Auslaufende Abgasnormen und Investitionsprämien: Das sind nur zwei der vielen Faktoren, die das Geschehen am Traktormarkt beeinflussen können – und 2021 auch haben. Insgesamt wurden 2021 in Österreich 7.525 Traktoren neu zugelassen, wie die Statistik Austria meldet (siehe Abbildung 1). Das ist ein ordentliches Plus von 29,6 % bzw. 1.720 Stück im Vergleich zu 2020 – und der höchste Wert seit acht Jahren. Diese Summe enthält 5.954 Standardtraktoren (+ 28,5 %), 824 Obst- und Weinbautraktoren (+35 %), 536 Kommunaltraktoren (+28,2 %) und 211 sonstige Traktoren (+52,9 %). Zu Letzteren zählen unter anderem Quads, ATVs und UTVs, die als Zugmaschinen für die Verwendung in der Land- und Forstwirtschaft typisiert sind.
Investitionsprämien und Abgasnormen
Die wegen der Corona-Pandemie häufig angeführten Verzögerungen in den Zulieferketten der Hersteller hatten also offensichtlich keine nennenswerten Auswirkungen auf die Verkaufszahlen. Für die beachtliche Steigerung der Neuzulassungen macht Rudolf Dietrich, Obmann des Club Landtechnik Austria (Club-LTA), drei Gründe aus: „Der Hauptfaktor waren sicher Investitionsanreize, allen voran die Covid-19-Investitionsprämie“, erläutert Dietrich. Als weiteren Grund vermutet der Club-LTA-Obmann die Sorge unter Landwirten vor einer Inflation („bevor das Geld umfällt…“), die tatsächlich jedoch erst rund um den Jahreswechsel kam. Als dritter Treiber der Zulassungszahlen ist wieder – ähnlich der Tractor Mother Regulation in 2017 – eine mit Jahresende ausgelaufene Rechtsnorm der EU auszumachen. Konkret müssen Motoren der Leistungsklasse 19 bis 37 kW (ca. 26 bis 50 PS) seit 1. Jänner 2022 die Abgasstufe V einhalten. So waren einige Hersteller von Kleintraktoren zu Jahresende 2021 dazu gezwungen, ihren Bestand von Stufe IIIA-Motoren rasch zu verbauen und diese Traktoren in den Abverkauf zu bringen oder selbst anzumelden (Erstzulassung vor dem Jahreswechsel). Das erklärt die teils enormen Zuwächse bestimmter „Exoten“, worauf wir weiter unten näher eingehen.
Ablöse auf Platz 3
Kommen wir zu den Standardtraktoren: Die 5.954 Neuzulassungen in 2021 bedeuten ein Plus von 28,5 % bzw. 1.322 Stück im Vergleich zu 2020. Für 2022 rechnet Rudolf Dietrich übrigens mit einem Rückgang auf rund 5.000 bis 5.300 Standardtraktoren. Die gesunkene Investitionsbereitschaft sieht er aus mehreren Gründen: Die Investitionsprämie fällt weg, die Preise für Betriebsmittel sind geradezu explodiert und die neue GAP bewirkt eine teilweise abwartende Haltung unter den Landwirten. Zudem fehlen heuer die künstlich hohen Zulassungen bei den Kleintraktoren aus 2021 – das Pendel schlägt hier in die andere Richtung aus.
Zurück in die jüngere Vergangenheit: Unangefochten bleibt Steyr bei den Standardtraktoren an der Spitze (siehe Abbildungen 2 und 3). Dennoch gibt es auch hier Überraschungen: die St. Valentiner knacken erstmals seit 2017 wieder die Schallmauer von 1.000 Stück (1.096, +186). Das ergibt einen Rückgang der Marktanteile um 1,2 Prozentpunkte auf nunmehr 18,4 %. Dennoch „eine beachtliche Leistung von Steyr. Große Marktanteile zu halten, ist eben schwierig. So entfallen über 700 Stück der Steyr-Neuzulassungen auf die Traktorbaureihen vom Multi aufwärts“, analysiert Dietrich.
