Neben einem Blick auf die Wahlprogramme zur Landtagswahl haben wir den Spitzenkandidaten der aktuell im Bayerischen Landtag vertretenen Parteien sechs Fragen zur Landwirtschaft gestellt. Nur Bündnis 90/Die Grünen und die Freien Wähler haben diese beantwortet. CSU und SPD haben sich erst auf Nachfrage zurückgemeldet, jedoch bislang keine Antworten auf unsere Fragen geliefert. FDP und AfD reagierten überhaupt nicht, auch nicht als wir noch einmal nachgefragt haben.
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- CSU: 82
- Bündnis 90/Die Grünen: 38
- Freie Wähler: 27
- SPD: 21
- AfD: 17
- FDP: 12
- Fraktionslos: 8
CSU
Wichtiger als die Frage nach „biologisch oder konventionell?“ sind für die CSU regional produzierte Lebensmittel. Das will sie auch in der Kita- und Schulverpflegung fördern. Bürokratie soll abgebaut werden. In der Rinderhaltung setzt sich die CSU für die Kombinationshaltung ein. Zum Schutz von Weidetieren und Aquakulturen soll die Entnahme von Wölfen und Fischottern dauerhaft ermöglicht werden. Flächenstilllegungen sollen Landwirte selber festlegen dürfen. Bezüglich der Düngeverordnung heißt es im Regierungsprogramm: „Wir setzen uns für eine praxistaugliche Düngeverordnung ein.“
Zum vollständigen Regierungsprogramm der CSU
Ein Sprecher der CSU Landesleitung hat Antworten auf unsere Fragen versprochen . Bislang gingen diese jedoch nicht in der LANDWIRT Redaktion ein.
Bündnis 90/Die Grünen
Die Partei will eine familiengeführte Landwirtschaft. Dafür sollen Hofübernahmen und -gründungen erleichtert werden. Ziel ist es, 50 % der landwirtschaftlichen Flächen bis 2030 auf Bio umzustellen. Dafür wollen sie u. a. Ökomodellregionen, landwirtschaftliche Genossenschaften, Erzeuger-Verbraucher-Gemeinschaften und Kooperativen unterstützen.
Naturnahe Gewässerrandstreifen sollen Pflicht, agrarökologischer Pflanzenschutz gefördert und die Flächenversiegelung reduziert werden. Eine flächengebundene Tierhaltung soll mit einer Reduktion der Bestände um 20 % bis 2030 einhergehen. Die Tierhaltung will die Partei am Tierwohl ausrichten. Dazu versprechen die Grünen staatliche Förderungen und mehr Planungssicherheit. Anfallende Gülle soll vermehrt in Biogasanlagen genutzt werden.
Zum vollständigen Regierungsprogramm von Bündnis 90/Die Grünen
LANDWIRT: Welche Lebensmittel liegen bei Ihnen im Kühlschrank? Was davon ist aus ökologischer Erzeugung, was kommt aus konventioneller Landwirtschaft und warum?
Katharina Schulze: Ich bemühe mich möglichst viel saisonales Obst und Gemüse zu essen. Im Supermarkt bei mir um die Ecke halte ich mich vor allem an Bio-Lebensmittel.
Ludwig Hartmann: Wir kaufen viele Lebensmittel auf dem Markt ein. Gern kommt bei uns auch Wild auf den Tisch. Meistens kaufen wir bio und wir geben uns auch große Mühe, saisonal zu kochen – damit unsere vier Kinder lernen, dass im Winter nicht Tomaten und Zucchini, sondern Rosenkohl und Feldsalat bei uns wachsen.
Tierwohl, Umweltschutz, Klimaschutz – das alles steigert die Kosten für die Lebensmittelerzeugung. Gleichzeitig schaut die Mehrheit der Verbraucher und Verbraucherinnen immer noch auf den Preis. Was wollen Sie dafür tun, dass bayerische/deutsche Landwirte mit anderen Staaten mithalten können, die Lebensmittel mit niedrigeren Standards und deshalb günstiger erzeugen?
