Schnipp, schnapp – und die zwei Polypen in meinem Darm sind ab. Nach der Koloskopie (Darmspiegelung) wache ich langsam aus der Kurznarkose auf. Maria*, die Assistentin des Internisten, unterhält mich währenddessen mit ihren Erzählungen.
Ich erfahre, dass Maria, 52, aus der Familie eines Automechanikers kommt. Zwanzig Jahre lang war sie mit einem Bauern verheiratet. Auf seinem Betrieb gab es Kühe und auf das Komma genau 65,4 ha Grund. Immer noch hört sie die Worte ihres Ex-Mannes, der ihr nicht nur einmal sagte: „Je größer die Abstände auf der Traktortreppe, desto besser ist der Traktor.“ „Dafür konnte Hans* nicht einmal die Waschmaschine bedienen“, fügt Maria milde lächelnd hinzu. In der Küche half ihr Verflossener nur, wenn die Gäste schon an der Türschwelle standen. Dann schälte er schnell ein paar Kartoffeln und brüstete sich vor den Gästen mit seinen Kochkünsten wie ein Gockel. Putzen, Bügeln oder etwas im Haus zu reparieren – das tat er nie. „Aber der Stall war immer sauber. Das neue Dach der Maschinenhalle glänzte sowieso.“
Ihre gemeinsame Tochter Lisa* ging mit 15 auf die Landwirtschaftliche Fachschule, etwas, das Maria gegen den Willen ihres Mannes durchsetzen konnte. Schon beim Schaukeln der Babywippe hatte Hans prophezeit: „Die Lisa – die wird keine Bäuerin.“ Der Skeptiker sollte recht behalten. Aber für Maria war und ist es wichtig, dass ein Mädchen fürs Leben lernt. „Bohren, Hämmern, Schweißen, Fleisch zerlegen, Traktor fahren. Ein Mädchen soll das können, was ein Bursche kann, und umgekehrt. Jedes Kind muss Praktisches können, um fürs Leben gewappnet zu sein.“
Maria mag die Bäuerinnenfachtage des LANDWIRT und andere Fortbildungen. „Dort hole ich mir Motivation und Kraft.“ Sie bedauert, dass Männer nur wenig Interesse an Vorträgen über bewusstes Leben zeigen. Ihrer Meinung nach konzentriert sich das „starke Geschlecht“ zu sehr auf negative Gedanken. Deswegen rät sie dazu, auf Dinge zu achten, die gut und schön im Leben sind. Warum? „Zum Stressabbau.“
Maria findet, dass jeder Mensch auf sich selbst achten sollte, beispielsweise mit regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen. Die Koloskopie zur Früherkennung von Darmkrebs sollte für Frauen und Männer ab 50 ein Pflichttermin sein. „Sie tut nicht weh“, sagt Maria – und recht hat sie.
* Name von der Redaktion geändert
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