Mit Ausnahme des Dinkels profitieren dieses Jahr die meisten Getreidearten von höheren Erzeugerpreisen. Andererseits verursachen die Produktionsmittel wie Dünger usw. wesentliche Mehrkosten. Aufgrund der Turbulenzen auf den Agrarmärkten ist eine Einschätzung, welches Getreide bei der nächsten Ernte mehr oder weniger lukrativ sein wird, kaum möglich. In vielen Fällen dürfte es richtig sein, das bisherige Anbauverhalten nicht gravierend zu ändern.
Virusgefahr und Resistenz
Das von Blattläusen übertragene Gelbverzwergungsvirus bedroht vor allem in der pannonischen Region die früh gesäten Wintergersten. Hier ist bei mildem Herbstwetter ein Verschieben des Anbaus in die zweite Oktoberwoche sinnvoll. Eine um Mitte Oktober auflaufende Saat ist dagegen kaum mehr gefährdet, weil es für die Blattläuse allgemein zu kühl ist. Aktuell gibt es fünf Sorten mit einer Resistenz gegen das Gelbverzwergungsvirus. Die stammt ursprünglich aus äthiopischen Landgersten. Die zweizeilige MILENA neigt zu Lager (Note 6) und passt für die extensivere Erzeugung und das Trockengebiet. Die mehrzeilige PARADIES (Lager 6) hat ihren Schwerpunkt auf Bioflächen. Hier kommen ihr der höhere Wuchs und die Konkurrenzkraft gegen Unkräuter zugute. Die frühreife und kurzhalmige LG ZEBRA ist standfest (Note 3) und ertragsstark. Weiters werden die EU-Sorten NOVIRA und SENSATION angeboten. Landwirte, die auf diese resistenten Sorten setzen, sollten aber trotzdem nicht allzu früh säen. Denn die Pflanzen können auch vom Weizenverzwergungsvirus infiziert werden. Der Virus wird durch Zikaden verbreitet und es gibt keine Resistenzen.
Zweizeilige Futtergersten
Trotz des etwas niedrigeren Ertrags nehmen die zweizeiligen im Vergleich zu den mehrzeiligen Gersten einen größeren Teil der Anbaufläche ein. Die feinere Spelze bedeutet weniger Rohfaser und einen höheren energetischen Futterwert. Außerdem liefern sie bei schnellerer Abreife infolge von Trockenheit oder Krankheiten meist noch ein akzeptableres Hektolitergewicht. Die neue LG CAMPUS hat in Ostösterreich und im Alpenvorland überzeugt. SU XANDORA ist ebenfalls mittel standfest (Note 5), reift einige Tage früher und tendiert bei Überständigkeit kaum zum Zusammenbrechen des Strohs. Wie SU Xandora erzielt auch BORDEAUX (Lager 4) ihren Ertrag mit dichten Beständen. Im Alpenvorland ist sie ziemlich ertragsstabil, sollte auf besseren Böden jedoch 800 bis 950 Ähren/m2 erreichen. Hingegen schöpft die großkörnige BIANCA (Lager 5) ich Potenzial bereits mit 650 bis 800 Ähren/m2 aus. Wegen der Neigung zum Ährenknicken soll sie in der Totreife nicht lang am Feld verbleiben. Die kurzhalmige und mittel standfeste (Note 5) SU LAUBELLA zählt zu den gesünderen Zweizeiligen und hat allgemein entsprochen. Die verwandten Sorten ZITA und LENTIA (Lager 4) zeigen befriedigende Leistungen, werden aber allmählich aus dem Anbau gedrängt. SANDRA (Lager 4) punktet mit einer guten Kornausbildung und einer hohen Futterqualität. Im Kornertrag unterschreitet sie die zuletzt registrierten Sorten aber oftmals. Die bereits 2007 zugelassene HANNELORE ist in der Standfestigkeit (Note 2) unerreicht. Sie hat ihren Platz vor allem auf Schlägen, die viel Stickstoff nachliefern.
Biosaatgut wurde von Bianca, Ernesta, Lentia, Milena, Sandra, SU Vireni und Zita produziert.
