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Keine Werkverträge mehr bei Tönnies und Westfleisch

Quelle: industryview/shutterstock.com

1.500 Corona-infizierte Mitarbeiter bei Tönnies in Nordrhein-Westfalen, die ganze Region steht still. Bilder von beengten Unterkünften und vollen Kantinen gehen durch die Medien. Die Diskussion um die Arbeitsbedingungen in den Schlachthöfen brandet wieder auf. Wesentlicher Kritikpunkt: Werkverträge, durch die sich Unternehmen aus der Verantwortung stehlen. Damit soll nun Schluss sein.

Was sind Werkverträge?

Unternehmen schließen einen Vertrag mit einem Subunternehmer über eine konkrete Arbeitsleistung ab. Zum Beispiel:  Schlachthofbesitzer Herr Maier beauftragt Subunternehmer Herr Bauer damit, jeden Tag 100 Schweine zu schlachten. An den anderen Subunternehmer Herrn Schmid vergibt Herr Maier den Auftrag, die Schweine zu zerlegen. Herr Bauer und Herr Schmid müssen ihre Aufträge selbstständig organisieren und durchführen. Sie tragen die Verantwortung dafür, dass sie die gesetzlichen Arbeitsbedingungen einhalten. Herr Maier bezahlt nur für die Schlachtung  und Zerlegung der 100 Schweine. Unter welchen Bedingungen das erfolgt, kann ihm grundsätzlich egal sein.

Bei Fleischbetrieben gibt es eine besondere Form von Werkverträgen, die sogenannte On-Site-Werkverträge. Dabei führen Subunternehmer die Aufträge auf dem Gelände des Auftragsgebers aus. Im Beispiel heißt das: Die Arbeiter von Herrn Müller und Herrn Schmid schlachten und zerlegen im Schachthof von Herrn Maier. Kritiker bemängeln, dass es sich hierbei eigentlich um eine Form der Leiharbeit handelt. Und bei Leiharbeitern trägt der Schlachthof die Verantwortung dafür, dass die Mitarbeiter rechtlich einwandfrei behandelt werden.

Der münsteraner Fleischproduzent Westfleisch will auf Subunternehmer, die Werkverträge anbieten, künftig verzichten. Bis Jahresende will das Unternehmen alle  5.800 Mitarbeiter direkt anstellen. Vorstandsmitglied Johannes Steinhoff erklärt: „Das gilt unabhängig davon, was der Gesetzgeber in den kommenden Monaten in dieser Hinsicht beschließen wird“. Nach eigenen Angaben, hat das Unternehmen in den letzten Jahren mehr als 2.000 externe Werkvertragsarbeiter ins Unternehmen integriert. Steinhoff dazu: „In den vergangenen Wochen mussten wir jedoch erfahren, dass es nicht reicht, mehr zu machen als viele andere. Die Messlatte liegt – zu Recht – höher.” Gerade als Genossenschaft – Westfleisch hat 4.000 Landwirte als Mitglieder – bräuchte es ein anderes Grundverständis.

Digitale Zeiterfassung und besser Unterkünfte

Westfleisch will zudem die Arbeitszeiten flächendeckend digital erfassen. Das System gibt es bereits für eigene Mitarbeiter.  Es soll in Zukunft auch für die Werkvertragsarbeiter gelten, die Westfleisch nach und nach direkt anstellen will. Die Wohnsituation der Arbeiter soll ebenfalls verbessert werden. Die unternehmenseigene Dienstleistungsgesellschaft WE-Service ist dafür verantwortlich, dass der Unterkunftsstandard überall oberhalb der gesetzlichen Regeln liegt. Westfleisch betont, dass es für angestellte Mitarbeiter  bereits Tarifverträge, eine Arbeitnehmermitbestimmung und Betriebsräte gibt.

Auch Tönnies will Werkverträge in allen Kernbereichen der Fleischgewinnung abschaffen. Die Mitarbeiter will das Unternhemen zukünftig direkt beschäftigen. Tönnies will zügig ausreichend angemessenen Wohnraum für die Beschäftigten schaffen. Programme sollen helfen, dass sich die Mitarbeiter besser in die Gesellschaft an den Unternehmensstandorten integrieren können. Der Fleischhersteller will zudem die Arbeitszeit an allen deutschen Standorten flächendeckend digital erfassen. Die neuen Regelungen sollen ab sofort nach und nach eingeführt werden und möglichst ab Januar 2021 überall gelten.

Clemens Tönnies gibt nach

Gesellschafter Clemens Tönnies sagt dazu: „Wir wollen auch in Zukunft in Deutschland Fleisch produzieren. Dafür brauchen wir die gesellschaftliche Akzeptanz.“ Bereits seit mehren Jahren gibt es einen Streit zwischen Clemens Tönnies und seinem Neffen Robert Tönnies. Der ist ebenfalls Mitgesellschafter und forderte bereits im Jahr 2013, dass es keine Werkverträge mehr geben dürfe. Clemens Tönnies lehnte das bislang strikt ab.

 

 

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