
Die Landwirtschaftskammer Oberösterreich (LK OÖ) fordert von der Bundesregierung, sich bei der EU für wirtschaftlich tragbare Zollkontingente im Handel mit der Ukraine einzusetzen. Die derzeitige nahezu vollständige Marktöffnung sei für die heimischen Bauern nicht mehr tragbar, heißt es in einer Resolution der Vollversammlung. Vizepräsidentin Rosemarie Ferstl betont, die Landwirtschaft stehe zur wirtschaftlichen Unterstützung der Ukraine. Diese dürfe jedoch nicht einseitig auf dem Rücken der Bauern erfolgen. Der Großteil der Vorteile aus dem EU-Marktzugang komme nicht bei ukrainischen Familienbetrieben, sondern bei internationalen Agrarholdings an.
Handelsliberalisierung mit massiven Folgen
Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 hat die EU durch sogenannte “autonome Handelsmaßnahmen” (ATM) sämtliche Zölle und Kontingente für Importe aus der Ukraine ausgesetzt.
Ein Beispiel:
- Zucker: Vor dem Krieg galt ein zollbegünstigtes Importkontingent von 20.000 t, mit einem Zollsatz von 419 Euro/t. 2023 wurden 496.000 t zollfrei eingeführt.
- Mit der “Notbremse” ab Juni 2024 wurde das zollfreie Kontingent bei Zucker auf 262.600 t begrenzt.
Noch dramatischer zeigt sich laut LK OÖ die Entwicklung bei Weizen:
- Vor dem Krieg: 1 Mio. t mit 95 Euro/t Zoll
- 2023: 6,5 Mio. t zollfrei
- Aktuell: Keine Mengenbegrenzung beim Weizenimport
Ferstl sieht darin einen klaren Wettbewerbsnachteil für die europäische Landwirtschaft. Die Ukraine baue gezielt weniger transportintensive Produkte wie Zuckerrüben und Ölsaaten aus – und das trotz Krieg.

Warnung vor Düngemittelzöllen
Neben den Importen aus der Ukraine sieht die LK OÖ auch die EU-Pläne für neue Düngemittelzölle mit Sorge. Importe aus Russland und Weißrussland sollen ab 1. Juli 2025 mit einem Zusatzzoll von 40 bzw. 45 Euro/t belegt werden. Bis 2028 soll dieser auf bis zu 315 bzw. 430 Euro/t steigen. Ziel ist es, die EU-Düngemittelindustrie gegenüber den niedrigeren Gaspreisen in Russland zu schützen. Die Landwirtschaftskammer fordert, diese Mehrbelastung nicht allein den Bauern aufzubürden. Ferstl weist darauf hin, dass die Landwirtschaft bei Pflanzenerzeugnissen mit Weltmarktpreisen konkurrieren müsse – höhere Produktionskosten seien daher kaum weiterzugeben. Zudem verschärfen CO₂-Bepreisung und Klimazölle die wirtschaftliche Lage zusätzlich.
Kammer fordert Ausgleichsmaßnahmen
Für den Fall, dass das EU-Parlament den Zusatzzöllen zustimmt, fordert die LK OÖ unmittelbar wirksame Ausgleichsmaßnahmen für Landwirte. Ein erster Schritt müsse laut Kammer die Abschaffung der bestehenden 6,5 % Antidumping-Zölle auf alle EU-Düngemittelimporte sein. Ferstl betont abschließend, dass sich die Landwirtschaft zur strategischen Autonomie der EU bekenne. Es sei jedoch wirtschaftlich nicht vertretbar, wenn die EU einerseits die Düngemittelindustrie schütze, andererseits aber die Landwirtschaft dem freien Wettbewerb mit Agrarkonzernen aussetze.
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