Mehrzeilige Liniengersten
Die Neuzüchtung VENEZIA (Lager 5) besticht durch eine hohe Blattgesundheit. Außerhalb Ostösterreichs wird man auf ein Fungizid gegen die Ramularia-Sprenkelkrankheit trotzdem kaum verzichten können. Im Pannonikum sollte Venezia die besseren Böden einnehmen, bei Wassermangel leidet die Kornqualität mehr. Die mittel standfeste (Note 5) CARIOCA hat die Erwartungen bestätigt, ihre besten Erträge zeigt sie im Feuchtgebiet. Trotz des hohen Wuchses ist SU JULE mittelgut standfest (Note 4) und in der Vollreife strohstabil. Auch JOURNEY (Lager 4) ist ein langhalmiger Einzelährentyp und hat durchwegs überzeugt. Die kompakte ADALINA (Lager 4) übertrifft hinsichtlich Kornausbildung und Hektolitergewicht manche zweizeilige Gersten, was Vermarktungssicherheit bedeutet. Die mittelgut standfeste (Note 4) KWS TONIC brachte insbesondere im Alpenvorland und der Steiermark gute Resultate. Bei der mittelfrüh reifenden FINOLA (Lager 5) kommt es auch in der Totreife kaum zu Halm- und Ährenknicken. Für Biobetriebe stehen Adalina, Azrah, Carioca, Finola, Michaela und die virustolerante Paradies bereit.
Wenige Hybridgersten
Seit 15 Jahren werden hierzulande Hybridgersten angebaut. Sie erreichen nur einen kleinen Marktanteil. Denn das Saatgut ist teurer und die Kornerträge bewegen sich lediglich auf dem Niveau leistungsfähiger Liniengersten. Auch die Behauptung einer besonderen Eignung für den späten Anbau hat sich in den Versuchen nicht bestätigt. WOOTAN ist mittel standfest, die in der Totreife schwächere Strohstabilität ist zu beachten. In Ostösterreich reagierte Wootan sensibler auf Trockenstress. Weiters werden die EU-Sorten SY GALILEOO und TOREROO angeboten.
Beste Winterbraugersten
Von Winterbraugerste werden wieder Anbauverträge aufgelegt, die Preisableitung wird aber noch verhandelt. Die Erzeugung erfolgt großteils im nordöstlichen Flach- und Hügelland. An diese Bedingungen sind die Sorten hinreichend adaptiert. Manche Futtergersten werden hier ertraglich übertroffen. Die teils schwächere Standfestigkeit wird bei den oft knappen Niederschlägen und einer braugerstengerechten Stickstoffgabe nur selten zum Problem. KWS DONAU erreicht auch bei zeitweiliger Wasserknappheit in der Milchreife meist noch einen hohen Vollkornanteil. Die etwas standfestere MONROE brachte auf mittleren und besseren Böden ähnliche Erträge. SONJA wurde im vergangenen Dezember registriert und ist etwas eiweißärmer. Die frühreife KWS AMARIS und die in Österreich noch nicht zugelassene PIROSKA befinden sich in großtechnischer Erprobung durch die STAMAG Stadlauer Malzfabrik.
Für Bioflächen sind KWS Donau, Monroe und Sonja vorhanden.
Herbstsaat Sommergerste
Die Sommerbraugerste wird von vielen Aufkäufern besser bezahlt als Winterbraugerste. Dies motiviert zum Anbau. Ist der Winter ähnlich mild wie in den letzten Jahren, schneidet in Ostösterreich eine im Herbst gesäte Sommergerste meist besser ab als bei herkömmlicher Saat im Frühjahr. Zur Frosthärte der Sorten sind die Daten ungenügend. Nach länger anhaltenden Kahlfrösten unter -10 °C sind deutliche Schäden bis Totalausfälle zu befürchten. Viele Landwirte gehen das Risiko dennoch ein, weil strenge Winter seltener vorkommen als Dürrephasen im Frühsommer. Angeboten werden die Sorten AMIDALA, AVUS, LEANDRA und SKYWAY. In den vergangenen drei Jahren brachten sie Kornerträge ähnlich den Winterbraugersten KWS Donau und Monroe oder darüber. Der im direkten Vergleich um 1 bis 1,5 % niedrigere Proteingehalt ist gerade im Trockengebiet ein Vorteil. Über den optimalen Sätermin gibt es unterschiedliche Meinungen. Ist eine Saat um den 15. oder 20. Oktober möglich, sollte man nicht mehr zuwarten. Die Novembergersten präsentierten sich in den Versuchen mehrheitlich ertragsschwächer.
Populationsroggen
Die Populationssorten sind tendenziell hochwüchsiger und frühreifer als die Hybriden. DAŃKOWSKIE TURKUS ist bei mittlerer Halmlänge mittelgut standfest (Note 4) und vergleichsweise ertragstreu. DUKATO (Lager 5) hat sich sowohl in der pannonischen Region als auch in raueren Anbaulagen bewährt. Für weniger lagerbelastete Standorte ist der mittelfrüh reifende ELIAS (Lager 6) vorgesehen. Wie Amilo und Dańkowskie Turkus entfaltet er eine gute Widerstandskraft gegen den Mutterkornpilz. Der hochwüchsige Amilo (Lager 6) übersteht Auswuchswetter mit geringeren Schäden.
