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Hallo Lina, naiv und kaum zu erreichen klingt fast jeder Plan einer Betriebsgründung in vielen Branchen. Landwirtschaft ist keine Ausnahme, viel Geld liegt in gebundener Form vor, ein Business Plan bei voller Finanzierung per Kredit kaum darstellbar. Dafür gibts aber die bekannten Umwege wie Heirat. Noch viel interessanter finde ich diverse Vermittlungsplattformen zur Hofnachfolge: viele Altbauern haben keine Nachfolge. Sie wissen, dass ein Verkauf am freien Markt ihnen viel Geld einbringen würde, wollen aber den Betrieb erhalten und nicht zerschlagen und filetieren in Wohnprojekte und eine kümmerliche “Restl-Landwirtschaft”. Etliche solcher Plattformen gibts mittlerweile (zb hofsuchtbauer.de).
Du bist schon mal am richtigen Weg, wenn du dein Ausbildung in Richtung Landwirtschaft ausrichtest. Eine Schnuppermöglichkeit wäre “Freiwillige am Bauernhof” organisiert vom Maschinenring. So kannst du auf verschiedensten Betrieben in Vorarlberg, Tirol oder der Steiermark mitarbeiten, und einen Einblick bekommen. https://www.maschinenring.at/freiwillig-am-bauernhof
Nehmen wir mal an du hast deinen Hof gefunden und bezogen, hier noch ein paar Gedankenanstöße und der Hauptgrund warum ich dir hier antworte:
- Verabschiede dich von der Kombinationshaltung! Die Landwirte-Vertretung verkauft diese Form den österreichischen und bayrischen Bauern noch als Königsweg, und jagt wieder mal etliche Bauern ins Verderben. Der Laufstall kommt überall, vielleicht erst in 15 Jahren, und je größer der Betrieb umso früher. Das heißt entweder hat dein Hof schon einen Laufstall oder du musst von vorneherein den Umbau zum Laufstall mit einrechnen!
- dein Plan sieht mindestens eine Vollarbeitskraft vor. Sagen wir die tägliche Stallarbeit benötigt 1 Stunde morgens und abends. Das sind schon 2h * 365 Tage = 730 Stunden pro Jahr. Dann ist noch keine Milch verarbeitet, die Ferienwohnung ist noch nicht her gerichtet, kein Feld ist bestellt, keine außerordentliche Tätigkeit im Stall abgeschlossen, kein Vieh auf die Alm gebracht und wieder geholt, keine Maschine repariert, und Kaffee trinken im Lagerhaus warst auch noch nicht 😉 2000 Arbeitsstunden pro Jahr geht, bis zu 3000h sind möglich aber nicht auf Dauer durchzuhalten.
- das heißt, vergiss die Ausrichtung auf einen Nebenerwerbsbetrieb. Das ist in Österreich zwar mittlerweile die häufigste Betriebsform, trotzdem ists für die meisten in der von dir angedachten Betriebsgröße nur eine Knochenmühle! Eher solltest du andenken, ob du eine Lehrstelle am Betrieb anbietest. Wenn du in den Nebenerwerb willst, sollte die Landwirtschaft deutlich kleiner sein. Insbesondere die Viehhaltung, und on Top noch die Melkarbeit machen deinen Betrieb sonst zur Arbeitsfalle!
- Nehmen wir an du brauchst 1 Million Euro von der Bank (sei es als Ablöse, oder für Einrichtung zur Milchverarbeitung, Stallumbau etc.). Die lineare Abschreibung berechnet sich nach Abschreibungsbetrag = Anschaffungskosten / Nutzungsdauer. Nehmen wir 30 Jahre Nutzungsdauer an (ein Wert den zb eine Bank in einem Business Plan möglicherweise nicht akzeptiert weil zu lange). Das sind 33333 Euro pro Jahr an Abschreibung. Das ist jetzt etwas hemdsärmelig und nicht korrekt für einen BWLer, aber diese 33 TSD Euro müssten pro Jahr übrig bleiben nachdem deine Arbeit bezahlt ist, und alle Kosten für den laufenden Betrieb gedeckt sind. Das ist nach deinem Plan mit Direktvermarktung und Ferienwohnung möglich, aber zeigt die Schwierigkeit wenn hohe Geldsummen in einem Betrieb gebunden sind. Dieses Problem hat zb ein Dienstleister, der zur Miete in einem Büro arbeitet, einfach nicht.
Ich wünsch dir alles Gute, ein Weg wird sich finden. Es gibt immer Menschen die dich auslachen oder den ganzen lieben langen Tag vom Unmöglichen reden. Du weißt eh selber das wird nicht super einfach, such dir Leute die dir konkret helfen können statt nur lachen. Vielleicht kennst jemanden auf einer Bank oder einen Steuerberater, der dir die Sache mal ganz unverbindlich und grob durch rechnet. Am meisten bringt dir sicher praktischer Einblick vor Ort.
Sg, Richard