„Es ist der 17. September, 10.00 Uhr vormittags in Calgary, der Hauptstadt der Provinz Alberta in Kanada, und draußen liegt Schnee. Ein eisiger Wind weht das leichte, flockige Weiß über die breite vierspurige Straße. Ich sitze im Day’s Inn-Hotel in Calgary-Süd und warte auf die Ankunft meines kanadischen Partners zur Abfahrt nach Pincher Creek, einem kleinen Ort in Alberta.
In Oberrettenbach 33, meinem Geburtsort in der Oststeiermark, dagegen reifen zu dieser Zeit die Äpfel, und der Wein der Gegend bekommt seine letzte Süße. Der frühe Herbstschnee hat in Oberrettenbach keine Fans. In Oberrettenbach bringen die Adriatiefs im Sommer den Regen und im Winter den Schnee. Das weiß ich und darauf ist Verlass. Nicht immer, aber meist. Wenn es in Oberrettenbach schneite, war es Winter und nicht Herbst. Gemächlich kräuselte sich an solchen Tagen der Rauch aus den Rauchfängen der vereinzelt stehenden Häuser und signalisierte den Nachbarn: „Auch wenn ihr niemanden von uns draußen seht, ihr seid nicht allein, wir sind alle da. Wir haben es uns nur in unseren warmen Stuben gemütlich gemacht.“
Noch heute sehe ich, wie sich die weißen verschneiten Dächer vom dunklen, schneeschweren Winterhimmel abgrenzten, während alles Land ringsum in unendlicher Stille versank. Dieses Gefühl der Geborgenheit und Teil eines gemeinsamen Ganzen zu sein, war schön und intensiv und hätte mich süchtig machen können.
Jedes Jahr, wenn es Winter wird und der Schnee leise vom Himmel fällt, denke ich zurück an diese Ruhe mit ihrer gelassenen Vertrautheit. In Pincher Creek ist das anders. Der Schnee hat hier keine Bedeutung und er kann nichts aufhalten oder verlangsamen. Er ist einfach da und morgen wird ihn der Wind wieder verblasen haben.
Pincher Creek liegt mindestens so abgelegen wie Oberrettenbach. Es ist ein weiter Weg von Calgary über grandiose Prärielandschaften mit Weizenfeldern soweit das Auge reicht.
Ein interessantes Weihnachtsgeschenk!
Hans Meister
OBERRETTENBACH 33
Expedition Land
ISBN 978-3-7020-1716-3
140 Seiten, Hardcover Preis: 19,90
Mit jedem Kilometer Highway zoomen sich die Rocky Mountains näher. Das Panorama mit den weiß leuchten-den Gipfeln in der Ferne erinnert mich an die Berge im Norden von „Oberrettenbach 33“, vom Schöckel bis zum Kulm nach dem ersten Schneefall im Frühwinter. Nur nicht so lieblich, sondern wie alles in diesem weiten Land Kanada bizarrer und mächtiger. Eine Blockade des Horizontes aus Fels und Stein.
Es beginnt feinflockig zu schneien. Die Farm von Mister Kensey liegt einsam in der weiten Ebene. Als ich aus dem Auto aussteige, springt mir die eisige Kälte ins Gesicht. Der Wind fegt kalt und beißend über die Felder und verjagt den flauschigen Schnee. Die Kühe stehen mit dem Rücken zum Wind, der ihnen die Rückenhaare zerzaust und aufstellt. Die Flügel der Windräder im Windpark surren und man ahnt, dass das heute ein guter Tag für die Energieerzeugung ist.
Mister Kensey erklärt seine Einkommenskombination aus Weizen, Milch und Windenergie. Wir stehen windgebeutelt in freier Prärie und halten unsere Hüte am Kopf. No, denke ich, hier könnte ich nicht bleiben, dieser eisige Wind würde mich umbringen. Er würde mich ausdörren, mich regelrecht ausblasen und von innen nach außen erfrieren lassen. Den Kanadiern scheint der eisige Wind nichts anzuhaben; sie verhalten sich gerade so, als hätten sie ein Abkommen mit ihm. Motto: Halte uns die verdammten Europäer vom Leib.“
Das ist ein kleiner Ausschnitt aus meinem neuen Buch „Oberrettenbach 33“, in dem ich von meinem Bauernund Journalistenleben erzähle. Wenn Sie Lust haben, mehr zu erfahren schauen Sie auf Seite 86.
Frohe Weihnachten!
Sie wollen uns Ihre Meinung zum Thema sagen? Schreiben Sie uns:
hans.meister@landwirt-media.com, Tel.: 0043 316/821636-167, Fax: DW 151
Kommentare