Bauernsprecher Hans MeisterKann sich mein Betrieb halten?

Kann sich mein Betrieb halten?

Diese Frage stellen sich viele Landwirte. Österreich hat in den vergangenen zehn Jahren 17.400 landwirtschaftliche Betriebe verloren. Pro Jahr fast 2.000 Höfe. Das sind Familien, Gehöfte, Familiengeschichten, aufgegebene Heimat und Schicksale. Damit verbunden sind 730.000 Hektar Land, das verkauft, verpachtet, ungenutzt oder als Spekulationsmasse in der Landschaft steht. Eine enorme Verschwendung von Ressourcen, menschlichen Talenten und Möglichkeiten.

Der Trend in der Landwirtschaft ist seit Jahrzehnten der Gleiche: Die Anzahl der Familienbetriebe nimmt ab, die landwirtschaftliche Fläche geht zurück, ebenso die Anzahl der gehaltenen Rinder und Schweine. Die verbleibenden Betriebe werden größer. Der Anteil der Landwirtschaft an der Wertschöpfung bei Nahrungsmitteln bei 100 dafür ausgegebenen Euro beträgt gerade noch 3,67 Euro.

Trotz dieser stillen Ausdünnung gibt es keine Vision für die Zukunft der Landwirtschaft, um mehr Höfen ein Überleben zu ermöglichen. Weiter wie bisher, heißt es seit Jahrzehnten in der österreichischen und europäischen Agrarpolitik. Auch die neue Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) bis 2027 spiegelt das deutlich wider.

In den vergangenen Monaten sind der Grüne Bericht über die Lage der Landwirtschaft in Österreich, die Agrarstrukturerhebung der Statistik Austria und eine WIFO (Wirtschaftforschung)-Studie „Anteil der Landwirtschaft an der Wertschöpfung in der Lebensmittelkette“ veröffentlicht worden. Alle drei Papiere zeigen ein Bild davon, wie sehr die Landwirtschaft unter Druck steht, einerseits von den Zuliefermärkten für Dünger, Futter, Pflanzenschutz, andererseits auf der Abnehmerseite durch globale Konkurrenz und die Handelsketten. Die drei Studien führen klar vor Augen, dass dies Auswirkungen auf die landwirtschaftlichen Betriebe, auf die Agrarstruktur und auf die langfristige, autonome Lebensmittelversorgung des Landes hat.

Ich weiß nicht, warum es der nationalen und europäischen Landwirtschaft und ihren Institutionen so schwer fällt, ein Bild, wie und wohin sich die Landwirtschaft entwickeln soll, zu entwerfen. Möglicherweise liegt es daran, dass man zu wenig Vorstellung von zukünftigen Entwicklungen allgemein hat oder meint, es sei ja auch bis jetzt ganz gut gelaufen. Gar nicht so wenige meinen vielleicht, dass mit den Forderungen nach mehr Tierwohl und Bio eine grobe Skizze der zukünftigen Entwicklung ohnedies vorgegeben sei.

Aber die Herausforderungen für die Landwirtschaft sind enorm. Nur vier Bereiche will ich dazu nennen: sichere Lebensmittelversorgung auch in Krisenzeiten, überlebensfähige Erzeugerpreise, Handhabung der Klimaveränderung, Bereitstellung erneuerbarer Energien.

Um das zu meistern, werden wir jeden einzelnen Hof, jeden Hektar Boden, jeden Bergbauern- und auch jeden Kleinbauernhof brauchen. Zudem bedarf es einer schlagkräftigen Forschung, neuer Ideen und zupackender Praktiker. Die Überfluss-Wirtschaft neigt sich ihrem Ende zu. Wir können es uns schlicht nicht länger leisten, permanent tausende Höfe, ihr Wissen und Können und ihre regionale Expertise zu verlieren. Aber genau das wird weiter passieren, wenn es keine positiven Zukunftsaussichten und keine vertrauenserweckende Planungssicherheit gibt.

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