Herr Heigl, Sie haben vor einigen Monaten einen Neustart der Agrarreform gefordert. Nun hat die deutsche Bundesregierung die entsprechenden Gesetze eingebracht. Wurde es der geforderte Neubeginn?
Nein, ein Neustart ist es definitiv nicht. Aber es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, dem weitere folgen müssen. Dank des Einsatzes der Bundesländer kam dieser, hoffentlich tragfähige Kompromiss zustande. Für eine wirkliche Reform fehlte am Ende die Zeit und wohl auch der Mut. Wichtig ist, dass die Politik 2027 nicht wieder in dieselbe Falle tappt, sondern sich rechtzeitig auf den Weg macht.
Sie sprechen schon die nächste Agrarreform an. Welche Form von Neustart fordern Sie?
Wir müssen den Mut zu einer wirklichen Reform haben. Das Denken in Säulen sollten wir hinter uns lassen. Im Mittelpunkt der GAP muss die Honorierung gesellschaftlicher Leistungen für Umwelt-, Klima- und Tierschutz stehen. Das muss auf unseren Betrieben einkommenswirksam ankommen. Beispielgebend ist hier der Öko-Landbau, der mit seinem mehrjährigen Systemansatz langfristig und auf der gesamten Fläche umwelt-, insekten- und klimafreundlich wirkt. So könnte ich mir ein gemeinwohlorientiertes Stufenmodell, mit dem Öko-Landbau als höchste Stufe, sehr gut vorstellen. Flankiert werden sollte das Ganze durch verpflichtende europäische Haltungs- und Herkunftskennzeichnungssysteme. Alle müssen sich beim Einkauf einfach und schnell für das ökologische Produkt aus der Region entscheiden können.
Welche Auswirkungen erwarten Sie durch diese Reform für den Öko- Landbau?
Bayern hat sich in seinem Naturschutzgesetz das Ziel vorgegeben, bis 2030 seinen Bio-Anteil auf 30 % zu erhöhen. In der Farm-to-Fork-Strategie der EU wird für denselben Zeitraum eine Steigerung auf 25 % angestrebt. Durch die stufenweise Erhöhung der Umschichtung auf 15 % stehen jetzt deutlich mehr finanzielle Mittel für die Erreichung dieser Ziele zur Verfügung. Denn die Umstellung auf Öko- Landbau muss für die Betriebe auch finanziell attraktiv sein.
Besonders relevant wird sein, wie die Bundesländer den Öko-Landbau in ihren Agrarumweltprogrammen fördern werden. Was fordern Sie?
Die Förderung des Öko-Landbaus muss in den Agrarumweltprogrammen eine zentrale Rolle spielen. Wichtig ist darüber hinaus, dass sich die ökologische Wirtschaftsweise mit möglichst vielen „dunkelgrünen“ Maßnahmen auf Einzelflächen kombinieren lässt. Damit wird eine optimale Wirkung der öffentlichen Gelder im Sinne der Umweltziele der GAP und des Green Deals erreicht.
Österreichs Regierung plant, auf eine eigenständige Bio-Förderung zu verzichten. Stattdessen sollen Öko-Bauern an einzelnen Agrarumweltmaßnahmen teilnehmen bzw. einen jährlichen Bio-Zuschlag nutzen. Ist das der richtige Weg?
Was Österreich hier plant, ist aus meiner Sicht für die Entwicklung des Öko-Landbaus eine Katastrophe. Hier wird der mehrjährige, prozessorientierte Ansatz in Einzelteile zerlegt, statt seine immensen Vorteile für den Umwelt-, Klima- und Tierschutz als Gesamtsystem zu nutzen. Ein Bio-Betrieb ist eine organische Einheit, die als Ganzes deutlich mehr ist als die Summe seiner Einzelteile.
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