischen zurückgezogen. Was Frau L. bleibt, ist eine Betriebskontrolle durch das Veterinäramt, die Feststellung von Dokumentationsmängeln und der Wunsch nach einer besseren Absicherung durch den Nutzkälbermarkt. Die Allgäuer Herdebuchgesellschaft ist eingeladen, diesbezüglich Ideen für eine bessere Sicherheit zu entwickeln.
Sie wollen uns Ihre Meinung zum Thema sagen? Schreiben Sie uns:
hans.meister@landwirt-media.com, Tel.: 0043 316/821636-167, Fax: DW 151
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