
Die Lineare Beurteilung und Einstufung (LBE) soll in der Schweiz ab 2028 zum neuen Standard werden. Kühe und Milchschafe werden schon jetzt nach diesem System beurteilt, Fleischschafe und Ziegen dagegen noch mittels Punktierungen. Bei Schafen werden Noten von 1 bis 6 für die Merkmale Typ, Fundament und Wolle vergeben, wobei die Note 1 den Ausschluss aus dem Herdebuch bedeutet und die Note 6 bei ausgewachsenen Schafen „vorzüglich“. Bei Ziegen werden gegenwärtig fünf Positionen beurteilt, das heißt Rassenmerkmale, Typ, Fundament, Euter und Zitzen – ebenfalls mit Noten von 1 bis 6.
Schafzuchtverband setzt bereits um
Der Schweizerische Schafzuchtverband (SSZV) begann im Januar 2023 mit ersten Feldversuchen, um das heutige Punktierungssystem durch die LBE abzulösen. „Eine Abweichung von der Maximalnote 6 sagt nichts über das Optimum aus bzw. was nicht optimal ist und in welche Richtung vom Zuchtziel abgewichen wird“, erklärt SSZV-Vizepräsident Hans Pernet. Hinzu kommt, dass heute sehr viele Zuchtschafe die Voraussetzungen für drei Maximum-Noten erfüllen, weshalb sich individuelle Stärken und Schwächen derzeit nicht abbilden lassen. Die Vorbereitungen auf die Umstellung sind bereits so weit fortgeschritten, dass Schäfer schon ab Herbst 2025 ihre Schafe freiwillig beschreiben lassen können. Ab 2028 müssen alle weiblichen Zuchtschafe im Alter zwischen vier und 24 Monaten beschrieben werden, Widder bis zum Alter von 18 Monaten. Weitere Beschreibungen, maximal eine pro Kalenderjahr, sind auf freiwilliger Basis möglich. Anders als bei Kühen werden nicht nur aufgrund der ersten, sondern aufgrund jeder LBE neue Zuchtwerte berechnet. „Dadurch hilft jede Beurteilung dem Tier weiter“, so Pernet.
Kritik von Ziegenzüchtern
Die Meinungen der Ziegenzüchter sind hier deutlich gespaltener als die der Schäfer. Während manche Ziegenzüchter, vor allem in den östlichen Landesteilen der Schweiz, dem Systemwechsel positiv gegenüberstehen, kommt aus dem größten Ziegenzucht-Kanton Bern heftiger Widerstand. Dort haben Beständeschauen traditionell eine große Bedeutung. Ziegen (oder auch Schafe) werden hier auf öffentlichen Schauplätzen von Schauexperten punktiert und rangiert, weshalb Schauen auch als ein wichtiges Schaufenster für die Bevölkerung gesehen werden. Die LBE würde jedoch von eigens dafür ausgebildeten Einstufern direkt auf dem Betrieb erfolgen. Davor warnt John Meyer: „Wir dürfen mit unseren Tieren nicht auf Hinterhöfe verschwinden, wo uns niemand mehr wahrnimmt!“ Meyer ist Ziegenzüchter in Grindelwald im Berner Oberland und Mitglied im Vorstand des Bernischen und des Schweizerischen Ziegenzuchtverbands (BZZV und SZZV). Er ist sich bewusst, dass aufgrund des enormen Drucks vom Schweizer Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) kein Weg daran vorbeiführt, auch Ziegen auf LBE umzustellen. Das aktuelle Punktierungssystem wird spätestens ab 2029 nicht mehr mit Bundesbeiträgen unterstützt. Das BLW hält das Punktieren für nicht mehr zeitgemäß und nicht dem Stand der Technik und der Wissenschaft entsprechend, weil aufgrund von Punktierungen keine Zuchtwerte berechnet werden können. Das sei jedoch Voraussetzung für moderne Tierzucht. Doch Meyer argumentiert: „Seit den 1970er-Jahren werden monatlich Milchmengen und Gehalte gemessen und darauf basierend Zuchtwerte berechnet. Trotzdem sind Milchmengen und Gehalte kaum höher als damals.“ Beim Exterieur, also den Merkmalen, die durch Punktierungen erhoben wurden, seien im selben Zeitraum jedoch gewaltige Zuchtfortschritte erzielt worden. „Das Punktieren auf Schauplätzen kann demnach nicht so schlecht sein, wie es vom BLW heute dargestellt wird.“
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