ManagementWasserbüffel – Naturschutz, der schmeckt

Wasserbüffel – Naturschutz, der schmeckt

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Quelle: Buffler

Die Wiesen bei Leutkirch im Allgäu sind sauber abgemäht, das Heu frisch eingefahren. Dazwischen wachsen auf einem 100 Meter breiten und 500 Meter langen Streifen mannshohes Schilf, indisches Springkraut und Brennnesseln. Carlos Mauerer öffnet den Weidezaun, unter den Schuhsohlen patscht das Wasser. Er schnalzt leise mit der Zunge. Plötzlich dröhnt ein dumpfes Grunzen durch das Tal. Das Schilf beginnt zu rascheln. Ein schwarzer Kopf mit mächtigen Hörnern taucht aus dem Dickicht auf. Es ist ein Wasserbüffel!

Er gehört zur Leitkuh der zwölfköpfigen Wasserbüffelherde, die der junge Landwirt hier hält. „Sie haben mich gehört. Ich bin die Bezugsperson für meine Büffel. Wenn ich schnalze, kommen sie in aller Regel. Das unterscheidet sie von Milchkühen. Büffel kann man nicht treiben, sondern man muss sie locken. Da braucht man schon mal Geduld.“ Dicht hinter der Leitkuh folgen weitere Kühe, Kälber aus dem Vorjahr und zum Schluss der Zuchtbulle mit seinen 1.200 kg Lebendgewicht. Der Herdentrieb ist bei Wasserbüffeln extrem ausgeprägt.

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Andere Wege finden

Die ersten zehn Tiere hat Carlos vor dreieinhalb Jahren gekauft. Damals war der Landwirtschaftsmeister gerade auf dem Milchviehbetrieb seiner Schwiegereltern eingestiegen. Für ihn war klar: „Man muss andere Wege in der Landwirtschaft finden. Ich will alte, familiäre Strukturen erhalten und nicht immer größer werden. Fläche ist bei uns eh knapp.“ Seine Idee: auf der Extensivweide asiatische Wasserbüffel halten und hochwertiges exklusives Fleisch produzieren.

Ausgleichsfläche als Büffelweide

Die Flächen dazu fand er zehn Kilometer vom Hof entfernt. Darunter ein drei Hektar großes Areal, das vor 25 Jahren als Ausgleichsfläche für die Autobahn ausgewiesen wurde. Darauf verlaufen die Altarme der Wurzacher Ach. Das Wasser steht teilweise bis zu 40 cm hoch auf den Wiesen, bereits nach kurzer Zeit fühlen sich die Socken in meinen Arbeitsschuhen feucht an. Für das Vorhaben von Carlos sind die Bedingungen ideal: „Wasserbüffel können nicht schwitzen. Sie brauchen eine Suhle zum Abkühlen.“

Nachwuchs auf trockener Weide

Er deutet auf seine Tiere, die bis zu den Ohren im Schlamm liegen. Im gleichen Moment erhebt sich ein Büffelkörper. Mühelos tritt der massige Zuchtbulle von der Suhle durch den Matsch auf die Wiese und kommt auf Carlos zu. Der lacht und krault ihn kräftig hinter den Hörnern. „Sie können ihre Klauen spreizen und kommen auf dem schlammigen Untergrund bestens klar. Hier wurden auch schon Pferde gehalten, aber die sind direkt abgesoffen.“ Nur neugeborene Kälber haben damit Probleme. Deshalb sind zwei frisch abgekalbte Kühe mit ihrem Nachwuchs getrennt auf einer trockenen Weide. Mit seinen Büffeln bewirtschaftet Carlos noch drei weitere Hektar Extensivweide, die er vom fürstlichen Haus Waldburg-Zeil gepachtet hat.