Die Konzernschwester New Holland darf sich ebenfalls über ein großes Plus bei den Stückzahlen freuen: Sie stiegen um 229 auf 943 Standardtraktoren (das sind übrigens mehr als bei Steyr in 2020). Das macht einen kleinen Zugewinn des Marktanteils von 0,4 Prozentpunkten auf 15,8 % aus. Der große Gewinner 2021 heißt John Deere, der Fendt (knapp) vom 3. auf den 4. Platz verdrängt. Sowohl bei den Stückzahlen (+238 auf 753 Stück) als auch beim Marktanteil (+1,5 Prozentpunkte auf 12,6 %) gewinnt John Deere deutlich dazu. Damit hält der Hersteller jetzt wieder bei seinem durchschnittlichen Marktanteil der letzten Jahre (bis auf einen Rückgang in 2020). Fendt konnte zwar ebenfalls an Stückzahlen zulegen (+101 Traktoren auf 718), muss beim Marktanteil jedoch ein Minus von 1,3 Prozentpunkten auf 12,1 % wegstecken. Lindner bleibt auf Platz 5 (mit +30 Stück auf 508 Standardtraktoren), verliert aber 1,8 Prozentpunkte Marktanteil und hält jetzt 8,5 %. Rudolf Dietrich kennt die Hintergründe: „Lindner verkauft laut den Daten der Statistik Austria fast nur mehr Traktoren der Baureihe Lintrac. Unter den 508 Neuzulassungen sind nur 52 Geotracs, die sich vor ein paar Jahren noch gut verkauft haben. Betrachtet man die ,verkauften PS‘ oder den Umsatz – der Lintrac ist stärker und teurer als der Geotrac –, darf sich wohl auch Lindner über dieses Ergebnis freuen.“
Fast nur Zugewinne
Die weiteren Plätze von 6 bis 12 zeigen folgendes Bild: Massey Ferguson konnte bei den Stückzahlen ordentlich (+102 auf 349) und beim Marktanteil geringfügig (+0,5 Prozentpunkte auf 5,9 %) zulegen. Sehr ähnlich sieht es auch bei Deutz-Fahr (Platz 7) und Same (Platz 8) aus. Letzterer freut sich über einen größeren Sprung beim Marktanteil. „Auch bei Same dürften viele Traktoren im kleinen Leistungsbereich (Stichwort Abgasnorm) über Aktionen verkauft worden sein“, schätzt Dietrich. Damit wechselt Same den Rang mit Valtra. Die Finnen liegen jetzt auf Platz 9 und zeigen bis auf einen leichten Rückgang des Marktanteils wenig Veränderung. Claas konnte seine Verluste aus 2020 bei den Stückzahlen deutlich (+108 auf 270) und beim Marktanteil teilweise (+1,0 Prozentpunkt auf 4,5 %) wieder wettmachen. Schließlich gewinnt auch Case IH bei den Stückzahlen ordentlich (+74 auf 227) und beim Marktanteil leicht (+0,5 Prozentpunkte auf 3,8 %) dazu. Kubota fällt als einziger Hersteller bei den Stückzahlen deutlich ab (-26 auf 58). Das ergibt auch beim Marktanteil ein Minus (-0,8 Prozentpunkte auf 1,0 %).
Hier sehen Sie noch die gesamte Zulassungstatistik der Standardtraktoren:
Blicken wir noch auf die Marktanteile der einzelnen Konzerne (siehe Abbildung 4): CNH mit den Marken Steyr, New Holland und Case IH bleibt fast unverändert mit 38,1 % an der Spitze. Dahinter folgt der AGCO-Konzern mit den Marken Fendt, Massey Ferguson und Valtra. AGCO verliert nach dem Spitzenwert in 2020 leicht und hält nun einen Marktanteil von 22,9 %. Es folgen die beiden ungleichen Einzelmarken John Deere und Lindner: Der Abstand zwischen ihnen wird (nach 2020) wieder etwas größer. Dadurch tauscht Lindner (jetzt auf Rang 5) den Platz mit der SDF-Gruppe (jetzt auf Rang 4) mit den Marken Deutz-Fahr, Same und Lamborghini. Der SDF-Konzern bewegt sich seit fast 20 Jahren praktisch auf demselben Niveau, zuletzt mit 11,4 % Marktanteil.
Zuwachs in Spezialsektoren
Bei den Obst- und Weinbautraktoren vermeldet die Statistik Austria für 2021 insgesamt 824 Neuzulassungen. Das bedeutet ein Plus von 35 %. Der Club Landtechnik Austria teilt diese Kategorie nochmals auf in „Obst- und Weinbautraktoren“ sowie in „Traktoren mit vier gleich großen Rädern“. Hintergrund: Letztere werden nicht selten auch in reinen Grünland- oder Berggebieten eingesetzt. Auf die erste Rubrik entfallen 572 Stück, was einen Zuwachs von 47 % gegenüber 2020 ergibt. Insbesondere der asiatische Hersteller Lovol hat dabei enorm zugelegt und verdrängt damit – wenn auch nur knapp – Fendt von Platz 1 (siehe Abbildung 4). Das lässt sich wohl ebenfalls hauptsächlich mit der oben genannten, ausgelaufenen Abgasnorm begründen. Unter den schon länger etablierten Herstellern von Obst- und Weinbautraktoren konnten bis auf Case IH praktisch alle ihre Stückzahlen steigern. Bleibt noch die Kategorie der (Klein-)Traktoren mit vier gleich großen Rädern. Diese ist insgesamt um 11 % auf 252 Stück gewachsen. Der Platzhirsch Carraro konnte seine Führung nochmals deutlich ausbauen, auf nunmehr 216 Stück bzw. 85,7 % Marktanteil.
Bleibt noch die Kategorie der (Klein)-Traktoren mit vier gleich großen Rädern. Diese ist insgesamt um 11 % auf 252 Stück gewachsen. Der Platzhirsch Carraro konnte seine Führung nochmals deutlich ausbauen, auf nunmehr 216 Stück bzw. 85,7 % Marktanteil. Auch die Zweit- und Drittplatzierten, Pasquali und Ferrari, konnten sich steigern – wenn auch auf niedrigem Niveau. Ein ehemals bekannter Name ist übrigens ab nun nicht mehr in der Zulassungsstatistik vertreten: Holder wurde im Jänner 2021 von der Kärcher-Gruppe übernommen. Im Programm bleiben nur spezielle Kommunal-Geräteträger.
Wie praktisch sämtliche andere Segmente ist auch der Markt für Zweiachsmäher gewachsen (siehe Abbildung 6). So wurden in 2021 exakt 184 dieser Maschinen neu zugelassen. Das macht ein Plus von 37 % aus. Die Verhältnisse bleiben jedoch fast unverändert. Die beiden relevanten Hersteller legen deutlich zu, was die Stückzahlen betrifft: Reform kommt auf 122 Stück (+27), Aebi auf 58 (+19). Beim Marktanteil gibt es eine kleine Verschiebung von Reform hin zu Aebi. Der dritte Hersteller, Sauerburger, bleibt mit insgesamt vier Neuzulassungen am unteren Ende der Skala.
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