BioBio-MarktDeutsche Bio-Richtlinien für Österreich?

Deutsche Bio-Richtlinien für Österreich?

Rund 30 Prozent der österreichischen Bio-Milch wird exportiert. Dieser Sektor ist aktuell am stärksten von den Entwicklungen rund um Naturland betroffen ist.
Quelle: © BIO AUSTRIA / Zwicklhuber

Anstoß dieser Entwicklung ist die vertragliche Kooperation deutscher Bio-Verbände mit dem deutschen Lebensmitteleinzelhandel. Insbesondere seit dem Beginn der Kooperation 2021 von Naturland mit Aldi, nahm das Wachstum des deutschen Bio-Verbandes in Österreich Fahrt auf. Speziell Molkereien, die sich schon Jahre zuvor einen wichtigen Markt in Deutschland aufgebaut haben, sehen sich zunehmend mit der Forderung nach Naturlandzertifizierungen durch deutsche Handelsketten konfrontiert. Rund 30 Prozent der österreichischen Bio-Milch wird exportiert. Das ist auch der Grund, warum dieser Sektor aktuell am stärksten von den Entwicklungen rund um Naturland betroffen ist. Zudem sind auch der Geflügelsektor, sowie einzelne Produktgruppen im Speisegetreidebereich, Obst und – in jüngster Zeit auch – der vorgelagerte Bereich für die Futtermittelherstellung mit dem Thema Naturlandzertifizierung konfrontiert.

Österreichische Bio-Ware in Deutschland beliebt

Zusätzlich befeuert wird diese Entwicklung von der guten Nachfrage nach Bio-Produkten am deutschen Markt und der dort unzureichenden Eigenproduktion von Bio-Rohstoffen. Grundsätzlich eine gute Entwicklung, denn ein gesunder Wettbewerb bringt auch neue positive Preisdynamiken für österreichische Produzenten. Hier müssen heimische Verarbeiter und Abnehmer auch mithalten, um sich wertvolle heimische Bio-Rohstoffe aus Österreich für die Versorgung der heimischen Märkte langfristig sichern zu können. In vielen Bereichen gibt es mittlerweile mehr Nachfrage als Angebot – speziell bei Bio-Eiern und Bio-Rindfleisch. Vom Bio-Milchmarkt hört man vielerorts, dass jeder Liter Bio-Milch gut verwertet werden kann und auch Mischfutterwerke ringen um jedes Kilo heimisches Bio-Getreide. Letzteres ist vor allem deshalb wichtig, wenn es darum geht, heimische Wertschöpfungskreisläufe zu schließen. Vom Feld bis zum Teller – alles in heimischer Bio-Qualität – zu weiten Teilen abgesichert und nachgefragt von den großen Handelsketten wie Billa (Rewe), Spar und Hofer.

Rohstoffe aus aller Welt in Österreich

Die über Jahrzehnte in Österreich aufgebauten Strukturen im Bio-Bereich scheinen nun unter Druck zu kommen. Ein wesentliches Werkzeug war und ist immer die Absicherung des Heimmarktes für die heimische Bio-Qualität. Dadurch konnte sich die Bio-Produktion in Österreich erst in dieser Form entwickeln und Österreich zum Bio-Weltmeister werden. Dabei gilt das Prinzip, heimisches Bio-Futter für hiesige Bio-Tiere sicherzustellen. Diese Strukturen könnten mit den aktuellen Entwicklungen rund um Naturland zunehmend verwässert werden. Denn immer mehr naturlandzertifiziertes Futter von europäischer oder globaler Herkunft könnte somit in die österreichischen Warenströme gelangen. Naturland ist ein global agierender Bio-Verband bei dem die Rohstoffherkunft eine untergeordnete Rolle spielt.

Naturland lehnt Anerkennung ab

Bio Austria bemüht sich seit vielen Jahren um eine Anerkennung seines vergleichbaren Qualitätsstandards durch Naturland. Naturland lehnt das ab und möchte jetzt seinerseits neue Verbands- und Qualitätssicherungsstrukturen in Österreich aufbauen, wodurch die Einigung der österreichischen Bio-Verbände konterkariert wird.

