Das Mikroklima in Grünlandbestand und Boden lässt sich durch die Höhe der Weidepflanzen beeinflussen. Denn je höher die Pflanzen sind, desto besser wird der Boden beschattet.
Dadurch verdunstet weniger Wasser und es bildet sich mehr Tau. Aus diesem Grund sind kurz geführte Weidesysteme anfälliger für Trockenheit. Neben der Höhe des Pflanzenbestandes entscheidet auch die Nutzungsfrequenz, ob die Weidepflanzen trockenheitsanfällig sind.
Wurzeltiefe
Nach jeder Nutzung investieren Grünlandpflanzen Energie und Nährstoffe, um neue Blätter zu bilden. Im Gegenzug stoßen sie als Sparmaßnahme Wurzelmasse ab, schließlich sind weniger grüne Pflanzenteile an der Oberfläche, die durch die Wurzelmasse versorgt werden müssen. Für die Produktion neuer Blätter mobilisieren die Pflanzen Reservestoffe aus den Wurzeln und dem verbliebenen oberirdischen Bereich. Mit jeder Nutzung ist daher auch ein gewisses Wurzelabsterben verbunden. Wurzel- und Blattbildung sind eng miteinander gekoppelt. Je länger die Lebensdauer eines Blattes ist, desto tiefere Wurzeln bildet die Pflanze. Im Umkehrschluss gilt: Werden Grünlandbestände häufig und intensiv genutzt, wie in klassischen Weidesystemen üblich, bilden sie eine flachere Wurzelmasse. Untersuchungen zeigen, dass intensiv genutzte Weidebestände über eine sehr hohe Wurzelmasse verfügen. Jedoch wechseln die Pflanzen von einem tiefen Wurzelsystem in ein seichtes. Der hauptsächliche Wurzelraum befindet sich in den oberen fünf Zentimetern vom Boden. Die Koppelweide erzielte auf einem trockenen Standort in fünf bis zehn Zentimetern Bodentiefe höhere Wurzelmassen als die Kurzrasenweide. Neben der Wurzeltiefe beeinflusst das Weidesystem den Pflanzenbestand. Von geringerer Nutzungsintensität profitieren vor allem Tiefwurzler. In trockenen, heißen Regionen behauptet sich der Horstwuchs immer stärker. Raygras beispielsweise wechselt vom Rasenwuchs in den Horstwuchs. Zusätzlich behaupten sich vermehrt Horstgräserarten und Pflanzen mit tieferen Wurzelsystemen wie Pfahlwurzeln.
Kurzrasenweide
Üblicherweise wird die Kurzrasenweide bei einer Aufwuchshöhe von etwa sechs Zentimetern geführt. Damit sie weniger anfällig für Trockenheit wird, empfiehlt sich in warmen, trockenen Phasen ein etwas höherer Pflanzenbestand. Das bedeutet bei Kurzrasenweide sieben bis acht Zentimeter Höhe. Zusätzlich soll die Weide in vier bis sechs Koppeln unterteilt werden. Die Rinder bleiben zwei bis drei Tage auf der gleichen Koppel. Wird das Gras in der Ausgangskoppel wieder sieben bis acht Zentimeter hoch, gehen die Tiere erneut auf diese Koppel zurück. Wer im Sommer auf Kurzrasenweide verzichten möchte, kann dennoch im Frühling damit starten. Sobald es trockener wird, kann man einfach auf Koppelweide umstellen.
Koppel- und Portionsweide
Üblicherweise werden Koppel- und Portionsweiden bei einer Aufwuchshöhe von 8–15 cm (max. 20 cm) bestoßen und dann tief auf vier bis fünf Zentimeter abgegrast. In trockenen Regionen sollten die Weiden sowohl beim Auftrieb als auch beim Abtrieb jedoch nicht zu kurz geführt werden. Damit geht die Futterqualität und die aktuelle Futternutzung zurück. Jedoch profitiert der Pflanzenbestand von besserer Beschattung und leidet weniger an der Trockenheit. Zusätzlich werden tiefere Wurzeln gebildet und eine längere Ruhephase erreicht. Die Flächen sollten nach der Beweidung nicht nachgemäht werden. So werden die Pflanzen geschont.
