Die Schließung der Zuckerfabrik in Leopoldsdorf, der Verlust ganzer Produktionssparten durch den Abbau von Pflanzenschutzmitteln, neue Zölle, die CO₂-Bepreisung auf Mineraldünger sowie hohe Energiekosten und niedrige Produktpreise belasten die Branche enorm. Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Waldenberger betont, dass große Hoffnungen auf der neuen EU-Kommission ruhen, die eine stärkere Deregulierung und mehr Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit für die heimische Landwirtschaft verspricht.

Schlechte Versorgungslage
Mit der Ernte 2024 wurde die EU erstmals Nettoimporteur von Getreide. Zwischen Juli 2024 und Februar 2025 exportierte die EU 18,74 Millionen Tonnen, während gleichzeitig 19,2 Millionen Tonnen importiert wurden. Besonders betroffen ist Weizen. Die historisch schlechte Weizenernte in Frankreich und Deutschland reduzierte das europäische Angebot. Gleichzeitig wächst der Wettbewerb durch russisches und ukrainisches Getreide. Die Lagerbestände für EU-Weizen sind auf den niedrigsten Stand seit über 13 Jahren gefallen. Waldenberger betont, dass nicht allein der Klimawandel für die Rückgänge verantwortlich sei. Auch der massive Abbau von Pflanzenschutzmitteln und hohe Energie- und Düngerkosten hätten entscheidend zur schwachen Ernte beigetragen.
Pflanzenschutz in der Sackgasse
Seit Jahren nimmt die Zulassung neuer Pflanzenschutzmittel in der EU ab. Der letzte chemisch-synthetische Wirkstoff wurde 2019 zugelassen, der letzte Bio-Wirkstoff 2022. Die Folge sind Resistenzen bei Unkräutern und Schadinsekten, die zunehmend auch Ertragseinbußen bei Getreide verursachen. Frankreich und Deutschland haben dies bereits schmerzhaft erlebt. Die neue EU-Kommission zeigt sich offen für eine Trendumkehr. Auch der Agrarministerrat fordert eine automatische Zonenzulassung für Pflanzenschutzmittel. Das bedeutet, dass ein Mittel, das beispielsweise in Deutschland zugelassen wurde, automatisch auch in Österreich zugelassen wäre. Diese Maßnahme soll den Landwirten schnellere und effizientere Lösungen bieten, um den zunehmenden Herausforderungen im Pflanzenbau zu begegnen.

Gefahr steigender Preise
Die Preise für Stickstoffdünger steigen kontinuierlich. Während der Dutch TTF-Gaspreis zwischen Mai 2024 und Februar 2025 stark schwankte, haben die Düngerpreise deutlich angezogen. Im Juni 2024 kostete NAC noch 360 Euro pro Tonne. Im Frühjahr 2025 liegt der Preis bereits über 500 Euro pro Tonne. Ein Grund für die steigenden Preise sind die von der EU geplanten Zölle auf russische Düngerimporte. Diese betreffen rund 25 Prozent der in der EU verwendeten Dünger. Ab 1. Juli 2025 sollen die Zölle auf Stickstoff- und Mehrnährstoffdünger schrittweise steigen. Gleichzeitig werden die Importquoten gesenkt, was das Angebot verknappen dürfte.
CO₂-Bepreisung
Zusätzlich zu den Zöllen müssen europäische Düngemittelhersteller ab 2026 CO₂-Zertifikate kaufen. Der aktuelle Preis liegt bei 82 Euro pro Tonne CO₂. Ab 1. Januar 2026 tritt der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) in Kraft. Folge: Stickstoffdünger wird um 80 bis 100 Euro pro Tonne teurer. Waldenberger warnt, dass sich der wichtigste österreichische Stickstoffdünger ab 2026 um 20 Prozent verteuern wird. Dies würde die Deckungsbeiträge von Mais und Getreide weiter senken und die EU-Landwirte im Wettbewerb mit Drittstaaten schwächen. Diese Maßnahmen sollten eigentlich die heimische Landwirtschaft stärken. Stattdessen führen sie zu noch höheren Produktionskosten. Die EU-Kommission muss hier dringend gegensteuern.
Zuckerindustrie unter Druck
Die Schließung der AGRANA-Zuckerfabriken in Leopoldsdorf und Hrušovany hat die Branche stark verunsichert. Rund 250 Arbeitsplätze gehen verloren. Die österreichische Eigenversorgung mit Zucker ist gefährdet. Die Landwirtschaftskammer fordert nun eine Modernisierung und Kapazitätserweiterung der letzten verbleibenden Zuckerfabrik in Tulln. Eine weitere Schließung würde die österreichische Zuckerproduktion massiv gefährden und die Abhängigkeit von Importen verstärken.

AMA-Gütesiegel für Ackerfrüchte
Mit Jahresbeginn 2025 ist die dritte und letzte Richtlinie zum AMA-Gütesiegel Ackerfrüchte in Kraft getreten. Damit sind alle Basiskriterien von der Produktion bis zum Handel fixiert. Erstmals darf Brot und Gebäck mit dem AMA-Gütesiegel ausgezeichnet werden. Es garantiert, dass das verwendete Getreide in Österreich angebaut, geerntet, gelagert, gemahlen und gebacken wurde. Die Landwirtschaftskammer empfiehlt allen Ackerbauern, sich bis 15. April für die Ernte 2025 beim AMA-Gütesiegel Ackerfrüchte anzumelden, um bessere Vermarktungschancen zu sichern.
Starke Züchtung
Das Pflanzenbaujahr 2024 war geprägt von Wetterextremen. Hitze von Juli bis September war für drei Viertel der Ernteschäden in Oberösterreich verantwortlich. Die Züchtung klimafitter Sorten gewinnt daher an Bedeutung. Trotz neuer Technologien bleibt die klassische Kreuzungszüchtung entscheidend für die Entwicklung widerstandsfähiger Pflanzen. Der Griff zu Originalsaatgut sichert langfristig die heimische Sortenentwicklung.

Die Hagelversicherung
Ein gut entwickeltes Versicherungssystem wie die Hagelversicherung kann die finanziellen Risiken für Landwirte minimieren. Besonders die Dürreindexversicherung wird zunehmend genutzt. Die neu eingeführte Agrar Universal Spezial entschädigt Ertragsausfälle nun besser bei hohem Niederschlagsdefizit. Solche Maßnahmen helfen, die wirtschaftlichen Folgen von Wetterextremen abzufedern.
Fazit
Die heimische Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen. Steigende Produktionskosten, zunehmende Regulierung und Handelskonflikte verschärfen die Situation. Die Landwirtschaftskammer fordert daher eine Kurskorrektur in der Agrarpolitik, um die Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Eine stärkere Deregulierung, der Erhalt wettbewerbsfähiger Rahmenbedingungen und gezielte Fördermaßnahmen für nachhaltige Produktion sind notwendig, um den Ackerbau langfristig zu sichern.
Quelle: LK Oberösterrecih
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