Wie seid ihr zur Schaf- und Hütehundzucht gekommen?
Johannes Weber: Meine damalige Frau wollte unbedingt einen Border Collie und bekam einen einer sogenannten Show-Linie. Mich faszinierte die Hütearbeit und so kaufte ich mir ganz blauäugig meine ersten fünf Schafe. Ich merkte bald, dass dieser Hund nicht die Fähigkeiten dazu hatte, und so legte ich mir meinen ersten Arbeits-Border zu. Mittlerweile halte ich etwa 50 Waldschafe und im Moment fünf Hunde mit einem Wurf jährlich.
Caroline Pilz: Ich hielt zuerst Schafe und dann Border Collies. Meine Gebrauchsherde von 250 Mutterschafen habe ich dann aus privaten Gründen auf 70 ostpreußische Skudden reduziert und importiere in Kürze 40 Mules (Scottisch Blackface x Blue Faced Leicester Muttertierkreuzungen) aus Irland. Ich halte sechs Hunde und habe auch jährlich einen Wurf.
Warum seid ihr der ASDS beigetreten?
Pilz: Die Mitgliedschaft erleichtert vieles, gerade am Anfang. Man bekommt vom Verein Infos, trifft Gleichgesinnte, knüpft Kontakte in ganz Österreich, kann an Seminaren, Trainings und Wettbewerben teilnehmen. Auch wenn man züchten will, braucht man den Verein für die Papiere. Jede Haltungsform, jede Schafrasse ist anders, und so braucht man ein Netzwerk, um an die Infos zu kommen, die man gerade braucht.
Welche Unterschiede gibt es in der Hütearbeit zwischen den verschiedenen Schafrassen?
Pilz: Die alten, ursprünglichen Schafrassen wie Stein- und Bergschafe sind für einen Border Collie viel schwieriger zu arbeiten als moderne Leistungsrassen wie Jura, Texel oder Suffolk. Während Rassen, die zumindest über den Sommer extensiv oder halbwild gehalten werden, viel resoluter und sturer auf einen Hund reagieren, lassen sich Tiere von Rassen, die seit vielen Generationen engen Kontakt zum Menschen gewöhnt sind, viel leichter treiben. Und das muss man schon bei der Ausbildung und beim Kauf eines Welpen berücksichtigen.
Weber: Mittlerweile werden Border Collies auch in der Rinderhaltung immer gefragter.
Also man kann Border Collies nicht nur an Schafen einsetzen?
Pilz: Ich hatte selbst vor einigen Jahren noch 60 Weidegänse, die ich mit dem Hund arbeitete.
Weber: Ich habe vor zwei Jahren einen Welpen an einen Schweinebauern verkauft, der seine Bioschweine im Freiland hält. Der hat seinen Border Collie darauf trainiert, die Schweine aus dem Stall auf die Weideflächen und wieder zurück zu treiben. Ich habe anfangs selbst nicht geglaubt, dass das geht.
Ab welcher Herdengröße ist es sinnvoll, sich einen Border Collie anzuschaffen?
Pilz: Wenn du dich damit auseinandersetzen willst, reichen drei Schafe.
Weber: Man darf aber nicht glauben, dass es reicht, wenn man wie bei einer normalen Hundeschule eine Stunde in der Woche trainieren geht. Die Haltung eines Hütehundes muss man leben.
Ist eine Schafherde Voraussetzung dafür, dass ihr einen Welpen verkauft?
Pilz: Das ist von Züchter zu Züchter verschieden. Ich persönlich gebe sie nicht in den Hundesport ab, sondern nur in die Landwirtschaft.
Weber: Für mich ist es nur wichtig, dass mit dem Hund „etwas getan“ wird. Sie sind so vielseitig einsetzbar. Ich habe auch schon welche als Therapiebegleithunde für Seniorenheime ausgebildet. Aber ursprünglich wurden sie für die Hütearbeit gezüchtet und das muss man auch im Auge behalten. Die Fähigkeiten verlieren sich nämlich ziemlich schnell, wenn man nicht darauf selektiert. Und es ist schwierig, das wieder reinzubekommen, das habe ich mit Border Collies der Show-Linie schon versucht.