Mob Grazing
In trockenen Regionen (unter 600–700 mm Jahresniederschlag) wird zunehmend eine besondere Weideform empfohlen, das Mob Grazing. „Mob“ steht dabei für Horde. Diese Weidestrategie stammt ursprünglich aus den Trockengebieten Nordamerikas. Der Pflanzenbestand wird hierbei erst bei hoher Wuchshöhe mit kurzfristig sehr hohem Tierbesatz genutzt. Der hohe Tierbesatz für eine kurze Zeit führt zu hohen Futteraufnahmen, denn die Tiere entwickeln durch die hohe Besatzdichte Futterneid. International übliche Besatzdichten liegen ab 100.000 kg Tiergewichte je Hektar. Das würde etwa 140 Kühe mit je 700 Kilogramm Lebendmasse pro Hektar entsprechen. Die Tiere bleiben nur für wenige Stunden auf dem beweideten Teilbereich. So bleiben Trittschäden gering. Je nach angestrebter Leistung der Tiere liegt der Nutzungszeitpunkt bei Milchkühen im Ähren-/Rispenschieben bis Beginn Blüte. Mit Mutterkuhherden wird teilweise noch später geweidet. Üblicherweise wird zumindest zweimal täglich ein neuer Streifen vorgegeben. Durch den hohen Besatz soll erreicht werden, dass die Rinder einen Großteil des Bestandes nutzen. Der Weiderest dient der Bodenbeschattung. Spätestens nach ein bis zwei Tagen wird der abgeweidete Streifen abgezäunt, um dem Pflanzenbestand wieder Ruhe zu geben. Auch durch die höher Restaufwuchshöhe (über 7 cm) und das angetrampelte Restfutter ist der Boden stärker vor der Sonne geschützt und trocknet weniger aus. Die nächste Beweidung erfolgt erst wieder, wenn das Futter entsprechend hoch ist. Je nach Betriebsstrategie ist ein mehr oder weniger Zertrampeln des Futters auf der Fläche auch erwünscht. Denn mit einer Mulchschicht, die teilweise mit dem Kot der Tiere vermischt ist, entsteht eine bessere Beschattung des Bodens. Auch Nährstoffe gelangen so einfacher in den Boden. Auch zum Humusaufbau sind die Pflanzenreste mit den tierischen Ausscheidungen die optimale Kombination. Je nachdem wie die Flächen für die Tiere abgesteckt werden, wird mehr oder weniger Pflanzenmasse niedergetrampelt. Auf langen und schmalen Parzellen trampeln die Weidetiere mehr Pflanzen nieder als auf quadratischen Koppeln, somit ist die Futterausnutzung auf quadratischen Koppeln größer.
Herausforderungen
Auf Grund der späteren Nutzung ist der Nährstoffgehalt des Futters und die damit erzielbare tierische Leistung tiefer. Es braucht auch mehr Zeit zum Vorstecken und ein ausgeklügeltes Tränke- und Triebwegsystem.
Grundsätzlich ist auch zu beachten, dass die Weidestrategie Mob Grazing ihre Ursprünge in der Weidehaltung mit Mastrindern und Mutterkühen in sehr trockenen Regionen der Erde hat. Ohne eine solch wasserschonende Strategie wären die Flächen dort kaum nutzbar.
Pflanzenbestand beachten
Im Gegensatz zu klassischen Weidegräsern unterscheiden sich die Bestände für trockene Standorte und Mob Grazing gravierend. Horstförmig und hoch aufwachsende Arten gewinnen an Bedeutung. Unter den trockenen Klimaverhältnissen in Mitteleuropa wären Arten wie Knaulgras, das Wiesenlischgras (Timothe) oder der Glatthafer. Oftmals wird auch der Rohrschwingel ins Spiel gebracht. Aktuell wird auch Festulolium für trockene Standorte eingesetzt. Doch hier ist zu bedenken, dass dieses Gras sehr frühreif ist und die übrigen Partner in der Mischung oftmals deutlich in der Entwicklung zurückliegen. Grundsätzlich sind bei allen Weideformen spätreife Arten günstiger, da die Pflanzen so länger eine hohe Futterqualität bereitstellen und weniger Faserstoffe bilden. Das Wiesenlischgras ist hier unter den Horstgräsern besonders hervorzuheben, da es grundsätzlich spätreif ist und lange weiche Blätter besitzt, die gerne gefressen werden. Es verholzt erst sehr spät. Auf Seiten der Leguminosen sind es Arten, die unter hoher Nutzungsintensität leiden. Beispiele dafür sind Luzerne, Rotklee und Hornklee. Betriebe, die mit der Esparsette auf ihrem Standort gute Erfahrungen haben, können auch diese Futterleguminose einsetzen. Auch ausgewählte Zwischenfruchtmischungen, die aus Futterleguminosen und schnell wachsenden Grasarten zusammengesetzt sind, eignen sich für eine Beweidung nach der Weidestrategie Mob Grazing. Bisher unüblich war, in Grünlandmischungen auch Kräuter beizugeben. Gerade vor dem Hintergrund von Mob Grazing sind Arten wie die Wegwarte und der Spitzwegerich zu nennen. International werden diese beiden Kräuter schon länger in Weiden eingesetzt. Beide Arten verfügen über Pfahlwurzeln und ein generell tiefreichendes Wurzelsystem und sind somit sehr trockenheitsresistent. Die Zuchtformen der Wegwarte und des Spitzwegerichs zeichnen sich auch durch sehr große Blätter aus und erhöhen zusätzlich die Schmackhaftigkeit der Weide. Außerdem bilden sie erst spät Faserstoffe. Alle angeführten Arten bilden aber nur dann ein tiefreichendes Wurzelsystem aus, wenn die Rastzeiten eingehalten werden. Je länger die Pflanzen Zeit haben Grünmasse zu bilden, umso länger leben die Wurzeln, die dann tiefliegende Wasserreserven im Boden nutzen. Egal welches Weidesystem oder welche Weidestrategie ein Betrieb umsetzt, entscheidend ist der angepasste Pflanzenbestand und das richtige Management. Gerade in Zeiten von immer weniger Regen empfiehlt es sich, das bestehende Weidesystem anzupassen.
Erfahren Sie mehr zum Thema „Klimawandel – Was kann ich am Hof tun“ Podcast-Gespräch mit Alfred Pöllinger-Zierler und Andreas Zentner, HBLFA Raumberg-Gumpenstein.
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