Die Ernte ist zwar noch nicht vollständig abgeschlossen, dennoch lässt sich eine vorläufige Bilanz ziehen. Das Jahr begann mit ungewöhnlich hohen Temperaturen, gefolgt von einem abrupten Kälteeinbruch im April. Der Sommer war geprägt von hohen Temperaturen und Extremwetterereignissen. Trotz dieser Herausforderungen konnte eine zufriedenstellende Ernte erzielt werden.
Gravierende Wetterveränderung
Seit einigen Jahren verlangt der Klimawandel mit gravierenden Wetterveränderungen viel Anpassungsfähigkeit von Landwirten. Die Reaktionen der verschiedenen Sparten sind dabei unterschiedlich, erläutert LK-Präsident Josef Hechenberger. In der Landwirtschaft arbeite man mit und in der Natur und müsse sich an die wechselnden Bedingungen anpassen. Obwohl dies aufgrund des Klimawandels immer schwieriger werde, seien in diesem Jahr dennoch überwiegend zufriedenstellende Ernten erzielt worden. Besonders empfindliche Kulturen wie Gemüse und Obst seien zunehmend auf Bewässerungsanlagen und Hagelschutz angewiesen. Mit Blick auf den Osten Österreichs hebt Hechenberger hervor, dass man großes Glück gehabt habe, von Extremwetterereignissen verschont geblieben zu sein.
Klimafitte Sorten
Um sich langfristig anzupassen, setze die Landwirtschaft bereits auf „klimafitte“ Sorten. Die Landwirtschaft sei schon immer ein Ort der Innovation und des Einfallsreichtums gewesen. Man unterstütze zukunftsfähige Ideen und biete Bildungs- und Beratungsangebote an, um eine erfolgreiche Betriebsführung und Lebensmittelproduktion auch in Zukunft zu sichern.
Risiken durch Vegetationsverschiebung
Der Fachbereich Spezialkulturen und Markt der Landwirtschaftskammer Tirol, der unter anderem für Obst, Gemüse und Ackerbau zuständig ist, beobachtet bereits seit einigen Jahren eine Verlängerung der Vegetationsperiode. Fachbereichsleiter Wendelin Juen betont, dass dies unter optimalen Bedingungen eine Chance darstellen könne. Im Jahr 2024 habe jedoch ein Kälteeinbruch im Frühsommer nach einem warmen Frühjahr Probleme verursacht. Zwar hätten Temperatur- und Niederschlagsverteilung über den Sommer hinweg gute Wachstumsbedingungen geschaffen, doch lokale Extremwetterereignisse führten zu erheblichen Schäden. Der Kälteeinbruch im September habe hingegen kaum Auswirkungen hinterlassen. Insgesamt sei es bei den meisten Kulturen zu Mengeneinbußen gekommen, jedoch sei die Qualität überwiegend als sehr gut zu bewerten.
Die Kulturen im Überblick
In Tirol werden auf den landwirtschaftlichen Flächen verschiedenste Kulturen angebaut. Da die Kulturen unterschiedliche Ansprüche an optimale Wachstumsbedingungen haben und nicht alle gleich robust sind, fällt die Erntebilanz entsprechend unterschiedlich aus. Aus diesem Grund werden die Informationen zu den Kulturen Getreide, Mais, Erdäpfel und Grünland hier separat betrachtet.
Grünland
Der Vergleich der Flächennutzung zeigt, dass in Tirol mehr als 50 % der landwirtschaftlichen Flächen auf Almflächen und Bergmähder entfallen, während etwa 40 % als Weide oder Wiese genutzt werden. Im Jahr 2024 war die Futterproduktion jedoch von schwierigen Erntebedingungen geprägt: Ein später Schneefall im Frühjahr, nur kurze Phasen mit Schönwetter, vielerorts ständig nasse Böden und ein früher Wintereinbruch im September beeinträchtigten die Ernte. Dies führte zu einer unterdurchschnittlichen Futterqualität mit niedrigem Energie- und Rohproteingehalt. Viele Proben zeigten aufgrund der schwierigen Ernteverhältnisse einen hohen Erdanteil. Im Herbst wurde zudem häufig ein Rostpilzbefall festgestellt. Trotz dieser Herausforderungen konnte das Tiroler Grünland durch die hohen Niederschlagsmengen und warmen Temperaturen im Sommer gut wachsen, sodass eine ausreichende Futtermenge geerntet werden konnte.
Mais
Im Jahr 2024 wurden in Tirol 2.980 ha Silomais angebaut, im Vergleich zu 2.851 ha im Jahr 2023. Die Nutzung erfolgt überwiegend als Silomais. Die Erträge lagen insgesamt im Durchschnitt der letzten Jahre, mit einer Ausnahme im Bezirk Kufstein: Dort verursachte ein großflächiges Hagelereignis Anfang Juni erhebliche Schäden auf etwa 600 ha Silomais. Teilweise mussten die betroffenen Bestände neu angelegt werden, doch auch dann blieben die Ertragsminderungen beträchtlich.
Getreide
Im Jahr 2024 wurden in Tirol 718 ha Getreide angebaut, davon 137 ha biologisch (19 %). Die Anbaufläche von Triticale, Dinkel, Hafer und Hanf ging im Vergleich zu den Vorjahren leicht zurück. Die Vegetationsperiode 2024 brachte in den Ackerbauregionen Tirols ausgeglichene, leicht überdurchschnittliche Niederschlagsmengen. Dennoch lagen die Erträge bei den Winterungen (Wintergerste, Winterweizen, Winterroggen und Triticale, die bereits im Herbst ausgesät werden) aufgrund des eher kühlen Frühsommers etwa ein Viertel unter dem Durchschnitt der letzten Jahre. Auch bei den Sommerungen (Sommergerste, Sommerweizen und Sommerhafer, die ab März ausgesät werden) blieben die Erträge hinter den Erwartungen zurück und lagen im Durchschnitt etwa ein Drittel unter den Ertragserwartungen.
Erdäpfel
Im Jahr 2024 stieg die Anbaufläche für Erdäpfel um vier % auf 401 ha. Zwei Drittel der Ernte werden direktvermarktet, während der restliche Anteil über den Lebensmittel- und Gastrogroßhandel vertrieben wird. Die Erträge erreichten Rekordniveau, begünstigt durch eine für Erdäpfel ideale Niederschlagsverteilung und das Ausbleiben von Hitzephasen, insbesondere im Frühsommer, was zu optimalen Wachstumsbedingungen führte. So konnten Erträge von 60 bis 70 Tonnen pro ha erzielt werden. Eine besondere Herausforderung stellte jedoch die Bekämpfung der Kraut- und Knollenfäule dar, insbesondere auf biologisch bewirtschafteten Flächen.
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