Eine Vielzahl von Biogasanlagen setzt derzeit vorwiegend Energiepflanzen ein, die in direkter Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion stehen und die Preisentwicklung von Lebensmitteln beeinflussen. In den vergangenen zehn Jahren hat sich der FAO Food Price Index, ein Nahrungsmittel-Index, der die Entwicklung der Weltmarktpreise von 55 Agrarrohstoffen und Nahrungsmitteln erfasst, mehr als verdoppelt. Die Gründe für den starken Anstieg sind vielfältig: Missernten, Spekulationen, eine steigende Nachfrage nach Getreide und Ölsaaten in asiatischen Staaten, ein Anstieg der Produktionskosten sowie eben eine Zunahme der Produktion von Biotreibstoffen auf Basis von Energiepflanzen.
Alternative Quellen für Biogasproduktion
Neben Energiepflanzen kann Biogas aber auch aus anderen Rohstoffen gewonnen werden, die in keinem Konflikt zur Lebensund Futtermittelproduktion stehen. Dazu zählen landwirtschaftliche, kommunale und industrielle Abfallprodukte, aber auch agrarische Reststoffe wie zum Beispiel Stroh. Stroh verhält sich anders im Hinblick auf Ernte, Konservierung und Vergärung. Daher ist es notwendig, die bestehenden Verfahren der Biogasproduktion anzupassen. Dies beginnt bei der Neuund Weiterentwicklung von geeigneten Ernteverfahren und Konservierungsmethoden für Stroh. Optimiert der Anlagenbetreiber den Gärprozess, verbessert er damit auch die Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit seiner Biogaserzeugung. Beim Einsatz von Stroh ist die Installation einer Vorbehandlungstechnologie erforderlich. Das ideale Verfahren baut die Biomasse im Fermenter effektiv ab und ist gleichzeitig an die vorhandene Technik (Einbringsysteme, Pumpen, Rührwerke) angepasst.
Mikroorganismen fördern
Ziel der Aufbereitung ist es, den Mikroorganismen während der Vergärung optimale Bedingungen zu bieten, um den Energieinhalt der agrarischen Reststoffe bestmöglich zu nutzen. Die Hauptprobleme des anaeroben Abbaus agrarischer Reststoffe liegen in der Vergärung verholzter Biomasse und in der optimalen Versorgung der Mikroorganismen mit Nährstoffen. Pflanzen mit einem hohen Anteil an verholzter Biomasse, wie Stroh, sind stark mit Lignin überzogen. Der Ligninanteil führt dazu, dass Teile der abbaubaren Biomasse für die Mikroorganismen nicht zugänglich sind. Eine Vorbehandlung spaltet teilweise die vorhandene Zellulose auf. Das Substrat aus Stroh lässt sich somit besser und schneller abbauen.
Vorbehandlung des Rohstoffs
Es existieren derzeit verschiedene Vorbehandlungsverfahren wie etwa chemische, enzymatisch-biologische und physikalische Verfahren. Letzteren kommt bislang die größte Praxisrelevanz zu. Zu den physikalischen Verfahren zählen unter anderem die mechanische Zerkleinerung der Energiepflanzen sowie der Einsatz von Druck und Temperatur. Je stärker ein Substrat zerkleinert wird, umso größer wird dessen Oberfläche und somit die Angriffsfläche für den mikrobiellen Abbau.
Druck, Temperatur und Wasserdampf
Ein thermisch-physikalisches Verfahren ist die so genannte „Steam Explosion“. Dabei wird Biomasse mit Wasserdampf unter hohem Druck bei Temperaturen von 140 bis 230 °C für eine bestimmte Zeit vorbehandelt. Am Ende wird der Druck schlagartig abgebaut. Das in der Biomasse enthaltene Wasser verdampft rasch und zerkleinert dadurch die Biomasse. Um optimale Biogaserträge erreichen zu können, müssen Vorbehandlungszeit und Vorbehandlungstemperatur für die verschiedenen Biomassen in Laborversuchen ermittelt werden. Entscheidend für den Erfolg der Vorbehandlung sind chemische Prozesse, die bei hoher Temperatur und hohem Druck in der Biomasse ablaufen. Genauso bedeutend sind die mechanischen Belastungen. Diese entstehen, indem sich die Biomasse plötzlich entspannt.
Abwärme nutzen
Die für die Vorbehandlung benötigte Wärmeenergie kann aus der Abwärme eines Blockheizkraftwerkes bezogen werden. Bei einem energetisch günstigen Design der Anlage kann also über die Abwärme des Blockheizkraftwerkes der Wärmebedarf gedeckt werden. Durch die Behandlung verbessern sich die technologischen Eigenschaften strohartiger Biomasse in der anschließenden Methangärung deutlich. Im Rahmen eigener Arbeiten wurde der Einfluss einer „Steam Explosion“-Vorbehandlung verschiedenster Biomassen auf Biogasund Methanerträge untersucht (Abb.).
Fazit
Ein großer Vorteil in der Nutzung von agrarischen Reststoffen ist, dass keine Konkurrenz zur Lebensund Futtermittelproduktion vorliegt. Agrarische Reststoffe können nur bedingt direkt für die Energieherstellung genutzt werden. Stroh als häufiger Reststoff muss mit effizienten und umweltfreundlichen Technologien optimal vorbehandelt werden, sodass höchste Energieausbeuten möglich sind. Zudem ist eine stufige mehrfache Nutzung der einzelnen Inhaltsstoffe der Biomasse in Bioraffinierie-Systemen erstrebenswert um höchste Effizienz sicherzustellen.
DI Susanne Frühauf, Dr. Alexander Bauer und Univ.-Prof. Dr. Andreas Gronauer forschen am Institut für Landtechnik der BOKU Wien im Arbeitsbereich Umwelttechnik und Bioraffinerie.
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