„Am sinnvollsten wäre eine gegenseitige Anerkennung der ohnehin ähnlichen Verbandsqualitäten. Wir bedauern, dass dies bisher von Naturland kategorisch abgelehnt wird. Zumindest aber müssen Doppelgleisigkeiten bei Kontrolle und Zertifizierung abgebaut werden. Hier braucht es einen vernünftigen Zugang der Marktteilnehmer. Denn sonst wird das gesamte System verteuert und bestehende österreichische Strukturen im Bio-Bereich nachhaltig geschwächt. Ich fordere daher alle Partner der Wertschöpfungskette auf, sich nicht voreilig und vorbehaltlos der Naturland-Zertifizierung zu unterwerfen, sondern in erster Linie die heimischen Strukturen zu stärken“, fordert Landwirtschaftskammer OÖ-Präsident Franz Waldenberger eindrücklich. Bio Austria zeigt sich auch gesprächsbereit für eine Kooperation auf Augenhöhe. Essentielle Strukturen für die Qualitätssicherung, wie das Futtermittelherkunfts- und Qualitätssicherungssystem am heimischen Bio-Markt, stehen allerdings nicht zur Disposition.

Quelle: aiz.info

Naturland hat dem LANDWIRT folgende Stellungnahme zu vorangegangener Meldung zukommen lassen:

Die Entwicklung des Bio-Markts in Österreich war traditionell dadurch gekennzeichnet, dass produzierte Überschüsse eben nach Deutschland exportiert wurden. Dagegen wurde eine strategische Entwicklung verbandseigener Markenzeichen der Bio-Verbände verabsäumt. Die starke Entwicklung von Naturland in Österreich hat ihren Ursprung in dieser Situation.
Das Naturland-Zeichen als starke und verbandseigene Bio-Marke schafft nicht nur Absatzmöglichkeiten im Handel, sondern sichert zugleich die Deutungshoheit der Bäuerinnen und Bauern darüber, was Bio ist und wie es produziert wird. Dabei steht das Naturland-Zeichen für ein umfassendes Qualitätsversprechen über die gesamte Wertschöpfungskette – vom Landwirt über die Verarbeitung bis zur Kennzeichnung auf dem Endprodukt im Handel. Dieses Qualitätsversprechen geht über die Vorgaben der EU-Öko-Verordnung sowie anderer Bio-Verbände hinaus und umfasst zum Beispiel auch Aspekte wie eine zusätzliche Tierwohlkontrolle sowie Sozialstandards.
Die Naturland-Zertifizierung sichert den derzeit 2.300 österreichischen Mitgliedsbetrieben dadurch wichtige Absatzmöglichkeiten im deutschen Handel und trägt zugleich dazu bei, auch die Regionalität österreichischer Bio-Produkte im heimischen Markt zu stärken. Schon heute sind erste Naturland-zertifizierte Produkte mit Herkunftsauszeichnung „Österreich“ im österreichischen Einzelhandel erhältlich.
Insgesamt leistet Naturland damit einen aktiven Beitrag zur positiven Weiterentwicklung von Bio in Österreich. Dabei ist es unser Anliegen, mit allen Bio-Verbänden im Land vertrauensvoll und konstruktiv zusammenzuarbeiten und eine Mehrbelastung von Betrieben mit Doppelmitgliedschaft zu vermeiden. Zu diesem Zweck wurden Vereinbarungen zur Rabattierung der Mitgliedsbeiträge mit Erde & Saat als auch mit Bio Austria geschlossen.
Darüber hinaus gibt es Gespräche mit Bio Austria über eine gegenseitige Anerkennung der jeweiligen Systeme zur Qualitätssicherung im Futtermittelbereich. Denn auch im Futterbereich hat die Regionalität für Naturland oberste Priorität. Um die Regionalität der Futterversorgung abzusichern, will Naturland überdies gezielt neue Ackerbaubetriebe in Österreich auf Bio umstellen.

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