Agrarpolitik8 Fragen und Antworten zum Mercosur-Abkommen

8 Fragen und Antworten zum Mercosur-Abkommen

Vor allem die Rinderhaltung in Südamerika bereitet den europäischen Landwirten beim Mercosur-Abkommen Sorgen.
Vor allem die Rinderhaltung in Südamerika bereitet den europäischen Landwirten beim Mercosur-Abkommen Sorgen.
Quelle: Anne Greenwood /shutterstock.com

Worum geht es beim Mercosur-Abkommen?

Das Abkommen soll den Handel zwischen der EU und dem südamerikanischen Staatenbund „Mercosur“ erleichtern. Dieser umfasst die Länder Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Durch das Abkommen sollen über 90 % der Zölle zwischen diesen Ländern und der EU wegfallen. Es ist geplant, die Zollverfahren einfacher und einheitlicher zu gestalten. Außerdem sollen 350 europäische Produkte mit geografischer Herkunftsangabe vor Nachahmung geschützt werden. Vertreter der EU und der Mercosur-Staaten haben fast 20 Jahre über den Inhalt verhandelt. Für den südamerikanischen Staatenbund wäre es das erste Freihandelsabkommen überhaupt.

Welche Waren sind von dem Freihandelsabkommen betroffen?

Betroffen sind vor allem Agrarprodukte aus Südamerika mit einem Handelsvolumen von 53 Mrd. Euro. Dazu gehören Fleisch, Soja und Ethanol. Im Gegenzug exportiert die EU Produkte wie Maschinen, Autos, Medikamente und verarbeitete Lebensmittel nach Südamerika. Der Wert: 55 Mrd. Euro. Es geht also um einen jährlichen Gesamt-Handelswert von 108 Mrd. Euro.

Warum sehen die europäischen Landwirte das Mercosur-Abkommen kritisch?

Die landwirtschaftlichen Produktionsstandards und -kosten sind in Südamerika niedriger als in der EU. Durch das Abkommen könnten so günstige Importe den europäischen Markt überschwemmen. Zudem gibt es gesundheitliche Bedenken hinsichtlich Hormonfleisch und Pestizidrückständen in importierten Lebensmitteln. Im Abkommen fehlen laut Kritikern Instrumente, welche diese Unterschiede zwischen den Standards ausgleichen. Ein Beispiel: In der EU ist die Verwendung von Hormonen wie Testosteron, Progesteron oder 17-beta-Östradiol zur Wachstumsförderung bei Rindern seit 37 Jahren verboten. In den Mercosur-Staaten, aber beispielsweise auch in den USA und Kanada, ist dies jedoch möglich und wird von dortigen Landwirten praktiziert. Dies führte in der Vergangenheit bereits zu Streit zwischen den USA und der EU.

Mit welchen Argumenten will die EU diese Kritik entkräften?

Für importierte Waren soll es festgelegte Kontingente geben, für die ein geringerer Zollsatz gilt. Bei Rindfleisch sind das z. B. 7,5 % für 76.000 t Produktgewicht (PG). Das ist die Hälfte der
bislang importieren Fleischmenge. Das Kontingent für Schweinefleisch liegt bei 20.750 t PG, bei Geflügel bei 180.000 t. Zum Start des Abkommens gilt jeweils ein Sechstel dieser Mengen. Janine Pelikan vom Thünen-Institut glaubt nicht, dass diese Fleischmengen zusätzlich auf den Markt kommen. Fleisch, das bisher außerhalb der Kontingente gehandelt wurde, wird ihrer Meinung nach künftig innerhalb gehandelt. Wahrscheinlich sei auch, dass Fleisch aus den Mercosur-Ländern Importe aus andern Staaten wie Neuseeland, Australien oder Chile verdrängen wird. Sollten durch die Erhöhung von Einfuhren Nachteile entstehen, könnte die EU auch eine Schutzklausel nutzen. Diese erlaubt es, Kontingente für bis zu maximal vier Jahre auszusetzen.

Wie wird die Einhaltung der Lebens- und Futtermittelstandards in Südamerika kontrolliert?

Die EU besteht darauf, dass alle importierten Produkte den europäischen Standards entsprechen. Fleisch von Rindern, die mit Hormonen zur Wachstumssteigerung behandelt wurden, darf also nicht importiert werden. Auch bei Marktfrüchten gelten folglich die gleichen Rückstandshöchstgrenzen wie in der EU. Allerdings gibt es Bedenken hinsichtlich der Durchsetzung und Kontrolle vor Ort, insbesondere bei Produkten wie Fleisch.

Welche Folgen hat das Abkommen möglicherweise für die Umwelt?

Im Abkommen sind Nachhaltigkeitsverpflichtungen enthalten. Kritiker sehen diese aber als nicht ausreichend verbindlich an. Daher könnten höhere Exporte von Rindfleisch und Soja dazu führen, dass vermehrt Regenwälder in Südamerika abgeholzt werden.

Gibt es auch Vorteile für europäische Landwirte?

Tierhalter, die importiertes Soja verfüttern, könnten von Mercosur profitieren. Aktuell liegen hier die Zölle z. B. noch bei 8 %. Allerdings steigt mit dem Abkommen der Dokumentationsaufwand in den Mercosur-Staaten und folglich steigen voraussichtlich auch die Preise. Freuen dürfen sich wohl auch die Produzenten von Veredlungsprodukten wie Wein oder Käse. Hier fallen die bisher hohen Zölle der südamerikanischen Länder weg und öffnen einen neuen Absatzmarkt.

Wie weit ist das Mercosur-Abkommen in der EU fortgeschritten?

Aktuell steht noch die Ratifizierung durch die EU und Mercosur aus. Im Dezember 2024 hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen das Abkommen unterzeichnet. Jetzt müssen aber noch EU-Rat, EU-Parlament sowie alle Parlamente der Mitgliedsstaaten grünes Licht geben. Aktuell stellen sich z. B. Frankreich und Österreich wegen Umwelt- und Tierschutzbedenken quer.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar im Leserforum auf Seite 14.

In seinem Kommentar erklärt LANDWIRT-Redakteur David Specht, wieso das Mercosur-Abkommen kein Abkommen für die Landwirtschaft ist – und was dennoch Hoffnung macht.

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