„Ich habe mir die Arbeit nicht aus der Hand nehmen lassen.“
LANDWIRT: Frau Müllner, was gab Ihnen den Anstoß, eine landwirtschaftliche Ausbildung zu beginnen?
Katja MÜLLNER: Mein Vater hat diesen Betrieb mit damals gerade einmal vier Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche von meinem Großvater übernommen und ausgebaut. Als Kind wollte ich natürlich Landwirtin werden, als Jugendliche sah das dann aber anders aus. Am Betrieb mussten wir außer zum Steineauflesen und Unkrautzupfen nicht mithelfen, und diese Arbeit motivierte auch nicht gerade.
»Das Interesse kam erst nach meinem ersten Bildungsweg.
Katja Müllner
Graz, begann währenddessen als Praktikantin in einem Büro zu arbeiten. Da merkte ich aber schnell, dass ein Bürojob auf lange Sicht nichts für mich ist. Ich wollte raus in die Natur. Nach einem viermonatigen Aufenthalt in Kenia begann ich zuhause probeweise mitzuarbeiten.
Schlussendlich gefiel mir die Arbeit zuhause so gut, dass ich beschloss mir das nötige Fachwissen auf der Universität für Bodenkultur anzueignen. Obwohl ich als Kind mitten auf einem Bauernhof aufgewachsen bin, fühle ich mich als Quereinsteigerin. Während der Ausbildung begann ich, die am Hof erzeugten Produkte direkt zu vermarkten. Das benötigte schließlich so viel Zeit, dass ich mich entschloss, kurz vor dem Abschluss das Studium zu beenden und mich voll und ganz auf die Direktvermarktung zu konzentrieren.
Frau Müllner, wie sehen Sie die Rolle der Frau in der Landwirtschaft?
In unserer Gesellschaft ist vor allem in der Landwirtschaft eine geschlechterspezifische Arbeitsaufteilung vorherrschend. Wenn man als Frau die
„Männerarbeit“ machen möchte, ist das zwar mehr oder weniger akzeptiert, jedoch nur als Ergänzung zur „Frauenarbeit“ und nur als helfende und nicht leitende Funktion. Beide Rollen sind jedoch unrealistisch. In dieser Hinsicht wäre eine Arbeitsaufteilung nach Interessen fair und zukunftsfähig.
Haben Sie schon Mal schlechte Erfahrungen mit anderen Berufskollegen gemacht?
Ja, natürlich habe ich das anfangs schon. Jedoch wurden die Probleme, welche ich als Anfängerin hatte, als Unfähigkeit aufgrund meines Geschlechtes abgetan. Für mich damals als schwierig empfundene Arbeiten, wie mit Hänger rückwärtsfahren, werden von meist hilfsbereiten Männern abgenommen und man lernt als Frau nicht, die schwierigen Arbeiten zu meistern. Ich habe mir meistens die Arbeit nicht aus der Hand nehmen lassen, wurde oft als stur abgestempelt. Ich habe mir aber dadurch sehr viele verschiedene Fähigkeiten angeeignet. Inzwischen kann ich jeden Hänger überall hinschieben.
»Es wird von der Männerwelt angenommen, dass eine Frau körperlich nicht viel leisten kann, dass das Meiste zu schwer ist.
Katja Müllner
Ich finde aber, dass es auf die Übung ankommt. Frauen sind stark, wenn sie im Alltag viel Kraft benötigen. Von heute auf morgen natürlich nicht. Das muss genauso wie bei den Männern durch den Alltag trainiert werden. Das meiste kann von Maschinen oder von allen Menschen bewältigt werden. Der kleine genetische Vorteil welchen Männer haben, ist nicht relevant für die Ausübung des Berufes.
Was würden Sie gerne anderen Landwirtinnen mit auf den Weg geben?
Man sollte sich keinen Falls als Frau in altmodische Rollenbilder hineindrücken lassen. Ich möchte aber auch dazu aufrufen, die Arbeiten der „weiblichen Rolle“ nicht negativ zu behaften! Eine bewusste Entscheidung dafür widerspricht sich nicht mit dem modernen Feminismus. Es ist einfach wichtig, dass man Dinge ausprobiert und übt. Männer sind oft weniger zurückhaltend und probieren Sachen von klein auf einfach aus. Genau das sollten wir Frauen auch tun.
Zur Person
Katja Müllner bewirtschaftet zusammen mit ihrem Vater einen rund 260 ha großen Bio-Ackerbaubetrieb im burgenländischen Wolfau. Im kommenden Jahr wird sie den Betrieb zusammen mit ihrem Freund Florian übernehmen und weiter ausbauen.
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