Hartmann: Wir müssen uns bewusst sein, dass Lebensmittel, die unter niedrigen Standards erzeugt werden, hohe Kosten und Risiken für die Allgemeinheit nach sich ziehen. Trinkwasser muss gereinigt werden, die Antibiotikabehandlung der Tiere zieht Antibiotikaresistenzen nach sich, intensive Landwirtschaft zerstört natürliche Lebensräume und laugt die Böden aus. Uns ist es wichtig, dass die Landwirtschaft enkeltauglich wirtschaften kann. Deshalb wollen wir Förder- und Beratungsprogramme für den Umbau der bayerischen Nutztierhaltung ausbauen. Klar ist dabei, dass die staatliche Förderung der laufenden Mehrkosten für tiergerechte Haltungssysteme erweitert werden muss. Wir schaffen einen gesicherten Absatzmarkt für die Vermarktung von tierischen Produkten mit hohem Tierwohlstandard, indem wir die Produzent*innen und Kantinen, Mensen und die Gastronomie zusammenbringen. Und ganz wichtig: Schon unsere Kinder sollen Wertschätzung für unsere heimischen Lebensmittel lernen.
Ab 2025 soll die bodennahe Gülleausbringung auch auf Grünland verpflichtend sein. An Alternativen, wie sie laut Düngeverordnung möglich wären, wird weder wissenschaftlich nennenswert gearbeitet, noch wird politisch darüber gesprochen. Wie stehen Sie zu den viel kritisierten „Güllewürsten“, welche Alternativen sind aus Ihrer Sicht sinnvoll und wie lassen sich diese in der Kürze der Zeit konkret umsetzen?
Schulze: Die bodennahe Gülleausbringung hat ein klares Ziel: Die Emissionen von klimaschädlichen Gasen zu reduzieren. Rund 95 % der Ammoniakemissionen in Deutschland stammen aus der Landwirtschaft, daher braucht es Maßnahmen zur Reduzierung, auch bei der Gülleausbringung. Von Praktikern gibt es sehr unterschiedliche Meinungen zu den „Güllewürsten“. Die Technik zur Gülleausbringung und zur Erfassung des Nitratgehalts, sowie die Möglichkeiten der Güllebehandlung entwickeln sich stetig weiter. Hier wird u. a. an der Landesanstalt für Landwirtschaft in mehreren Projekten praxisbezogen geforscht. Mit den Forschungsergebnissen werden wir arbeiten und versuchen, sie möglichst kurzfristig umzusetzen.
Die Borchert-Kommission zum Umbau der Tierhaltung in Deutschland hat Ihre Arbeit eingestellt. Landwirte sehen keinerlei langfristige Sicherheit, wenn sie in mehr Tierwohl investieren. Wie wollen Sie diese den Tierhaltern in Bayern geben?
Hartmann: Wir stehen für eine Landwirtschaft im Einklang mit Klima-, Natur- und Tierschutz. Viele der Inhalte der des Kompetenznetzwerkes Nutztierhaltung (Borchert-Kommission) sind für uns bereits seit Jahren Schwerpunkte und werden von uns unterstützt. Wir setzen uns auf Bundesebene für eine wirksame, langfristig gut ausgestattete Umbaufinanzierung ein, die mit einer verpflichtenden Kennzeichnung einhergeht. Eine größere Anzahl von Betrieben soll künftig finanziell – auch aus Landesmitteln – dabei unterstützt werden, auf eine gesellschaftlich anerkannte, tiergerechte Nutztierhaltung umzustellen.
Wie stehen Sie zu der These: die Rolle des bayerischen Landwirts wandelt sich immer mehr vom eigenständigen Lebensmittelproduzenten zum Landschaftspfleger, der von der Gesellschaft finanziert werden muss.
Schulze: Die Rolle der bayerischen Landwirt*innen wird vielfältiger. Die bayerischen Bäuerinnen und Bauern sind unverzichtbar für eine Lebensmittelproduktion in Bayern und versorgen das ganze Land. Wir wollen regionale Wertschöpfungsketten stärken im Verbund mit Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung. So gehen Lebensmittelproduktion und Klimaschutz dabei Hand in Hand. Von der Gesellschaft finanzierte Agrarumweltleistungen der Landwirtschaft honorieren den Einsatz für Arten-, Umwelt- und Wasserschutz. Wir sehen die Bäuerinnen und Bauern hier als Partner, denn uns eint das Ziel, unsere Lebensgrundlagen für künftige Generationen zu erhalten.
Das Bild der Landwirte in der Gesellschaft ist geprägt von negativen Assoziationen wie Massentierhaltung, Klimakiller und Umweltsünder. Was sehen Sie im Bauern von nebenan und was wollen Sie konkret dazu beitragen, um das Image der Landwirtschaft zu verbessern?
