Warum gibt es E-Autos, aber noch kaum E-Traktoren?
Weil Auto und Traktor nicht vergleichbar sind.
Warum nicht?
Die meisten Menschen fahren mit dem Auto am Morgen zur Arbeit und am Abend wieder zurück. Da sind sie eine halbe Stunde bei geringem Energieaufwand auf der Landstraße unterwegs. Der Traktor hingegen braucht für die Feldarbeit viel Energie und muss oft zehn bis zwölf Stunden am Stück fahren. Die dazu notwendigen Batterien wären so groß und schwer, dass sie ab einer gewissen Leistung nicht mehr in den Traktor passen.
Ab welcher Leistung wäre das?
Bis zu einer Leistung von etwa 90 kW (Anm. Red.: rund 120 PS) könnte es noch funktionieren. Fendt hat beispielsweise 2017 mit dem e100 Vario einen E-Traktor mit 50 kW vorgestellt. Das Konzept ist: Verbrennungsmotor mit Kühlung etc. raus und Batterie mit zentralem E-Motor rein. Eine Batterie für Leistungen über 90 kW passt aber nicht mehr so recht in die Architektur eines Standardtraktors. Ganz extrem wird es bei besonders leistungsstarken Traktoren: Die Batterien eines 290-kW-Traktors (Anm. Red.: rund 400 PS), der zehn Stunden ohne Nachladen auf dem Feld arbeiten können soll, würden nach dem heutigen Stand der Entwicklung 6,5 m³ Platz benötigen und hätte ein Gewicht von rund neun Tonnen.
So wird gerechnet
Nehmen wir das Beispiel eines kleineren Traktors mit 70 PS. Diese Nennleistung entspricht ca. 50 kW. Die durchschnittliche Auslastung hängt bei Traktoren stark von der Größe und vom Einsatzprofil ab, für grobe Schätzungen kann man aber von 50 % ausgehen, was im vorliegenden Beispiel 25 kW bedeutet. Soll der Traktor zumindest vier Stunden ohne Nachladen betrieben werden, so braucht er eine Batterie mit 100 kWh Kapazität. Eine solche wiegt ca. 600 kg, ist 0,4 m³ groß und würde im Traktor Platz finden. Will man aber einen 180 kW starken Traktor für 10 Stunden bewegen, so braucht man eine Batteriekapazität von 900 kWh. Vier marktübliche Batterieblöcke mit je 225 kW wiegen aktuell rund 5,5 Tonnen, beanspruchen rund 4 m³ Bauraum und lassen sich in einem klassischen Traktor somit nicht unterbringen.
Der Schweizer Hersteller Rigitrac verfolgt eine Strategie mit mehreren, kleineren E-Motoren.
Ja, der Rigitrac hat vier kleinere EMotoren eingebaut: einen für den Fahrantrieb, je einen für die Heckund Frontzapfwelle und einen für die Hydraulikpumpe. Neben den Batterien brauchen diese natürlich auch ihren Platz. Dennoch gefällt mir dieser Ansatz gut, weil er eine Reihe an Vorteilen bringt: Die Zapfwelle läuft mit dem eigenen E-Motor sanft an, kann stufenlos variieren und sogar rückwärtslaufen. Anstelle der Verstellpumpe für die Arbeitshydraulik reicht eine günstige Zahnradpumpe, mit der im Zusammenspiel mit dem E-Motor trotzdem bedarfsgerechte Ölmengen zur Verfügung gestellt werden können. Ende dieses Jahres wird ein Kleintraktor für die Zielgruppe Kommunalbetriebe verfügbar sein. Nun wird an einem Modell für die Landwirtschaft mit 75 bis 80 kW gearbeitet.
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