Im Biolandbau werden mehr als 95 % Populationsroggen verwendet. Zusätzlich zu den genannten Sorten gibt es Saatgut von OBERKÄRNTNER und SCHLÄGLER sowie heterogenes Material von BERGLANDROGGEN. Als Grünschnittroggen sind Beskyd, Protector, SU Vector und die EU-Sorte Powergreen verfügbar.
Leistungsfähige Hybriden
Bei Roggen brachte die Hybridzüchtung markante Fortschritte. Das Ertragsplus beruht auf besser bekörnten Ähren bzw. bei manchen Sorten auch auf dichteren Beständen. KWS TAYO vereint einen kürzeren Wuchs mit einer mittelguten Standfestigkeit (Note 4) und ist ein sicherer Leistungsträger. Die standfesteren (Note 3) Sorten KWS JETHRO und KWS BERADO sind fast ebenso ertragsstark und bewahren bei regnerischem Wetter in der Reifephase lange die Qualität. KWS RECEPTOR (Lager 6) zählt zu den Hybriden mit der effizientesten Mutterkornabwehr. Auf guten Böden oder bei erhöhtem Stickstoffangebot empfiehlt sich die Anwendung eines Wuchsreglers. Erstmals am Markt ist KWS DETEKTOR (Lager 5). Er hat in den diesjährigen Prüfungen gut abgeschnitten. KWS FLORANO ist kürzer im Wuchs, standfest (Note 3) und passt für alle Anbaugebiete. Zwecks besserer Pollenschüttung und Befruchtung sind dem Saatgut von SU PERFORMER 10 % eines zeitgleich blühenden Populationsroggens beigemengt. Dies soll die Gefahr von Infektionen durch den Mutterkornpilz
verringern.
Biosaatgut gibt es von KWS Florano, KWS Gatano und KWS Tayo. Weil ein biologisch erzeugter Hybridroggen nicht allgemein akzeptiert ist, soll ein Anbau nur nach Abstimmung mit dem Aufkäufer der Ernte erfolgen.
Neue Triticale
Die Triticalesorten sind äußerlich und in ihren Werteigenschaften sehr verschieden. Der im Dezember registrierte SU LAURENTIUS ist standfest (Note 3), relativ krankheitstolerant, reift mittelfrüh und war Ertragssieger in den heurigen Versuchen. TRIMONDO (Lager 5) punktet mit Auswuchsfestigkeit und einer guten Kornqualität. Die 2022 ins österreichische Anbaugebiet vorgedrungene Gelbrostrasse wehrt Trimondo nur ungenügend ab. Der mittelfrüh reifende RIVOLT (Lager 4) ist ertragsfähig und eignet sich für alle Regionen. Die Anfälligkeit für Gelbrost ist mittel, von Ährenfusarium wird Rivolt wenig infiziert. RGT FLICKFLAC ist ein kurzstrohiger und stabiler (Lager 3) Bestandesdichtetyp. Er sollte nicht zu spät gesät werden. BREHAT wehrt die Rostpilze erfolgreich ab, ist leistungsfähig und neigt kaum zum Auswachsen. Auf die stärkere Lagerneigung (Note 7) ist Rücksicht zu nehmen. Der mittelgut standfeste (Note 4) KAULOS passt für weniger schneereiche Lagen. FIDEGO reift mittelfrüh, auf die Empfindlichkeit für Mehltau ist zu achten. BELCANTO kommt auch mit einer längeren Schneebedeckung gut zurecht, ist standfest (Note 3) und blattgesund; in der Reife färben sich die Ähren braun. CLAUDIUS (Lager 6) ist für Gelbrost nun weniger anfällig als früher. Er erzielt seinen Ertrag mit einer hohen Kornzahl pro Ähre, die Bestände dürfen nicht zu dicht geraten. Bei unbeständigem Wetter zur Reifezeit soll er bevorzugt geerntet werden. TRIBONUS zeigt einen mittelkurzen Wuchs, ist standfest (Note 3) und bringt eine gute Kornqualität. Er hat seinen Schwerpunkt auf besseren Böden und bei N-intensiveren Bedingungen, für schneereiche Lagen im Mühl- und Waldviertel und anderen Gebieten eignet er sich weniger. Der hochwüchsige TRICANTO (Lager 7) liefert gut ausgebildete Körner. Er ist für leichtere Böden und extensivere Produktionsweisen bestimmt. Der kurzhalmige und standfeste (Note 3) CAPPRICIA ist für dichtere Bestände mit 500 bis 600 Ähren/m2 dankbar, wertvoll ist die Auswuchsfestigkeit.
Für Biobetriebe bieten sich Belcanto, Borowik, Brehat, Cappricia, Claudius, Mungis, Presto, Riparo, Triamant, Tricanto, Trimondo und Tulus an.
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