LANDWIRT 2023 Nr. 22 - Deutschland Extra

40 22-2023 Schwein Einer deiner Posts erreichte weit über 9.000 Personen. Welches Thema war das? Welche Themen interessieren deine Follower generell besonders? Das größte Interesse nahm ich bisher bei der Beitragsserie über einen Schlachthof wahr. Ich selbst hätte nie gedacht, dass es so viele Leute span- nend finden, den Schlachtprozess doch relativ detailliert beschrieben und mit authentischen Bildern auf Insta- gram zu sehen. Generell habe ich das Gefühl: Je tabuisierter ein Thema von der Gesellschaft wird, desto größer ist das Interesse, darüber mehr zu erfah- ren. So kommen auch Themen wie bei- spielsweise das Kastrieren der männli- chen Ferkel oder Schweinekrankheiten, Kranken- beziehungsweise Genesungs- bucht und Nottöten äußerst gut an. Ansonsten werden etwa innovative Ideen oder Praxisberichte von Ställen, die den zukünftigen Anforderungen entsprechen, etwa die Themen Bewe- gungsbucht und freie Abferkelung, ge- rade innerhalb der Schweinebranche gut und gerne angenommen. Dank meinen Beiträgen sieht man in viele andere Ställe hinein und kann seinen Horizont erweitern. Melden sich denn Bauern aktiv bei dir, um dich zu einem Stallbesuch einzuladen? Bei den meisten Betriebsbesuchen frage ich aktiv auf Instagram Leute aus der Schweinebranche an, ob ich für eine Besichtigung vorbeikommen darf. Es ist ein trauriges, aber offenes Geheim- nis, dass von zehn Anfragen ganze neun abgelehnt werden. Inzwischen habe ich das Glück, dass ich bei rund 180, teilweise auch namhaften Betrie- ben und Unternehmen im ganzen deutschsprachigen Raum, Gast sein durfte; rund 120 Betriebe in Deutsch- land, 46 in der Schweiz, zehn in Öster- reich und vier in den Niederlanden. Schweinehalter haben Angst vor Tier- schützern, die in der Nacht einbrechen und sie in den Medien schlechtmachen. Spürst auch du diese Skepsis? Wenn ich Betriebe anfrage, gibt es grundsätzlich zwei Reaktionen. Etwa je- der zehnte Betriebsführer sagt: „Du kannst uns gerne besuchen, wir haben ja nichts zu verbergen. Kommst du heute oder morgen?” In der Regel erhalte ich aber Absagen oder gar keine Antwort. Gerne schieben Betriebe das Biosicherheitsargument vor, um interes- sierte Leute draußen zu lassen. Ich sage immer: Öffentlichkeitsarbeit wird gemacht. Und wenn man sie nicht selbst macht, darf man sich nicht wundern, wenn dabei Schlechtes rauskommt. Je mehr man sich versteckt, desto mehr Halbwahrheiten oder Gerüchte machen die Runde. Insofern glaube ich, dass das Öffnen der Stalltüren der einzig richtige Weg ist. Ist die Realität den Verbrauchern denn zumutbar? Die Realität darf, soll und muss meiner Meinung nach den Verbrauchern zuge- mutet werden – wenn sie sachlich und neutral erklärt wird. Und das können die Schweinehalter selbst nun mal am besten. Glücklicherweise gibt es zahl- reiche Betriebe, die nichts zu verbergen haben. Das geht ja eigentlich auch nicht, weil es so viele Kontrollen gibt. Die große Mehrheit produziert Schwei- nefleisch zu den hohen gesetzlichen Mindeststandards oder übertrifft diese sogar. Vermutlich erhältst du nicht nur positive Rückmeldungen zu deinen Beiträgen. Auf welche Themen kommen die meisten negativen Reaktionen? Generell ist Instagram im Vergleich zu Facebook im Schweinebereich eine sehr ruhige Plattform, es gibt relativ wenig negative Reaktionen. Wenn es kritische Reaktionen auf Beiträge gibt, dann oft- mals zum Ferkelschutzkorb. Wenn man aber erklärt, dass dieser ja die Fer- kel und Menschen schützt, ist relativ schnell schon viel getan. Zudem wird der Ferkelschutzkorb in den nächsten Jahren ja sowieso durch Bewegungs- buchten abgelöst. Ansonsten ist meine Reaktion bei kritischen oder negativen Kommentaren: Erklären und informie- ren. Denn auf den Betrieben werden ja nur Dinge gemacht, die gesetzlich er- laubt sind und die sich teilweise über Jahrzehnte auch bewährt haben. Wie viel Zeit wendest du pro Woche für deinen Instagram-Kanal auf? Die Bildschirm-Zeit auf Instagram be- trägt schnell mal zwei bis drei Stunden pro Tag, unter anderem fürs Hochla- den der Beiträge, Pflegen der Kontakte, Durchschauen des Feeds, das Beant- worten von Kommentaren und Nach- richten. Dann kommt noch das ganze Drumherum: Anfragen für Betriebsbe- suche, Terminkoordination, Reisepla- nung, Berichte schreiben und Fotos aussortieren, Korrekturen, meine Homepage aktuell halten und vieles mehr. In absoluten Stunden kann ich es nicht sagen, aber mittlerweile geht Mit Quizfragen und Abstimmungstools wird Fachliches unterhaltsam vermittelt. » Je mehr man sich versteckt, desto mehr Halbwahrheiten oder Gerüchte machen die Runde. stadtkind.im.schweinestall

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