Bauernsprecher Hans MeisterTTIP – Transatlantisches Freihandelsabkommen

TTIP – Transatlantisches Freihandelsabkommen

Beim geheim verhandelten Handelsabkommen TTIP (Transatlantic-Trade-InvestmentPartnership) zwischen der EU und den USA werden die Landwirte ganz sicher nicht die großen Gewinner sein. Das verzwickte Prob – lem mit TTIP entsteht dadurch, dass hier etwas kons truiert wird, was in erster Linie den ganz großen, globalen Giganten dienen soll. Gleichzeitig verkauft man das dem Normalbürger als Arbeitsplatzsicherung, Exportaufschwung, Marktchancen, Zukunftsabsicherung.

Problem Investorenschutz

Die grundsätzliche Tendenz dieses Handelsabkommens zeigt sich am deutlichsten im Versuch, unser demokratisches System und unser Rechtssystem durch Schiedsgerichte auszuhebeln. Verlangt wird das von den Konzernen als Investorenschutz.

Welchen Investorenschutz hat ein Milchbauer, der im Vertrauen auf die Quote seinen Betrieb ausbaute?

Welchen Investorenschutz hat ein örtlicher Wirt, der an einer stark befahrenen Straße viel Geld in seinen Betrieb investiert hatte bevor ihm die neuerrichtete Schnellstraße seine Tages gäste absaugte? Er kann maximal bei einem ordentlichen Gericht klagen, bei vollem Prozessrisiko, und wird wahrscheinlich verlieren. Deshalb, weil der Bau der Schnellstraße von einer demokratisch gewählten Einrichtung (Landtag oder Nationalrat) entschieden und nach rechtsstaatlichem Prinzip umgesetzt wurde.

Die großen, globalen Player wollen aber gerade diese demokratischen Entscheidungen durch eigene Schiedsgerichte aushebeln. So wollen sie sich – so wird argumentiert – gegen staatliche Willkür schützen. Aber ist es staatliche Willkür oder die Entscheidung eines demokratisch gewählten Parlamentes, wenn der Deutsche Bundestag den Ausstieg aus der Atomenergie beschließt und damit der schwedische Stromgigant Vattenfall in Deutschland Atomkraftwerke stilllegen muss, deren finanziellen Ausfall er jetzt einklagt? Ist es staatliche Willkür oder eine demokratische Entscheidung, wenn das kanadische Provinzparlament in Quebec beschließt auf seinem Gebiet Fracking nicht zu erlauben, worauf ein US-Ölmulti dagegen klagt? (Hydraulic Fracturing ist eine umstrittene Form der Erdgasund Erdölgewinnung). Wozu werden Parlamente gewählt, wenn Konzerne durch Schiedsgerichte Gesetze, die ihnen nicht passen, kippen können?

Überall sonst im Geschäftsleben gilt die Formel von Risikobereitschaft. Wer mehr Sicherheit will, kann das Risiko versichern. Die Bigplayer wollen eine Sondergerichtsbarkeit, um Staaten und deren demokratische Entscheidungen einfach und ohne finanzielles Risiko klagen zu können. Wenn man hier nachgibt, wird die Souveränität der Parlamente und der Gerichtsbarkeit arg beschädigt. Wenn sich ein Konzern unrecht behandelt fühlt, soll er wie jeder andere auch vor einem ordentlichen Gericht klagen.

Europa hat die älteste und erfahrenste Gerichtsbarkeit der Welt. Es braucht also keine gesonderten Schiedsgerichte, wie das vielleicht in Entwicklungsstaaten argumentiert werden kann. Für jeden Staatsbürger und für alle anderen Unternehmen gilt bei Konflikten – auch mit dem Staat – der vom Gesetzgeber vorgegebene Weg zum Gericht. Nur für multinationale Firmen braucht es eigene Schiedsgerichte außerhalb der normalen Gerichte. Das ist eine Zweiklassen-Gerichtsbarkeit und von keiner demokratischen Verfassung so vorgesehen. Wer dem zustimmt, tritt einen wesentlichen Teil seiner Souveränität an die Konzerne ab.

Gleichheit vor dem Gesetz

Für dieses demokratische Prinzip der Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz sind in den vergangenen Jahrhunderten abertausende Menschen gestorben, haben in Gefängnissen geschmort, wurden geschlagen und hingerichtet. In vielen Unrechtsstaaten – nicht nur in Nordkorea – wird noch heute dafür gelitten. Dieses Prinzip ist zu wertvoll, um es für ein paar Dollars mehr den Konzernen zu opfern.

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hans.meister@landwirt-media.com, Tel.: 0316/821636-145, Fax: DW 151

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