Wasserbüffel Info


Der asiatische Wasserbüffel wurde vor 5.000 Jahren in China und Indien domestiziert. Dort nutzen ihn Landwirte nicht nur für die Lebensmittelproduktion, sondern auch als Zugtier. Er ist robust und anspruchslos. Allerdings braucht er ab 20 °C eine Wasserquelle, um sich abzukühlen. In Europa werden derzeit zwei Rassen gehalten.

asiatischer Wasserbüffel

Rumänischer Wasserbüffel

  • 2-Nutzungsrasse: Fleisch und Zugtier
  • robust, geeignet für Extensivhaltung
  • geringe Milchleistung
  • 400 kg bis 1.200 kg Lebendmasse
  • Preise: Kälber (9 Monate) ab 400 Euro, Zuchtbullen bis zu 6.000 Euro

Italienischer Wasserbüffel

  • Milchrasse für Mozzarella
  • anspruchsvoll, intensive Stallhaltung

Fleisch

  • ähnlich Rindfleisch, zarter
  • verhältnismäßig geringe Fett- und Cholesterinwerte
  • enthält aber viel Eisen und Protein
  • gutes Verhältnis von Omega 3 zu Omega 6

Milch

  • doppelt so hoher Fettgehalt wie Kuhmilch
  • längere Haltbarkeit
  • reicher an Kalzium, Eisen, Phosphor und Vitamin A
  • geringfügig mehr Cholesterin als Kuhmilch

Von Mai bis November beweiden die anspruchslosen Wiederkäuer beide Flächen im Wechsel jeweils zweimal. Den Weidezaun mit zwei Litzen kontrolliert Carlos alle zwei Tage und tauscht die Akkus am Weidezaungerät aus. Im Winter kommt die Herde auf eine Weide mit Unterstand, direkt beim Hof. „Das reicht ihnen völlig aus. Wir füttern sie dort mit Heu von einer Extensivmähfläche und Grünroggen. Den bauen wir im Frühjahr vor dem Mais an und silieren ihn ein. Für Büffel ist ein hoher Rohfaseranteil im Futter wichtig. Sonst bekommen sie Durchfall.“ Ansonsten sind Büffel robust und brauchen selten einen Tierarzt. Zu Problemen kommt es nur, wenn Müll wie Eimer, Flaschen etc. im Schutzgebiet entsorgt wird. Daran haben sich die Tiere schon die Beine aufgeschnitten.

Die zuständige Untere Naturschutzbehörde war zuerst skeptisch, die Angst groß, dass die Büffel alles zusammentrampeln. Trotzdem konnte Carlos die Verantwortlichen überzeugen. „Die Fläche war mit Büschen zugewuchert, dazwischen eine Monokultur aus Schilf und dem eingeschleppten indischen Springkraut. Eine Artenvielfalt gab es überhaupt nicht.“ Im ersten Jahr fraßen die Büffel einen Großteil der Fläche frei. Alte Weidenbäume ließen sie stehen.

Büffel neben Störchen

Ab dem zweiten Jahr konnte der Naturschutzbund dann erstmals seltene Vögel beobachten – und war von Carlos‘ Konzept überzeugt. Wie aufs Stichwort flattern zwei Störche wild schimpfend über unsere Köpfe und landen mehrere Meter weiter zwischen den Büffelhufen. Carlos freut sich über positive Rückmeldungen, auch aus der Bevölkerung. Er sagt mit einem Zwinkern: „Das ist auch für das allgemeine Image der Landwirtschaft gut. Den Leuten gefällt es, wenn die Büffel neben den Störchen stehen. Wir betreiben Naturschutz. Der am Schluss sogar schmeckt.“

Ab dem nächsten Jahr soll die Weidefläche als landwirtschaftliche Bruttofläche angerechnet werden. Dann kann Carlos dafür auch Direktzahlungen beantragen. Bisher bekommt er Geld aus dem Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl.

Mutterkuhherde im Aufbau

Carlos Mauerer schlachtet derzeit nur die männliche Nachzucht. „Damit es sich wirtschaftlich als zweites Standbein lohnt, brauchen wir 30 bis 40 Mutterkühe. Die Fruchtbarkeit bei Büffeln ist schlechter als bei Milchkühen. Nicht jedes Jahr nehmen alle auf. Mit den weiblichen Tieren bauen wir deshalb gerade die Herde auf.“ Eine Ausnahme bilden Kühe, die sich aggressiv verhalten. „Ich arbeite eng mit den Büffeln zusammen, habe direkten Kontakt mit ihnen. Da will ich nichts riskieren. Wer mich öfters anrempelt, kommt weg.“

