Ein kurzes Bimmeln, gefolgt von einer Vibration ertönt im Raum. Manfred Derflinger sitzt am Küchentisch, den Blick in einen 1.000 seitigen Wälzer gerichtet, der jeden Roman in den Schatten stellt. Auf dem Einband steht schlicht und einfach BOR in großen Lettern. Ohne aufzublicken greift Derflinger langsam zum Handy und beginnt mit dem Daumen darauf herumzuwischen, immer noch den Blick auf das Buch gerichtet. Dann klappt er das Buch zusammen und seufzt. „Gestern war ich in der Steiermark und hab einen Vortrag gehalten. Jetzt bimmelt das Handy die ganze Zeit.“ Manfred Derflinger ist Landwirt aus dem oberösterreichischen Schleißheim und Initiator der Gruppe „Passion for farming“, einer Gruppe von Landwirten, die via Internet und WhatsApp vernetzt sind und sich intensiv mit der Pflanzen- bzw. Bodenernährung auseinandersetzen und sich über ihre Arbeit austauschen. Die Landwirte setzen dabei unter anderem auf die Lehren des Professors William Albrecht und dessen Schüler Neal Kinsey. Deren Kernaussage ist es, dass ein Großteil der Probleme mit Schaderregern und Mindererträgen durch mangelhafte Ernährung der Pflanzen resultiert. Dass das System funktioniert, zeigt der Betrieb Derflinger am Beispiel Wintergerste – einer Kultur, die zukünftig durch einen Mangel an fungiziden Wirkstoffen einem massiven Problem gegenüberstehen wird. „Ich schaffe bis zu zwölf Tonnen Wintergerste am Hektar im Feuchtgebiet und das ohne chemische Fungizide und Insektizide. Die Gerste bleibt dabei bis zum Schluss kerngesund“, so der 45 jährige Landwirt. „In der ausgewogenen Ernährung der Pflanze bzw. der Versorgung des Bodens liegt der Schlüssel.“
Kalk als Nährstoff
„Ein Befall von Schaderregern geht zu allererst mit einer schlechten Versorgung von Phosphor und Kalzium einher“, betont Derflinger. Beide sind für den Transport der Nährstoffe innerhalb der Pflanze mitverantwortlich. Sie müssen daher über die gesamte Vegetation immer ausreichend und vor allem pflanzenverfügbar vorhanden sein. Laut Derflinger reichte beim Phosphor (P) keine Schaukeldüngung und beim Kalzium (Ca) keine Ausgleichskalkung alle paar Jahre. Während viele Landwirte den Kalk fälschlicherweise als Maßzahl für den pH-Wert heranziehen, hebt Derflinger Ca als Pflanzennährstoff hervor. „Ein Boden enthält zwar einige Tonnen Kalk, das muss aber nicht heißen, dass es auch immer für die Pflanze verfügbar ist. Stichwort Trockenheit: Hier ist die Aufnahme durch die Wurzel schnell eingeschränkt und es kommt zum Stress.“ In diesem Fall gibt der Landwirt Kalk mit der Spritze übers Blatt. Zudem ist ein besonders fein vermahlener Kalk notwendig. Mehr als 90 % der Partikel müssen kleiner als 2 μm sein. Derflinger selbst kalkt alle zwei Jahre auf die Gerstenstoppeln vor der Zwischenfrucht.
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