Schafe und ZiegenAngst vor der blauen Zunge

Angst vor der blauen Zunge

Erfahrungsbericht der Schäferei Rheinblick, Rheinland-Pfalz: „Bei den ersten Symptomen sehen die Lippen aus wie mit einer feinen Linie nachgezogen. Die Haut auf dem Nasenrücken wirkt gespannt. Danach verschlechtert sich der Zustand binnen zwölf Stunden und das Speicheln und die Schwellungen beginnen. Die Zunge verfärbt sich meist erst nach dem Ableben blau. Unsere Tiere wurden geimpft, doch wir haben bereits über 70 unserer 600 Schafe verloren.”
Quelle: Schäferei Rheinblick

Die Blauzungenkrankheit (englisch: Bluetongue, BT) wird durch ein Virus (BT-Virus, BTV) ausgelöst und befällt Haus- und Wildwiederkäuer sowie Kamelartige. Menschen können sich nicht infizieren. Die Krankheit wird von Gnitzen übertragen. Da diese Wärme für ihre Fortpflanzung brauchen, tritt die Krankheit üblicherweise vom Sommer bis zum Spätherbst auf. Menschenbedingte Übertragungen, z.B. durch Injektionsnadeln sowie eine Übertragung vom Muttertier auf das ungeborene Jungtier können vorkommen.

Symptome

Die Symptome können je nach Tierart und Virusvariante unterschiedlich sein. Schafe sind am stärksten betroffen, während Rinder und Ziegen mildere Symptome zeigen. Häufig sind Hautveränderungen (Ausfluss, Rötungen, Schwellungen, Blutungen) im Maul- und Nasenbereich, am Euter und im Klauensaum- bzw. Zwischenklauenbereich. Daneben kommt es auch zu Fieber, Lahmheiten und Aborten. In schwereren Fällen kommt es zu Stauungserscheinungen im Kopf- und Halsbereich, die zur namensgebenden blauen Zunge führen. Meist ist nur ein Teil einer Herde betroffen. Todesfälle kommen vor und sind bei Schafen häufiger als bei Rindern. Zur eindeutigen Diagnose ist eine Laboruntersuchung notwendig.

Aktuelle Situation in Europa

Die BT ist in Europa in vielen Ländern, besonders im Mittelmeerraum, verbreitet. Zudem tritt sie seit 2006 auch in Mitteleuropa auf und hat in den Jahren 2006/07 in einer großen Ausbreitungswelle viele nordwesteuropäische Länder betroffen. Damals wurden in vielen Ländern staatliche Impfkampagnen gegen den BTV-Serotyp 8 organisiert, die eine Weiterverbreitung deutlich eindämmten. In den Jahren 2015/16 kam es in Österreich zu einem weiteren, kleineren Seuchenzug mit BTV-4 als ursächlichem Erreger. Seit September 2023 breitet sich von den Niederlanden ausgehend BTV-3 aus und hat bereits den Süden Deutschlands erreicht. In Österreich beobachtet die AGES das BT-Geschehen in den umliegenden Ländern genau. Zudem wird seit vielen Jahren ein amtliches Monitoring durchgeführt, um ein Auftreten der BT in Österreich frühzeitig zu erkennen. In diesem Jahr wurden bereits mehr als 3.400 Proben aus allen Teilen Österreichs getestet.

Behandlung und Vorbeugung

Insektenschutz ein mögliches, wenn auch nicht immer praktikables Mittel zur Vorbeugung einer Infektion. Des Weiteren gibt es Impfstoffe, die jedoch bei Auftreten eines neuen BTV-Serotyps angepasst werden müssen. Wie bei jeder Impfung kann es nach der Grundimmunisierung, die je nach Impfstoff mehrere Teilimpfungen beinhalten kann, einige Wochen dauern, bis mit einem belastbaren Impfschutz zu rechnen ist. In Österreich ist die Impfung gegen Blauzungenkrankheit mit den dafür gestatteten Impfstoffen möglich. Es sind jedoch nicht notwendigerweise alle Impfstoffe erhältlich, daher sollte man sich bei Interesse an einer Impfung frühzeitig beim Betreuungstierarzt melden. Die Impfung ist selbst zu bezahlen. Wichtig ist, dass die Impfung der zuständigen Behörde gemeldet wird und die geimpften Tiere z.B. durch Ohrmarken eindeutig erkennbar sind. Die durch die Impfung verursachten Antikörper, die vor einer Infektion schützen sollen, sind nämlich nicht von denen unterscheidbar, die das Tier im Zuge einer Infektion ausbildet. Erkrankte Tiere können nur symptomatisch (z.B. Fiebersenkung, Vermeidung sekundärer Infektionen durch Antibiotikagabe) behandelt werden.

Rechtliches

BT ist eine meldepflichtige Erkrankung, ihr Auftreten bzw. auch schon der Verdacht muss der zuständigen Behörde gemeldet werden. Der Amtstierarzt wird im Fall eines Verdachtes Blutproben nehmen und diese an das Nationale Referenzlabor (AGES) senden. Sollte die BT festgestellt werden, setzt die Bezirksverwaltung Maßnahmen in Kraft, um eine Weiterverbreitung zu verhindern. Nachdem die Krankheit nicht direkt übertragbar ist, müssen betroffene Tiere üblicherweise nicht getötet werden. Meldungen aus den von der aktuellen BTV-3 Welle betroffenen Ländern lassen vermuten, dass die Anzahl neuer Ausbrüche bis zum Herbst noch steigt. Damit ist auch eine Ausbreitung Richtung Österreich möglich. Besorgte Tierhalter können sich über den aktuellen Stand jederzeit auf diesen Internetseiten informieren: www.ages.at, www.fli.de, www.verbrauchergesundheit.gv.at

 

 

Thema Impfung

Kommentar von Patrizia Reisinger, Schaf- und Ziegenzuchtverband NÖ

Eine Impfung gegen die Blauzungenkrankheit reduziert die Krankheitsausbrüche und die Viruslast im Tier. Einen vollständigen Impfschutz bietet sie jedoch nicht. Es kann dennoch zu Erkrankungen geimpfter Tiere kommen, insgesamt sind die Krankheitsverläufe aber deutlich milder. Im Falle einer Ansteckung ist es wichtig, dass die Tiere einen guten Gesundheitszustand aufweisen. Daher ist eine Kotprobenuntersuchung, sowie je nach Befund eine Parasitenbehandlung, zu empfehlen. Ebenso sollte kontrolliert werden, ob die Tiere ausreichend Mineralfutter, mit Selen, Vitamin B und E, zur Verfügung haben und dieses auch in den empfohlenen Mengen aufnehmen.

Kommentare

Warenkorb

Der Warenkorb ist leer.
Gesamt: 0,00