Die acht Jungbullen stehen ganzjährig direkt am Hof auf einer Weide, im Sommer zusammen mit dem Jungvieh der Milchviehherde. Schlachtreif sind die Wasserbüffel mit drei Jahren. Dann wiegen sie 800 kg. Bisher muss Carlos sie noch zur 25 Kilometer entfernt liegenden Metzgerei fahren. Das soll sich zukünftig ändern: „Wir wollen die Tiere am Hof im Fangstand betäuben und ausbluten. Den sind sie gewöhnt, weil wir ihnen dort einmal im Jahr Blut für die BHV1-Untersuchung abnehmen. Dort haben sie keinen Stress. Derzeit warten wir auf die Genehmigung.“

Nose-to-tail-Verwertung

Die Ausschlachtung liegt wegen der schweren Knochen nur bei 50 Prozent. Allerdings verwertet Carlos den Schlachtkörper zu nahezu 100 Prozent, von der Nase bis zum Schwanz. Die Edelstücke gehen hauptsächlich in die gehobene Gastronomie. Die fragt nach den exklusiven Produkten. Das Fleisch hat wenig Fett und erinnert an Wild. Den Rest, wie beispielsweise den Nacken, verarbeitet Carlos zu Hackfleisch und beliefert damit auch Burgerläden in der Umgebung.

Getrocknetes Büffelfleisch ist beliebt bei Sportlern. Viel Protein und wenig Fett passen in ihre Ernährung.
Quelle: Mauerer

Eine Spezialität sind die getrockneten Fleischstreifen. Besonders Sportler schätzen das sogenannte Jerky als Alternative zu Geflügel. Die Haut lässt der Junglandwirt gerben. Wenn er genug Leder zusammen hat, sollen daraus Geldbeutel und Handtaschen werden. Sogar für die Hörner gibt es eine Verwendung. „Weil sie so hart sind, hat bereits ein Bogenbauer angefragt. Er will sie als Spitzen für seine Bögen verwenden.“

Weniger Milchkühe, mehr Wasserbüffel

Derzeit schlachtet Carlos noch auf Nachfrage, den Vertrieb übernimmt sein Geschäftspartner Daniel Saitner. Im Schnitt erzielen die beiden 40 Euro pro Kilo Fleisch. Damit deckt der Fleischverkauf gerade die Kosten. Wenn die Herde größer ist, wollen sie alle zwei Monate einen Büffel schlachten. Dann wird die Vermarktung wirtschaftlich interessant. Mittelfristig plant Carlos den Milchviehbestand auf dem Hof zu halbieren und die Büffelherde entsprechend zu vergrößern. Er zeigt auf den Unterstand. „So können wir unser Einkommen sichern und den Milchmarkt entlasten. Dann brauchen wir aber einen Stall mit Tretmist und Tropfbewässerung. Dort bringen wir dann die Schlachttiere unter.“

Mit seinen Schwiegereltern bewirtschaftet Carlos derzeit einen Milchviehbetrieb im Allgäu
Quelle: Buffler

Zuerst investiert Carlos aber in die Direktvermarktung. Auf dem Hof richtet er einen Lagerraum ein. Damit will er die Betriebsabläufe vereinfachen und sich weite Wege sparen. Denn momentan lagern die Produkte noch in der Metzgerei. Das ist problematisch, wenn Kunden direkt zu ihm an den Hof fahren und dort einkaufen wollen. Carlos‘ Erfahrung zeigt: „Das kommt immer häufiger vor, die Mund-zu- Mund-Proganda in der Region scheint zu funktionieren. Ein Zeichen dafür, dass die Nachfrage da ist.“

Weiter kommt er nicht. Einer der halbstarken Jungbullen tritt von hinten heran. Mit einem Kopfstoß, begleitet von einem Grunzen, macht er klar: ‚Das ist unsere Weide. Und dort wollen wir jetzt Ruhe.‘ Ein guter Zeitpunkt – denn mittlerweile steht das Wasser knöcheltief in meinen Schuhen.

Der Betrieb


 

Gerd (61) und Hedwig Zeh (60)
Carlos (29) und Marion (29) Mauerer

  • Milchvieh: 80 Stück Milchvieh
  • Mutterkuhherde: 26 Wasserbüffel
  • Grünland: 44 ha
  • Ackerland: 14 ha (Kleegras, Silomais, Grünroggen)
  • Wald: 9 ha
  • masabueffel.de

 

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