In Süddeutschland kultivieren die Landwirte die Sojabohne seit den 80er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Ende der 1980er stieg die Anbaufläche auf rund 4.000 ha an. Grund waren leider nur kurzfristig gestützte Preise, denn danach fiel die Anbaufläche wieder deutlich, auf unter 1.000 ha, ab. Die Produktion entwickelte sich im Umfeld dreier Aufbereitungsanlagen für Futtermittel sowie eines Lebensmittelherstellers mit Vertragsanbau in Bayern (ab 1989 bzw. 2005) und Baden-Württemberg (ab 1988 bzw. 1996). Bereits 1980 gründeten an der Sojabohne interessierte Züchter, Landwirte und Verbraucher, zusammen mit Beratern und Forschern der Universität Hohenheim, den Verein Sojaförderring, dem sich später dann auch Hersteller von Futter- und Lebensmitteln anschlossen. Die Mitglieder hielten Ausschau nach Sorten, die sich auch für den Anbau nördlich der Alpen eigneten – also Sorten aus Kanada und Österreich. Sie gaben den Landwirten zudem auch Hilfestellung bei Fragen des Anbaus und der Kulturführung. Damit legten sie die Basis für den erneuten Aufschwung im Jahr 2009.
Sortenentwicklung
Der Anbau in Baden-Württemberg beschränkte sich zu Beginn auf das warme Ge- biet am Oberrhein. In Bayern entwickelte sich der Anbau hingegen erst einmal in den nicht ganz so begünstigten Lagen Schwabens und Oberbayerns. Dort waren robuste, sicher abreifende Sorten gefragt. Erste Versuche gab es mit der aus Kanada importierten, besonders frühen Sorte Gentleman. Die Hauptsorte, die sich bis heute gehalten hat, wurde aber Merlin. Obwohl die Anbaubedeutung von Soja begrenzt war, gab es sowohl in Süd-, aber auch in Ostdeutschland durchgängig Sortenprüfungen auf Länderebene. Hier wurden jedes Jahr mehrere neue Sorten der Reifegruppen 00 und 000 – hauptsächlich von Zuchtunternehmen aus Österreich, Frankreich und der Schweiz – geprüft. Längere Zeit konnten sich die Sorten Lissabon und Sultana aus dem sehr frühen Sortiment und aus dem späteren ES Mentor halten. Die späteste Sorte Silvia PZO spielt nur in den wärmsten Lagen des Oberrheingebiets sowie im unterfränkischen Trockengebiet eine begrenzt bedeutsame Rolle.
Europa züchtet wieder
Die Züchtung von Sojasorten ist im Vergleich zu Getreide, Raps oder auch Mais ein relativ mühsames Geschäft. Die Vermehrungsraten sind gering und als Selbstbefruchter ist der Saatgutwechsel geringer als beispielsweise bei Mais, wo die Hybriden überwiegen. Die überschaubaren Zuchtprogramme in Frankreich, der Schweiz und Österreich wurden deshalb wiederholt in Frage gestellt. Nach einem Rückgang der Anbaufläche in Österreich von 54.000 ha im Jahr 1993 auf 13.700 im Jahr 2002 wurde die dortige Züchtung mangels wirtschaftlicher Perspektive sogar vorübergehend eingestellt. Und das obwohl ein erst Anfang der 1990er- Jahre aus der DDR übernommenes Zuchtprogramm neue Impulse gebracht hatte. Mit dem wachsenden Markt für Lebensmittel „ohne Gentechnik“ wuchs die Sojafläche wieder, beginnend 2004 in Österreich. Hinzu kam die Einführung neuer Züchtungsmethoden (Marker-gestützte Züchtung) bei Sojabohnen. Damit boten sich der Züchtung in Europa wieder wirtschaftliche Perspektiven: In Österreich stieg die Saatzucht Donau 2006 und verstärkt 2011 wieder in die Sojazüchtung ein. In Deutschland begann die Landessaatzuchtanstalt an der Universität Hohenheim ab 2009 mit der Züchtung frühreifer Qualitätssorten für den Lebensmittelbereich. 2014 startete auch die bayerische LfL ein Zuchtprogramm für ertragreiche Futtersorten. Frankreich meldet aus zwei Zuchtprogrammen jedes Jahr auch einige Sorten der Reifegruppen 00 und 000 an. Aber auch das Zuchtprogramm der Schweiz brachte über die Jahre einige Dutzend Sorten auf den Markt.
Vorbildwirkung
In den Zeiten der Anbauflaute zogen sich viele Firmen aus dem deutschen Markt zurück, doch in den vergangenen Jahren verzeichnen wir eine stete Rückkehr und den Eintritt neuer Firmen. Soja gehört inzwischen bei vielen Züchtern und Händlern zum Saatgutsortiment. Betrachtet man die Entwicklung der deutschen Soja-Anbaufläche von 700 ha 2008 auf 24.100 ha 2018, lässt sich das steigende Interesse durchaus nachvollziehen. Zu dieser Entwicklung beigetragen hat sicher das Vorbild Österreichs als Nachbarn von Bayern. Hier wurde gezeigt, dass Soja eine interessante Bereicherung von Fruchtfolgen und Wertschöpfungsketten sein kann. Auch die Politik hat dies erkannt und im Rahmen von Eiweißpflanzeninitiativen des Bundes und der Länder mit der Förderung von Forschungsprojekten und Demonstrationsnetzwerken zur Verbreitung des Anbauwissens in der Praxis unterstützt. In Österreich nahm Soja 2018 mit 67.400 ha bereits einen Anteil von 5 % der gesamten Ackerfläche ein. In Bayern und Baden-Württemberg ist die Anbaufläche mit 19.600 ha – was etwa 0,66 % der Ackerfläche entspricht – aber noch bescheiden. Selbst die mittelfristig anvisierten 100.000 ha würden erst 3,5 % der Ackerfläche dieser beiden Bundesländer ausmachen.
