In Kärnten, Österreichs südlichstem Bundesland, ist etwas passiert, das so überall passieren kann. Landwirte und ihre Lebensmittel stehen ganz unverschuldet in den Schlagzeilen. In Milch und Fleisch wurden hohe Werte des giftigen Hexachlorbenzol (HCB) nachgewiesen und dürfen nicht in den Handel kommen. Für die über 300 Landwirte des Görtschitztales (ca. 40 km nordöstlich von Klagenfurt gelegen) ist das – neben allen Fragen der eigenen Gesundheit – auch eine existenzbedrohende Situation.
Hexachlorbenzol (HCB) gehört zu den gefährlichsten Industriechemikalien, ist krebserregend und reichert sich im Fett an. Bis 1991 wurde HCB auch als Getreidebeizmittel eingesetzt und dann ob seiner Gefährlichkeit verboten.
Total-Versagen von Politik und Behörden
Als Auslöser der flächendeckenden Kontaminierung dieses Kärntner Tals gilt eine Zementfabrik. Diese Zementfabrik war seit 2010 vom Land Kärnten beauftragt, den mit HCB versetzten Blaukalk aus einer in der Nähe befindlichen Deponie zu verbrennen. In diese Alt – lastensanierung flossen 25 Mio. Euro an Steuergeldern. Leider interessierte es dann niemanden mehr, ob die Verbrennung korrekt erfolgt war oder nicht. Es gab, so scheint es, weder ausreichend begleitende Kontrollen seitens des Landes, noch kümmerte sich jemand vom beamteten Umweltschutz um die Thematik. Ganz so, als hätte niemand gewusst, welche Auswirkungen es haben kann, wenn hier Fehler passieren.
Wird Blaukalk bei ausreichend hoher Temperatur (850–1.100 °C) verbrannt, gibt es angeblich keine HCB-Rückstände und damit auch keine Umweltbelastung. Verführt dagegen die Gier nach möglichst hohen Gewinnen zur Mengenoptimierung, und wird Blaukalk bei niedrigeren Temperaturen verbrannt, ist die Umweltbelastung vorprogrammiert. Eine begleitende Kontrolle hätte das früh gezeigt. So aber weiß man bis jetzt weder, wie lange das Zementwerk HCB-verunreinigten Blaukalk bei zu niedriger Temperatur verbrannt hat, noch welche Teile der Deponie mit welchem HCB-Anteil in die Verbrennung kamen. Dabei waren die ersten Verdachtsmomente mit erhöhtem HCB bereits im März 2014 bei einer zufälligen Lebensmitteluntersuchung aufgetaucht. Aber weder die Kärntner Politik, noch eine Behörde haben darauf reagiert, obwohl sie davon wussten. Die Görtschitz taler Landwirte haben den Sommer über fleißig Heu gemacht, das sich jetzt bei so manchem als HCB-verunreinigt herausstellt und nun als Sondermüll entsorgt sowie durch zugekauftes Heu ersetzt werden muss. Welcher gesundheitlichen Gefährdung hier die Landwirte bei der Arbeit mit dem Heu ausgesetzt waren und noch sind, wird sich bei diversen Untersuchungen noch zeigen.
Imageschaden
Wie so oft bei kontaminierten Lebensmitteln sind nicht die Landwirte die Verursacher, son – dern kommt die Beeinträchtigung von außer – halb der Landwirtschaft, aber die Bauern sind diejenigen, die die Suppe auszulöffeln haben. Den unmittelbaren Schaden haben die Landwirte direkt vor Ort. Aber wie immer, wenn Lebensmittel in den öffentlichen Fokus geraten, führt das zu einer Verunsicherung beim Konsumenten. Dabei ist es in den Augen der Verbraucher nicht so ausschlaggebend, wer für die Kontaminierung verantwortlich ist, es geht um Gift in Milch und Fleisch, und das wirft die Frage auf: Was kann ich überhaupt noch essen?
Ganz besonders schlimm ist es, wenn just in den Trend des wachsenden Vertrauens in regionale Lebensmittel dringend vom Kauf von Lebensmitteln aus einer bestimmten Region abgeraten werden muss. Was gilt denn noch? Wo – rauf kann man sich noch verlassen? So wird der Vorteil regionaler Lebensmittel in sein Gegenteil verkehrt und das Vertrauen in eine Region und in regionale Erzeugnisse vergiftet.
Sie wollen uns ihre Meinung zum Thema sagen? Schreiben Sie uns:
hans.meister@landwirt-media.com, Tel.: 0316/821636-145, Fax: DW 151
Kommentare