LANDWIRT 2023 Nr. 22 - Deutschland Extra

Rind 34 22-2023 Quelle: Stefanska et al., 2021 zur Messung des Gesamtproteingehalts sowohl des Kolostrums als auch im Blutserum. Sie messen den Brechungs- index (in %) des Lichtes beim Durch- tritt durch Flüssigkeiten. Für gute Biestmilch sollte dieser Wert deutlich über 22 % Brix liegen. Beim Blutserum als Hinweis des Übertrittes der Anti- körper und anderer Proteine aus der Biestmilch (sogenannte Failure of pas- sive Transfer) sollte ein Wert von min- destens 7 %, besser aber deutlich über 8 % angestrebt werden. Krankheitstherapie Bislang beschäftigten sich nur wenige Studien mit der therapeutischen An- wendung bei Kälberdurchfällen. Eine aktuelle kanadische Studie hat nun die Hälfte der täglichen Dosis Milchaus- tauscher bei einsetzendem Durchfall durch Kolostrumersatzpulver ersetzt. Entweder über vier oder acht aufeinan- der folgende Mahlzeiten. Das Ergebnis: Die Kälber, die vier Tage lang zusätz- lich Kolostrumpulver in die Tränke eingerührt bekamen, erkrankten weni- ger schlimm und deutlich kürzer an Durchfall. Während bei der Kontroll- gruppe (ohne Kolostrumbeimischung) der Durchfall im Schnitt gut fünf Tage dauerte, war er bei der 2-Tage-Verabrei- chungsgruppe um einen Tag verkürzt, bei der 4-Tage-Behandlungsgruppe so- gar um 2,5 Tage – somit war er um die Hälfte verringert. Dieselbe Arbeitsgruppe hat einen wei- teren Kolostrumzusatzversuch durch- geführt. Zwei Gruppen (jeweils 14 Käl- ber) wurden mit Milchaustauscher gefüttert, eine davon bekam 140 g Ko- lostrumersatz zusätzlich noch täglich verabreicht, ehe sie am 56. Tag abge- setzt wurden. Am Ende der ersten Lak- tation betrug die Abgangsrate der Kon- trollgruppe rund 30 %. Bei den zusätzlich mit Kolostrum versorgten Kälbern musste kein einziges Tier den Bestand verlassen. Kolostrum hat also damit eine sehr weitreichende Bedeu- tung zur Immunitätssteigerung und Robustheit und kann deutlich mehr, als nur Antikörper übertragen. Kolostrum wird in seiner vielfältigen Bedeutung immer mehr geschätzt, – nicht nur in der Rinderhaltung, son- dern auch in der humanen Ernährung steigt die Nachfrage deutlich an. Gleichzeitig geben unsere Kühe mit steigenden Leistungen immer weniger gute Biestmilch. Deshalb steigt zudem auch die Nachfrage nach Kolostrumer- satzpulvern weiter an. Aktuelle Studien zeigen zudem, dass Kolostrum weit mehr kann, als den reinen Übergang von Antikörpern nach der Kalbung zu realisieren. Transitmilch-Effekt nutzen Eine kanadische Studie hat unter- sucht, wie sich eine unterschiedliche Fütterung verschiedener Milcharten auf die Darmschleimhaut und be- stimmte Hormone auswirkt. Sie fütterten an neugeborene Kälber in den ersten beiden Stunden gutes Ko- lostrum (62 g IgG Antikörper/l) und anschließend alle zwölf Stunden bis zum dritten Tag (72 h) entweder nur Vollmilch, eine 1:1-Mischung aus Milch und Kolostrum, oder aber nur Kolostrum. Die Menge entsprach jeweils 7,5 % des Körpergewichtes. Auf diese Art er- reichten zwar alle drei Behandlungen einen zufriedenstellenden Übergang der IgG Antikörper ins Blut; jedoch war bei einer dreitägigen reinen Kolos- trumfütterung der Antikörpergehalt mit 30,4 g um 25 % höher als bei der Vollmilchfütterung (23,9 g) und im- mer noch 10 % höher als bei der 50/50-Variante (27,2 g). Spezielle Wachstumshormone für den Aufbau der Darmschleimhaut waren in gleichem Umfang erhöht. Mehr Milch durch besseren Immuntransfer (Einfluss des Gesamtproteingehaltes im Blutserum auf die Milchleistung in der ersten Laktation). 6000 7000 8000 9000 10000 11000 12000 >60 g/L 55-60 g/L <55 g/L ECM Gesamteiweißgehalt im Blutserum Milch (kg) Milchmenge 9470 9162 9470 11028 10311 9162 Info Zu den Zahlen aus der Grafik links: Die Kühe gaben im Versuch in der ersten Laktation um 1.149 kg ECM Milch mehr, wenn der Gesamteiweißgehalt im Blutserum beim Kalb in den ersten beiden Lebenstagen über 60 g/l lag.

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