Hartmann: Die Pandemie und der schreckliche Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine haben besonders gezeigt, wie unentbehrlich unsere eigene Lebensmittelproduktion ist. Unsere Bäuerinnen und Bauern sind unsere Versorger, aber sie sind auch Klimaschützer – denn Klimaschutz geht nur gemeinsam mit den Landwirtinnen und Landwirten. Deshalb ist es mir besonders wichtig, gemeinsam und auf Augenhöhe zu diskutieren und an einem Strang zu ziehen. So wie wir das beim Kampf gegen den Flächenfraß in Bayern schon lange gemeinsam tun und auch weiter tun werden.
Freie Wähler
Die Freien Wähler wollen die bäuerliche Landwirtschaft in Familienhand erhalten. Dazu zählen sie im Wahlprogramm 32 konkrete Ziele auf. Darunter: die Kombinationshaltung bei Rindern erhalten, den Flächenverbrauch reduzieren und Bürokratie abbauen. Außerdem soll es keine Patente auf Samen, Pflanzen und Tiere geben. Dafür wollen die Freien Wähler die Vermarktung regionaler Lebensmittel fördern und Auflagen für Direktvermarkter senken. Auch Forstwirtschaft und Jagd kommen im Wahlprogramm vor. Waldbesitzer sollen beim Waldumbau gestärkt und der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen werden.
Zum vollständigen Wahlprogramm der Freien Wähler
LANDWIRT: Welche Lebensmittel liegen bei Ihnen im Kühlschrank? Was davon ist aus ökologischer Erzeugung, was kommt aus konventioneller Landwirtschaft und warum?
Aiwanger: Alles für den täglichen Verbrauch wie Fleisch, Milch, Käse, Wurst, möglichst aus regionaler Erzeugung. Konventionell ist nicht schlechter als bio, jeder Erzeuger sucht seinen Kunden.
Tierwohl, Umweltschutz, Klimaschutz – das alles steigert die Kosten für die Lebensmittelerzeugung. Gleichzeitig schaut die Mehrheit der Verbraucher und Verbraucherinnen immer noch auf den Preis. Was wollen Sie dafür tun, dass bayerische/deutsche Landwirte mit anderen Staaten mithalten können, die Lebensmittel mit niedrigeren Standards und deshalb günstiger erzeugen?
Die Produktion in Deutschland muss von unnützen kostentreibenden Auflagen befreit werden, sonst verlieren wir die Wettbewerbsfähigkeit und sterben in Schönheit.
Ab 2025 soll die bodennahe Gülleausbringung auch auf Grünland verpflichtend sein. An Alternativen, wie sie laut Düngeverordnung möglich wären, wird weder wissenschaftlich nennenswert gearbeitet, noch wird politisch darüber gesprochen. Wie stehen Sie zu den viel kritisierten „Güllewürsten“, welche Alternativen sind aus Ihrer Sicht sinnvoll und wie lassen sich diese in der Kürze der Zeit konkret umsetzen?
Wir Freie Wähler drängen seit mehreren Jahren auf Möglichkeiten, auf Grünland weiterhin mit Breitverteilung Gülle ausbringen zu dürfen. Das muss die bayerische Agrarpolitik in Berlin erreichen. Versuche in Bayern und praxistaugliche Vorschläge, z.B. Ausbringung bei kühlerer Witterung, müssen das untermauern.
Die Borchert-Kommission zum Umbau der Tierhaltung in Deutschland hat Ihre Arbeit eingestellt. Landwirte sehen keinerlei langfristige Sicherheit, wenn sie in mehr Tierwohl investieren. Wie wollen Sie diese den Tierhaltern in Bayern geben?
Das politische Ziel muss lauten, den Tierbestand nicht weiter zu reduzieren. Wir brauchen die heimischen tierischen Lebensmittel und Gülle/Mist als Dünger. Investitionen in teure Tierwohl-Standards müssten langfristig vertraglich abgesichert werden und es muss versucht werden, Lebensmittel-Einzelhandel und Kunden zu überzeugen, dass immer mehr Tierwohl-Forderungen praxisfremd sind und die heimische Produktion reduziert sowie den Import steigert. Wer zu heute geltenden Bedingungen bspw. eine Stallung errichtet, muss für eine gewisse Laufzeit Betriebssicherheit haben. Es kann nicht sein, dass fast täglich Gesetze geändert werden können und Landwirte wie Unternehmer mit einer derartigen Unsicherheit leben müssen.
Wie stehen Sie zu der These: die Rolle des bayerischen Landwirts wandelt sich immer mehr vom eigenständigen Lebensmittelproduzenten zum Landschaftspfleger, der von der Gesellschaft finanziert werden muss.
