AgrarpolitikStudie attestiert Green Deal vernichtendes Ergebnis

Studie attestiert Green Deal vernichtendes Ergebnis

Green Deal-Studie Farm to fork Uni Kiel Henning
Mit der Produktion werden auch CO2-Emissionen bloß ins EU-Ausland verlagert: Das sind laut Studie die Auswirkungen des geplanten Green Deal.
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Wissenschaftler an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel haben in einer Studie im Auftrag mehrerer Agrarverbände die ökonomischen und ökologischen Auswirkungen des Green Deals, also der von der EU-Kommission vorgeschlagenen “Farm to Fork”-Strategie (F2F), auf die Agrarwirtschaft untersucht. Sie kommen zu einem vernichtenden Ergebnis. Einer deutlichen Produktionssenkung und starken Preissteigerungen stehe eine sehr geringe Klimawirksamkeit gegenüber. Zu einem ähnlichen Ergebnis war zuletzt auch das österreichische Landwirtschaftsministerium gekommen, das u.a. eine Folgenabschätzung der EU-Kommissionen analysiert hatte.

Green Deal-Studie: Emissionen verlagert, aber nicht verringert

“Die Maßnahmenvorschläge führen bei vollständiger Umsetzung zu einem erheblichen Rückgang der landwirtschaftlichen Produktion in der EU”, sagt Studienleiter Christian Henning. Bei Getreide, Ölsaaten und Rindfleisch betrage die Reduktion jeweils rund 20 %. Damit gingen freilich auch Preissteigerungen für Agrarprodukte in der EU einher. Das betreffe etwa Rindfleisch mit fast 60 %, Schweinefleisch mit 50 % sowie mit über 30 % auch Rohmilch. Obst und Gemüse, Ölsaaten und Getreide hingegen sollen bis zu 20 % teurer werden.

Das Maßnahmenpaket, so Henning weiter, steigere zwar die Ökosystemleistungen in der EU, erziele jedoch den angestrebten positiven Effekt auf das Klima weltweit noch nicht. “Die prognostizierten Treibhausgas (THG)-Einsparungen durch eine Verringerung der EU-Agrarproduktion werden durch eine Erhöhung der Emissionen der Landwirtschaft außerhalb der EU sowie durch Landnutzungswandel in der EU vollständig zunichte gemacht”, gibt Henning zu bedenken. Die EU würde vom Nettoexporteur von Getreide und Rindfleisch zum Nettoimporteur mutieren und damit ihre Eigenversorgungs-Hoheit schwächen.

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Konsumenten-Wohlfahrtsverlust von 70 Mrd. Euro erwartet

“Die Umsetzung der F2F-Strategie führt zu entsprechenden gesamtgesellschaftlichen Anpassungskosten”, heißt es weiters in der Studie. Demnach werden sich diese auf rund 42 Mrd. Euro belaufen. Aufgrund der starken Preiseffekte, die voraussichtlich zentral auf der Verbraucherseite anfallen werden, ergebe sich unterm Strich ein Konsumenten-Wohlfahrtsverlust von 70 Mrd. Euro. Das wären im Durchschnitt 157 Euro pro Kopf. Allein in Deutschland fielen Kosten von 13,4 Mrd. Euro auf der Verbraucherseite an.

“Grundsätzlich birgt die ‘Farm to Fork’-Strategie Potenzial für Landwirte und Gesellschaft. Allerdings ist hierfür eine innovative agrarpolitische Umsetzung erforderlich. Die derzeit geplanten pauschalen F2F-Vorgaben sind hier nur bedingt effizient. Angestrebte positive Effekte von einzelnen Maßnahmen bei Ökosystemleistungen werden durch negative Auswirkungen konterkariert”, resümiert Henning.

Augenmaß und Kompromisse

Die Reaktionen von Agrarverbänden auf die neue Studie fallen freilich kritisch aus: “Wir teilen die Ziele der EU-Kommission zum Arten-, Gewässer- und Klimaschutz. Ebenso wichtig ist aber die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln. Aus Branchensicht ist es derzeit kaum vorstellbar, dass die Nahrungsmittelproduktion der EU schnell durch andere Länder ersetzt werden kann”, stellt Ludwig Striewe vom deutschen Bundesverband Agrarhandel fest. Deshalb seien nun Augenmaß und Kompromisse gefragt. Dies sei Voraussetzung, um die Selbstversorgung bei Lebensmitteln mit Arten-, Gewässer- und Klimaschutz in Einklang zu bringen.

“Die Studie schürt unsere Zweifel an den in der ‘Farm to Fork’-Strategie formulierten Einzelmaßnahmen. Aus unserer Sicht ist kaum vorstellbar, dass höhere Preise und ein reduziertes Angebot an heimischem Obst und Gemüse die Verbraucher animieren, sich ausgewogener zu ernähren”, erklärt Henning Ehlers, Hauptgeschäftsführer vom Deutschen Raiffeisenverband. Er verweist auch auf massive Einschnitte für die vor- und nachgelagerten Sektoren: “Viele Betriebe werden das nicht verkraften.”

“Es liegt im ureigenen Interesse aller Landwirte, die Umwelt und das Klima zu schützen und sicherzustellen, dass auch die nachfolgenden Generationen die Betriebe fortführen und die Nachfrage nach heimischen Lebensmitteln decken können. Die hohen EU-Standards in der heimischen Erzeugung dürfen aber nicht durch Importe unterlaufen werden”, fordert Udo Hemmerling, stellvertretender Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes. Hier bestehe eine offene Flanke der F2F-Strategie.

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