Auf 47 % der Betriebe mit Betriebsleitern älter als 50 Jahre ist die Hofnachfolge nicht geklärt. Seit dem Jahr 2010 schloss jeder neunte Hof seine Tore. Eine Entwicklung, die mehr als bedenklich ist. Woran liegt es, dass die scheinbar größte Herausforderung auf unseren Höfen die Nachfolge ist? Will von der jungen Generation niemand mehr hart arbeiten? Doch – das ergab der kürzlich stattgefundene Junglandwirte-Talk an der landwirtschaftlichen Fachschule in Otterbach. Insgesamt diskutierten
87 Junglandwirte vor Ort und 140 Teilnehmer online mit vier Hofübernehmern am Podium über Konflikte und die Einstellung zur Landwirtschaft. Das Ergebnis: Viele junge Leute wollen in der Landwirtschaft arbeiten, es braucht aber ein Umdenken.
Hofübernahme mit 16
Markus Holzschuster hat mit 16 Jahren den Ackerbaubetrieb seines Vaters übernommen und teilt seinen Arbeitsalltag unter anderem auf Instagram. „Den Hof zu übernehmen, war für mich als Kind nicht vorstellbar. Ich habe erst über Umwege meine Leidenschaft zur Landwirtschaft gefunden und bereue sehr, dass ich da nicht früher draufgekommen bin“, so der 22-Jährige. Die Hofübernahme mit 16 Jahren bereut er nicht: „Man wächst mit seinen Herausforderungen. Mein Vater hat mir aber nie den Druck gemacht, dass ich den Hof übernehmen muss. Es war alleine meine Entscheidung.“ Dass es ohne Druck besser funktioniert, bestätigt Andreas Bernhard, ein erfolgreicher Fleckviehzüchter aus Ansbach, Bayern. Im Jahr 2018 übernahm er den elterlichen Betrieb und hat seitdem am Hof kaum einen Stein auf dem anderen gelassen. „Die Zeit der Baustellen war schon herausfordernd, aber hier liegt riesiges Potenzial von Familienbetrieben. In solchen Zeiten hilft man zusammen und teilt Aufgaben sehr effizient auf.“ Als Grund, warum er den Hof immer schon übernehmen wollte, nennt er aber folgenden: „Mein Vater hat immer ein realistisches Bild von der Arbeit am Hof vermittelt. Er hat nie gejammert.“
Aufgaben teilen
Eine gute Arbeitsaufteilung sieht auch Stefan Hackl als Schlüssel zum Auskommen unter Generationen. Er ist angehender Hofübernehmer und erzählte am Podium über den Arbeitsalltag am Hof: „Wir kommen zuhause alle sehr gut miteinander aus. Meine Mutter und ich melken die Kühe, mein Vater übernimmt das Füttern. Eine gute Arbeitsaufteilung erspart viele Konflikte.“
Wer hat Recht?
Johannes Burchhart ist ebenfalls wie Markus Holzschuster Ackerbauer und Gastwirt. Auch er teilt seinen Arbeitsalltag auf Instagram – als Bauernjohny. Den Diskurs der Generationen bekommt er im Gasthaus immer wieder mit: „Wir Jungen glauben zu wissen, wie man Weizen anbaut. Aber auch die Generation unserer Eltern und Großeltern diskutiert auf den Stammtischen darüber, wie man Weizen am besten anbaut. Wenn ich solchen Gesprächen lausche, wird mir immer wieder bewusst, wie wenig wir eigentlich wissen und wie viel wir voneinander lernen können.“ Dennoch ist er überzeugt, dass der Ideen- und Erfindergeist der jungen Generation Potenzial birgt. Das bestätigt Andreas Bernhard: „Mein Vater hat als Landwirt einen super Job gemacht. Er hat erfolgreich Milch produziert und es so geschafft, mir den Hof schuldenfrei zu übergeben. Ich wollte aber mehr: und zwar eine schöne Kuh. Also habe ich mit gezielten Anpaarungen angefangen und habe teilweise Elitetiere gekauft. Mein Vater hat diese Entscheidung nie verurteilt oder für blöd befunden. Heute sind wir ein erfolgreicher Fleckviehzuchtbetrieb, der bereits zwei Zuchtstiere an Besamungsstationen verkauft hat.“
Drei Fragen an Verena Lauber, Teilnehmerin der Podiumsdiskussion
LANDWIRT: Sie waren im Publikum bei der Podiumsdiskussion. Welches Kriterium halten Sie für ausschlaggebend, damit junge Menschen den elterlichen Hof übernehmen möchten?
Verena LAUBER: Diese Frage ist schwierig zu beantworten. Es gibt einerseits Höfe, die tiptop dastehen und beste Voraussetzungen für eine Hofübernahme bieten. Trotzdem möchte keines der Kinder den Hof weiterführen. Andererseits gibt es Höfe, wo eine Weiterführung der Landwirtschaft als „spannend“ bezeichnet werden könnte und doch gibt es jemanden, der sich in das Abenteuer Landwirtschaft stürzt. Generell würde ich sagen, dass junge Menschen, deren Eltern auch die positiven Seiten des Berufs Bäuerin oder Bauer sehen, eher motiviert sind, den elterlichen Hof zu übernehmen, aber es gibt genügend Spätberufene. Meiner Meinung nach ist das wichtigste Kriterium, ob ein generelles Interesse da ist! Wenn junge Menschen sich bewusst für die Landwirtschaft entscheiden, nicht dazu genötigt werden und die Hofübernehmer Gestaltungsspielraum für ihr Art, Landwirtschaft zu betreiben, haben, ist das die beste Voraussetzung für erfolgreiches Unternehmertum!
Was ist Ihr Fazit aus dem Junglandwirte-Talk?
Der Junglandwirte-Talk hat gezeigt: Es gibt sie noch! Die jungen Menschen, die mit Elan anpacken, die für die Landwirtschaft brennen, die ihre eigenen Vorstellungen einbringen und dabei von ihren Eltern oft sehr gut unterstützt und nicht ausgebremst werden. Momentan liegt der Fokus bei vielen Berufskollegen darauf, was alles schwierig ist – umso bereichernder fand ich diese Veranstaltung.
Welche Maßnahmen sollte die Politik ergreifen, um landwirtschaftlich begeisterte Menschen – auch bei außerfamiliären Übernahmen – bei der Hofübernahme zu unterstützen?
Die Politik versucht seit Jahren über Förderanreize das Höfesterben einzudämmen – über den Erfolg lässt sich streiten. Es wird auf alle Fälle mitentscheidend sein, ob eine Hofübernahme steuerlich überhaupt leistbar bleibt! Außerfamiliäre Hofübernahmen stellen eine Sondersituation dar, die nicht nur steuerlich gesehen schwierig zu behandeln ist, sondern auch zwischenmenschlich. Hier braucht es viel Fingerspitzengefühl!
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