Wir brauchen dringend eine Umkehr des aktuellen Trends, der leider immer mehr in diese Richtung geht. Mehr fairen Markt, weniger ideologische Politik, welche die Landwirte bevormundet und sie in die Rolle des Subventionsempfängers je nach Kassenlage drängt, um sie am Ende doch fallen zu lassen.
Das Bild der Landwirte in der Gesellschaft ist geprägt von negativen Assoziationen wie Massentierhaltung, Klimakiller und Umweltsünder. Was sehen Sie im Bauern von nebenan und was wollen Sie konkret dazu beitragen, um das Image der Landwirtschaft zu verbessern?
Wir Freie Wähler und ich persönlich verteidigen die Leistung der Bauern offensiv gegen Ideologen, die den Landwirt aus der Gesellschaft verdrängen wollen, um an sein Eigentum zu kommen. Stilllegung der Wälder, Reduzierung der Tierhaltung und zunehmende Abhängigkeit von Importen muss verhindert werden! Auch der Kunde muss sensibilisiert werden, beginnend in den Schulen, ob er Schweinefleisch aus China, das in Hochhaus-Ställen produziert wird, lieber hat als vom heimischen Erzeuger. Der Bauer ist seit jeher sowohl Lebensmittelproduzent und Erhalter unserer Kulturlandschaft und die Bauernschaft stabilisiert unsere Gesellschaft. Das muss ausgebaut statt abgeschafft werden. Dafür trete ich aus Überzeugung ein und bekomme dafür viel Prügel.
SPD
Die SPD will junge Landwirte fördern, um die Zukunft der Betriebe zu sichern. Im Fokus ihres Programms steht eine nachhaltige Landwirtschaft. Weiteres Ziel: 30 % Öko-Landbau bis 2030. Die Konzentration von Agrarflächen auf Großbetriebe und außerlandwirtschaftliche Konzerne will die SPD mit veränderten Förderrahmen, Steuerprogrammen und der Durchsetzung bestehender Gesetze verhindern. Förderungen sollen nicht mehr nach dem Gießkannenprinzip ausgeschüttet werden. Wer Mehrleistungen für die Natur erbringt, soll mehr Förderungen bekommen. Um die Lebensgrundlage von Milchbauern zu erhalten, will die SPD Instrumente zur Stabilisierung des Milchpreises auf europäischer Ebene schaffen.
Zum vollständigen Regierungsprogramm der SPD
Die Pressesprecherin der BayernSPD hat mehrmals Antworten von Herrn von Brunn auf unsere Fragen zugesichert. Bislang sind noch keine bei uns eingegangen.
AfD
Die AfD will die Agrarpolitik aus der EU abziehen und zur Bundes- bzw. Ländersache machen. Wichtige Wertschöpfungsketten sollen vollständig im Land behalten und Überschüsse auf den Weltmarkt exportiert werden. Die Partei fordert einen gesunden Wettbewerb von ökologischem und konventionellem Landbau, ohne eine verordnete Zielquote. Der Wolf muss entnommen werden können.
Zum vollständigen Regierungsprogramm der AfD
Wir haben unsere Fragen mehrmals an die Pressestelle der AfD Landtagsfraktion geschickt. Außer einer automatische Antwort, man möge sich in dringenden Fällen an die Pressestelle wenden, haben wir keine Rückmeldung erhalten.
FDP
Die FDP will Tierhalter vor überzogenen Auflagen schützen. Eine feste Zielvorgabe für den Anteil ökologischer Landwirtschaft lehnt die Partei ab, staatliche Vorgaben zur landwirtschaftlichen Umstrukturierung sollen 20 Jahre Bestand haben. Das Kulturlandschaftsprogramm soll künftig nicht mehr Agrarumweltmaßnahmen, sondern die dadurch erreichten Ziele fördern. Flächenstilllegungen will die FDP nicht. Biber, Kormoran und Wolf sollen gezielt entnommen werden dürfen.
Zum vollständigen Wahlprogramm der FDP
Auf unsere Fragen und auch die Nachfrage, hat weder Martin Hagen persönlich, noch die FDP in Bayern bislang reagiert.
Was soll ich wählen?
Seit 2002 bietet die Bundeszentrale für Politische Bildung eine Wahlentscheidungshilfe an – den Wahl-O-Mat. Auf dieser Internetseite können Bürger politische Thesen bewerten und ihre Meinung mit den Meinungen der Parteien vergleichen.
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