Pilz: Innerhalb von drei bis vier Generationen ist diese Begabung weg und dabei geht leider meist auch der Will to please, also der ausgeprägte Wille zur Kooperation verloren. Die Hunde sind dann auch im Sport schwieriger auszubilden. Oft kommen die Leute aus dem Hundesport dann wieder auf unsere Hunde zurück.
Wie bilde ich den Hund aus und wie lange dauert das?
Pilz: Man beginnt die Hunde mit einem knappen Jahr auszubilden. Man muss damit rechnen, dass man beim ersten Hund zwei bis drei Jahre braucht, um zu verstehen, wie das System funktioniert. Man kann bei uns Junghunde kaufen, denen wir bereits die Basics beigebracht haben, wie die Schafe von der Wiese bringen, was etwa ein halbes Jahr dauert. Man kann aber nicht einfach einen Top-Hund kaufen, der wie eine Maschine funktioniert.
Weber: Ich sage immer, der Border Collie ist wie ein hochgetuntes Rennauto, mit dem du erstmal fahren lernen musst. Durch den Verein hat man ein Netzwerk hinter sich, das einem dabei hilft.
Klingt nach viel Arbeit, zahlt sich das aus?
Weber: Den Wert eines guten Hütehundes beweise ich Interessierten gerne, indem ich sie ohne Hund versuchen lasse, eine Herde Schafe an einen gewünschten Ort zu treiben. Das gibt Hektik, Geschrei und Stress für Mensch und Schaf. Mit Hund geht das für alle entspannt über die Bühne. Ein gut ausgebildeter Hütehund macht nicht nur Spaß, sondern sorgt für bedeutende Arbeitserleichterung für etwa zehn Jahre.
Pilz: Ein Hund ersetzt mehrere Arbeitskräfte, Netze und Futterkübel beim Treiben. Aber ja, es ist anfangs Arbeit und du musst dich damit auseinandersetzen.
Was ist ein Continental Sheepdog Championship und wie läuft es ab?
Weber: Der Continental-Bewerb findet jedes Jahr in einem anderen Land statt, heuer ist Österreich der Austragungsort. Großbritannien hat einen eigenen Bewerb, das International Sheepdog Championship. Alle drei Jahre ist die Weltmeisterschaft und diese wird gemeinsam abgehalten.
Pilz: Donnerstag bis Samstag sind die Qualifikationsläufe. Die 120 besten Schäfer aus ganz Europa treten gegeneinander an. Jeweils die besten sechs Teilnehmer kommen ins Finale, das am Sonntag stattfindet. Zuerst kommt der „Outrun“: Gewünscht ist eine birnenförmige Annäherung an die Schafe. Der Hund umkreist sie so, dass er sie nicht stört. Beim „Lift“ setzt der Hund die Schafe in Bewegung. Beim „Fetch“ muss der Hund die Schafe in einem vorgegebenen, sieben Meter breiten Korridor zum Menschen bringen. Jede Abweichung davon führt zu einem Punkteabzug. Beim „Shed“ müssen die Schafe vom Hund getrennt werden.
Wie stehen die Chancen für Österreich? Erwartet ihr einen Heimvorteil?
Weber: Üblicherweise wird der Bewerb immer in ganz flachem Gelände abgehalten. Vielleicht haben wir durch das hügelige, typisch österreichische Gelände einen kleinen Vorteil. Seit es diesen Wettbewerb gibt, war jedoch erst einmal ein Österreicher im Finale, das ist heuer unser erklärtes Ziel. An der Spitze sind ganz klar die nordischen Länder, wo es viele Schafe und große flache Felder gibt. Wenn man hier mithalten will, muss man viel investieren.
Pilz: Der Trialsport ist vergleichbar mit dem Pferdesport. Er ist sehr zeitaufwändig und sehr kostenintensiv. Mein Auto ist fünf Jahre alt und ich bin damit bereits 300.000 Kilometer gefahren. Im Vordergrund steht aber nicht der Wettkampf, sondern die gemeinsame Zeit mit Gleichgesinnten aus ganz Europa. Darauf freuen wir uns schon und laden alle Leser herzlich dazu ein. Infos dazu gibt es unter www.asds.at.
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