Ist die Haltung von Nutztieren in der Europäischen Union ein Auslaufmodell? Die Vertreter des Sektors sehen das erwartungsgemäß nicht so. Dies wurde Ende September bei der Konferenz „Tierzucht der Zukunft – Entwicklungen und Herausforderungen“ in der EU-Landesvertretung von Nordrhein-Westfalen in Brüssel deutlich. Insbesondere hob die Branche die Rolle der Nutztierhaltung bei der Verwertung von Reststoffen hervor.
Nordrhein-Westfalens Agrarministerin Silke Gorißen sprach sich entschieden für die Tierhaltung in Europa aus. Sie betonte, dass viele Nebenprodukte, wie etwa Extraktionsschrote aus der Speiseölherstellung, nur im Rahmen der Tierfütterung sinnvoll verwertet werden könnten. Auch Grenzertragsstandorte könnten nur durch die Nutzung von Tieren einen Beitrag zur menschlichen Ernährung leisten.
Weniger Einmischung der Politik
Der Vizepräsident der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tierzüchter (ADT), Georg Geuecke, unterstrich den Bedarf an verstärkter Forschungsförderung. Dies sei besonders bei der Reduktion von Treibhausgasen und der Verbesserung der Futtereffizienz notwendig. Dr. Hermann-Josef Baaken, Geschäftsführer des Deutschen Verbands für Tiernahrung (DVT), forderte mehr Vertrauen in die innovativen Lösungen des Sektors und sprach sich für eine „Entpolitisierung der Wissenschaft“ aus. Wenn es um Problemlösungen gehe, sollte die Politik sich stärker zurückhalten.
Auch die Neuausrichtung von Zuchtzielen war ein Thema der Diskussion. Dr. Johannes Heise vom Tierzuchtrechenzentrum (ViT) wies auf Veränderungen in der Rinderzucht hin. Parameter wie Gesundheit, Nutzungsdauer und Futtereffizienz gewinnen zunehmend an Bedeutung, während der Zuchtwert für Milchleistung an Gewichtung verloren hat. Angesichts des Klimawandels wird zudem an einem Zuchtwert zur Hitzetoleranz gearbeitet.
Bürokratie reduzieren
Die CDU-Europapolitiker Norbert Lins und Peter Liese unterstützen viele Forderungen des Sektors. Liese betonte, dass es das Ziel sein müsse, die Bürokratielast für die gesamte Landwirtschaft zu reduzieren: „Bürokratie ist nicht Umweltschutz, und Umweltschutz ist nicht Bürokratie.“ Der Umweltsprecher der EVP betonte, dass Umweltschutz vor allem durch Anreize und weniger durch ordnungsrechtliche Vorgaben erreicht werden sollte.
Der stellvertretende Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses, Norbert Lins, widersprach teilweise den Empfehlungen des Strategischen Dialogs (SD), die Tierhaltung in bestimmten Ballungsräumen zu reduzieren. Schließlich gebe es gute Gründe für die Flächenkonzentration. Stattdessen plädiert Lins dafür, über Forschung, Innovation und Anreize die Emissionen der Tierhaltung zu verringern. AgE
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