39 Sorten im Angebot
2018 umfasste das Angebot der vom Sojaförderring abgefragten Züchterhäuser und Händler 39 verschiedene Sorten. Davon wurden nur 16 Sorten auch in Deutschland vermehrt. Von den meisten Sorten muss also Saatgut für den deutschen Markt importiert werden. In der Regel sind die Sorten mit den besten Versuchsergebnissen schnell ausverkauft. Die Rangfolge ändert sich jedoch oft in Abhängigkeit von den Standortbedingungen. Entscheidend sind hier das benötigte Wärme- und Wasserangebot. Die Anbaueignungskarte für Sojabohnen in Deutschland zeigt, dass die Ackerbaugebiete Süddeutschlands häufig gute bis sehr gute Anbaubedingungen für die Sojabohne bieten. Dort gedeihen aber auch andere Kulturen sehr gut. Bei Soja hängt die Anbauentscheidung nicht nur am Preis, sondern auch an der Entfernung zur nächsten Erfassungsstelle. Hier hat sich die Anzahl in Süddeutschland in den letzten Jahren deutlich verringert. So konzentriert sich der Anbauschwerpunkt der Sojabohne in Bayern derzeit auf die Gebiete zwischen Augsburg, Passau und Regensburg sowie auf den Raum Würzburg. In Baden-Württemberg liegen die Schwerpunkte des Anbaus heute einerseits immer noch im Rheintal, dort mit einem Ökoanteil von etwa 25 %. Seit der Einrichtung einer Aufbereitungsanlage im Kraichgau kam im nördlichen Landesteil eine inzwischen sogar größere Fläche hinzu. Nach der Auswinterung von Wintergetreide, den Spätfrostschäden bei Mais vor einigen Jahren, gepaart mit rückläufiger Wirtschaftlichkeit von Winterraps, bekam Soja dort seine Chance und die Landwirte nutzten sie.
Schwankende Erträge
Damit der Landwirt aus dem verfügbaren Angebot die beste Wahl treffen kann, benötigt er Sortenversuchsergebnisse von einem zu seiner Situation passenden Standort. In Bayern und Baden-Württemberg deckt das Netz der Sojaversuche die verschiedenen Anbaugebiete ganz gut ab. In Bayern eignen sich das unterfränkische Trockengebiet um Würzburg, der Gäuboden südlich von Regensburg und das Rottal auch für den Anbau von 00-Sorten. In Freising und im Raum Augsburg beschränkt sich das Sortiment meist auf die 000-Sorten. Während die Trockenheit 2018 in Deutschland nördlich der Mainlinie erhebliche Ertragseinbußen bis hin zum Totalverlust auf durchlässigen Böden bewirkte, hielt sich der Trockenstress in Bayern in Grenzen. So kamen bei Versuchen im Rottal und in Freising im Mittel der Sorten 47 bzw. 47,7 dt/ha zusammen. Im Raum Würzburg und Augsburg gab es immerhin 40 dt/ha. In Baden-Württemberg lag der mittlere Versuchsertrag an einem Standort in Gäulage bei Tübingen sowie auf einem tiefgründigen, gewässernahen Standort bei Karlsruhe bei 38 dt/ha. Im Oberrheingebiet, wo auf besseren Böden üblicherweise 40 dt/ha und mehr geerntet werden, begrenzten Trockenheit und Hitze die Erträge 2018 dagegen auf 24 bzw. 27,3 dt/ha. Erstmals seit vielen Jahren kam es auch wieder einmal zum Phänomen des Hülsenplatzens. Dies umso mehr, da die Hülsen bei der extremen Hitze bereits reif waren, als erst etwa die Hälfte der Blätter abgefallen war. Dies hatte zur Folge, dass viele Landwirte zu spät mit der Ernte begannen. So sank der bundesweite Praxisertrag von 34,7 dt/ha im Jahr 2017 auf 25,9 dt/ha 2018. Unter den optimalen Witterungsbedingungen des Jahres 2017 wurden in den Versuchen von Bayern zwischen 42,5 und 53,7 dt/ha gedroschen. In Baden-Württemberg waren es zwischen 41 und 47 dt/ha. Der Vergleich zwischen den beiden Gebieten legt nahe, dass es bei ausreichender Wärme auf das Wasserangebot ankommt. In den wärmsten Gebieten kommt es dagegen in heißen Jahren häufiger zu einem ertragsbegrenzenden Trockenstress. Dann können auch 00-Sorten ihr höheres genetisches Ertragspotenzial nicht ganz ausschöpfen. Den Höchstertrag bringen dann oft die Übergangssorten im Bereich 000/00. Dies spricht dafür, in Süddeutschland bei der Wahl der Reifegruppe nicht an den oberen Rand zu gehen. Bei immer neuen Hitzerekorden droht leicht in Vergessenheit zu geraten, dass auch wieder einmal ein kühleres Jahr mit ungünstiger Erntewitterung kommen könnte. In solchen Jahren ist der Landwirt meist froh, wenn er eine etwas früher abreifende Sorte noch im September dreschen kann. Insbesondere im niederschlagsreicheren Gebiet ist dann auch eine standfestere Sorte im Vorteil. Hier fallen die Blätter ungehindert ab und die Bohnen trocknen leichter. Im Trockengebiet sind dagegen die standfesteren Sorten des semi-determinierten, im Wachstum begrenzten Wuchstyps, öfter einmal im Nachteil. Wenn es nach einer längeren Trockenheit wieder regnet, profitieren sie kaum mehr davon, da sie ihre Entwicklung dann oft schon abgeschlossen haben.
Kommentare