Motoren dröhnen, zwei Traktoren und ein Radlader rangieren auf der Baustelle zwischen Holzstapeln umher. Ein Zimmermann balanciert über die Dachbalken und schlägt Nägel in das Holz. Johannes Bertl, kurz Hannes, grinst. „Hier kommt unser Laufstall hin. Wenn man so will, ein Fünf-Sterne-Kuhhotel mit Chillout-Area und Joggingweide.“
Vor über 30 Jahren war man nicht so optimistisch. „Der Beitritt Österreichs in die EU 1995 belastete unsere Familie. Meine Großeltern bewirtschafteten unseren Betrieb im Nebenerwerb. Meinen Eltern war klar, dass sie mit der kleinen Landwirtschaft alleine nicht konkurrenzfähig waren“, sagt Hannes Bertl. „Deshalb schlossen sie sich mit der Familie Graßmann aus der Nachbarschaft zusammen. Sie gründeten die Wilhelmsburger Hoflieferanten.“ Die beiden Milchviehbetriebe aus dem Traisental wollten etwas Neues probieren.
Schulen mit Milch beliefern
Ihre erste Investition: ein Kühlauto. Sie belieferten eine Handvoll Schulen aus dem Umkreis mit ihrer Milch – unterstützt von der Landeslandwirtschaftskammer Niederösterreich. „Das gab es vor 26 Jahren nirgendwo: Schulmilch direkt vom Bauernhof. Heute beliefern wir zirka 90 Schulen in der Umgebung. Rund 3.500 Schüler trinken täglich unsere Milch. Wir sind Teil des pädagogischen Programms ,Schule am Bauernhof‘. Die Kinder kommen zu uns auf den Hof und lernen, wo die Milch herkommt. Das ist uns sehr wichtig,“ erzählt der 35-Jährige.
Wilhelmsburger Hoflieferanten setzen auf Natur
Die Wilhelmsburger Hoflieferanten sind gewachsen. Inzwischen gehören fünf Kuhmilchbetriebe, ein Ziegenmilchbetrieb und drei Obstbauern dazu. Sie stammen alle aus den niederösterreichischen Regionen St. Pölten und Melk. Ein wichtiges Standbein: die Fruchtjoghurt-Produktion.
„2010 habe ich meinen Molkerei-Meisterausbildung gemacht. Dabei haben wir uns mit industriell gefertigter Erdbeermarmelade beschäftigt. Für den Geschmack verwendet man oft künstliche Aromen. Ich hab` mir gedacht: Was für ein Wahnsinn! Milch und Obst, das produzieren wir Bauern in Österreich doch selbst in höchster Qualität! Weshalb müssen wir all das künstlich herstellen? Das war für mich ein prägender Moment.“
Ohne künstliche Zusatzstoffe
Wir kehren der Baustelle den Rücken zu, gehen durch den alten Kuhstall zur Molkerei. „Für einen Erdbeerjoghurt ohne künstliche Zusatzstoffe braucht man als Basis eine hochwertige Marmelade. Aber viele Erdbeeren haben zu wenig Süße. Sie sind innen farblos, fast weiß.“ Das macht die Vermarktung schwierig. Hannes traf sich mit Erdbeerbauer Robert Strohmaier, einem Freund aus der Landjugend. „Ich hab‘ ihm von meinem Problem erzählt.“ Der junge Erdbeerbauer pflanzte für ihn daraufhin verschiedene Sorten auf seinen Feldern an. „Darunter die ,Symphonie‘. Eine geschmacksintensive Beere, die in der Fruchtmitte rot ist.“ Familie Bertl kochte daraus Marmelade. Und gab österreichischen Rübenzucker statt weißen Gelierzucker dazu. „Das Ergebnis war top. Eine schöne natürliche Farbe und nicht zu süß. Das Beste daran: alle Zutaten kamen aus Österreich.“ Hannes lacht. „Man muss auch mal was wagen und nicht nur das machen, was jeder macht!“
Was der Artikel noch bereithält:
- Warum der Handel auf die Wilhelmsburger Hoflieferanten aufmerksam wurde.
- Wieso Kühe als Zeichnungen auf den Comicbechern zu sehen sind.
- Wie der Hofladen gestaltet ist.
- u.v.m.
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