LANDWIRT 2023 Nr. 22

11 22-2023 LANDWIRT Aktuell Worüber Landwirte sich ärgern ... Gentechnik bei Bio soll erlaubt werden Bauernpensionen Erhöhung um 9,7 Prozent Gute Nachrichten für die rund 157.000 bäuerlichen Pensionistinnen und Pensionisten sowie die rund 35.000 bäuerlichen P egegeld- und die 27.000 Ausgleichszulagenbezieher: Im Zuge seiner Plenarsitzung im Oktober hat der Nationalrat die Erhöhung der Pensionen, der Ausgleichszulage und des P egegeldes debattiert und be- schlossen. Für 2024 gibt es für alle Pen- sionen in der gesetzlichen Pensionsver- sicherung entsprechend dem gesetzli- chen Anpassungsfaktor ein Plus von 9,7 %. Ausgenommen davon sind Pen- sionen ab 5.850 Euro – diese erhalten einen Pauschalbetrag von 567,45 Euro. Insgesamt steigen die Bauernpensionen um 202 Mio. Euro, die Anpassung der Ausgleichszulage schlägt mit 20 Mio. Euro zu Buche. Die Erhöhung des P e- gegeldes für nächstes Jahr macht rund 22 Mio. Euro aus. Photovoltaik Umsatzsteuer wird auf Zeit erlassen Zu Jahresbeginn ist in Deutschland für den Kauf und die Errichtung privater Photovoltaikanlagen und Solarstrom- speicher die Umsatzsteuer (USt.) gefal- len. Österreich, das wirtscha lich nun ebenfalls unter einer Rezession leidet, zieht nach. So sollen hierzulande Pho- tovoltaikanlagen bis zu einer Leistung von 35 KWp ab Anfang 2024 für zwei Jahre von der USt. ausgenommen wer- den. Dies ist Teil des von der Bundes- regierung jüngst präsentierten Kon- junkturpakets, das 3 Mrd. Euro für er- neuerbare Energien und Sanierungs- maßnahmen vorsieht. Zudem werden weitere 3 Mrd. Euro als Energiekosten- zuschuss für die Wirtscha zur Verfü- gung gestellt. Damit soll speziell am Land die Energiewende beschleunigt und die Wirtscha gestärkt werden. den Weg zu bringen. Allerdings soll die Kennzeichnung derartiger Eingri e de facto fallen. So sollen die maßgeblichen Infos über manipuliertes Saatgut nur mehr in eine Datenbank ießen, denn eine genaue Kennzeichnung genomedi- tierter Sorten wäre „diskriminierend“. Die Bioszene schäumt und lehnt diesen Gentechnik-Anschlag entschieden ab. So fordert neben der Internationalen Vereinigung ökologischer Landbaube- wegungen (IFOAM) auch der heimische Dachverband Bio Austria, das Gentech- nikverbot bei Bio keinesfalls aufzuwei- chen. Das Vorsorgeprinzip und das Recht auf Wahlfreiheit für Bauern wie Konsumenten wäre ansonsten dahin. Schon länger steht die rechtliche Regu- lierung der neuen Züchtungstechniken am Programm von EU-Kommission und EU-Parlament. Dabei geht es um die neue Gentechnik, bei der mittels Schere im Labor in die P anzen-DNA einge- gri en wird. Nach den Vorschlägen der EU-Kommission soll der Großteil sol- cherart behandelter P anzen nicht mehr extra auf Risiken geprü werden. Der aktuelle Diskussionsvorschlag im EU- Parlament geht aber noch weiter: Dem- nach sollen genomeditierte P anzensor- ten kün ig auch im Biolandbau einge- setzt werden dürfen. Zwar will man die Rolle der Mitgliedstaaten stärken, um schnellere Genehmigungsverfahren auf LANDWIRT Wissen Josef Riegler zog in seiner kurzen Amtszeit als Landwirtschaftsminister die Konsequenzen und präsentierte nicht ohne Widerstand der Landwirtschaftskammern im Mai 1988 das Programm der Ökosozialen Agrarpolitik. Der bäuerliche Familienbetrieb diente als Leitbild, das dem Schutz der Lebensgrundlagen Boden, Luft und Wasser Vorrang einräumte. Die Pro- duktion von Nahrungsmitteln und nachwach- senden Rohstoffen soll auf der Grundlage ökologischer Kriterien mit weniger Betriebs- mitteleinsatz, vielfältigeren Fruchtfolgen sowie mehr Tierwohl erfolgen. Angestrebt wurden die Balance zwischen ökonomischen Rahmen- bedingungen, ökologischen Erfordernissen und gesellschaftlicher Akzeptanz sowie die Stärkung des ländlichen Raumes mit speziellen Förderungen für die Bergbauernregionen. Als Visionär für eine bessere Welt entwickelte Riegler mit prominenten Wissenschaftlern, darunter der deutsche Zukunftsforscher Franz Josef Radermacher und der Schweizer Agrarökonom Hans Popp, das Ökosoziale Manifest zum „Global Marshallplan“ mit einer internationalen Finanztransaktionssteuer weiter und hat auch wesentlich die Wende in der europäischen Agrarpolitik bis zum Green Deal befeuert. Mit der Intensivierung der Klima- und Umweltpolitik in Österreich erfuhr Riegler mit dem ökosozialen Steuerkonzept der aktuellen schwarz-grünen Regierung eine späte politische Genugtuung. Am 1. November 2023 vollendete Josef Riegler, erster Umweltlandesrat der Steier- mark, Bundesminister für Land- und Forst- wirtschaft (1987–1989), ÖVP-Parteichef sowie Vizekanzler (1989–1991) in der SPÖ-ÖVP-Koalition unter Bundeskanzler Franz Vranitzky, das 85. Lebensjahr. Anlass, an die grundlegende Wende in der Agrarpolitik Österreichs zu erinnern und das nach wie vor bestehende Spannungsfeld zwischen Ökologie und Ökonomie zu beleuchten. Zu Beginn der 1970er-Jahre wurden die Fehlentwicklungen in der Landwirtschaft (Überproduktion, Konzentrationstendenzen in der tierischen Erzeugung und einseitige Fruchtfolgen, Bodenschäden) immer deut- licher. Die Agrarökonomen sprachen von „subventionierter Unvernunft“ und kritisierten die 1962 in der damaligen EWG vereinbarte Gemeinsame Agrarpolitik mit dem Konzept „Wachsen oder Weichen“. Josef Riegler – Visionär für eine bessere Welt Von Prof. Dr. Gerhard POSCHACHER, Publizist und Politikberater

RkJQdWJsaXNoZXIy MjE2Njk=