LANDWIRT: Warum sehen Sie gerade in Österreich und der Schweiz Chancen für extensiv produzierte landwirtschaftliche Produkte?
Rainer Weisshaidinger: Es gibt Entwicklungen in beiden Ländern, wie auch anderswo in Europa, die Anlass zur Besorgnis geben. Auch wenn es mittlerweile abgedroschen klingt, aber der Rückgang der Biodiversität ist immens. Der Alpenraum hat durch seine spezielle Lage eine herausragende Bedeutung für die Vielfalt in der Natur. Und die gilt es zu bewahren, ehe sie unwiederbringlich verschwindet. Die Landwirtschaft hat hier eine Schlüsselrolle inne. Auch in Bezug auf Klima und Grundwasser sind unsere Umweltziele nicht erreicht.
Was ist der Grund für den Artenrückgang?
Der mit Abstand wichtigste Faktor für die negativen Umweltwirkungen der aktuellen Landbewirtschaftung ist der Stickstoffüberschuss. Hauptverantwortlich dafür sind zu hohe Tierbestände und generell Stickstoffbilanzüberschüsse und als Konsequenz daraus Überdüngung, die über atmosphärischen Transport auch nicht-landwirtschaftliche Ökosysteme beeinträchtigt. Darüber hinaus sind Phosphor- und Pestizideinträge wichtige Faktoren.
Schon heute sind viele der Bergbauern wenig konkurrenzfähig. Weniger zu erzeugen und trotzdem ein befriedigendes Einkommen zu erzielen, soll der Weisheit letzter Schluss sein?
Unser Vorschlag ist ein Mittelweg, der die Produktivität und die Umweltwirkungen im Blick hat. Aber, wir haben keine Wirtschaftlichkeitsberechnungen vorgenommen. So, wie die Landwirtschaft jetzt praktiziert wird, ist sie das Ergebnis von politischen Rahmenbedingungen und Marktpreisen, die gestaltbar sind. Wir wollen keine Handlungsanleitungen geben, sondern einen Entwurf zur Beseitigung negativer Begleiterscheinungen der Landwirtschaft in den beiden Alpenländern ausarbeiten, der auch global von Relevanz sein könnte. Das ist ein Lösungsansatz, an dem sich Entscheidungsträger orientieren können. Es ist ein Ziel, das es mit vielen Akteuren umzusetzen gilt, sodass Betriebe rentabel wirtschaften können.
Der Königsweg zu einer ökologisch nachhaltigen Milch- und Rindfleischerzeugung führt Ihrer Meinung nach in eine kraftfutterarme Produktion?
Ja. Denn der Stickstoffüberschuss resultiert aus der ausgiebigen Kraftfutter- und Silomaisverfütterung. Außerdem werden diese Futtermittel in hohem Ausmaß importiert, vor allem in der Schweiz. Werden diese reduziert, hätten wir als Ergebnis eine artgerechtere Fütterung und weniger negative Umweltwirkungen.
Was würde sich ändern, wenn wir aufs Kraftfutter beim Rind verzichten würden?
Rinder komplett ohne Kraftfutter und Silomais zu füttern, hätte ökologisch ausgesprochen positive Folgen. Vor allem dann, wenn wir die dadurch frei werdenden Flächen zum Beispiel zu vier Fünftel für den Anbau von
pflanzlichen Lebensmitteln verwenden und ein Fünftel für den Anbau von Kleegras. Das ist aber nur eines von mehreren berechneten Szenarien, die wir zur Diskussion stellen.
Das gesamte Interview mit Rainer Weisshaidinger finden Sie in der aktuellen LANDWIRT Bio-Ausgabe 2/2019. Bestellen Sie gleich ein Probeheft: https://landwirt-media.com/bio-abo/
Buchtipp: ISBN 978-3-258-08099-4 Stolze, Weisshaidinger, Bartel, Schwank, Müller, Biedermann Chancen der Landwirtschaft in den Alpenländern Wege zu einer raufutterbasierten Milch- und Fleischproduktion in Österreich und der Schweiz 173 Seiten € 37,10 Zu beziehen bei: Bücherquelle Buchhandlungsgesellschaft m.b.H. Hofgasse 5, 8010 Graz Tel.: +43/316/821636-112 und 111 Fax: +43/316/835612 E-Mail: office@buecherquelle.at Internet: www.buecherquelle.at
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