Ein Interview von Alexander BÖCK, LANDWIRT Redakteur
LANDWIRT: Wenn Sie sich als Imker eines von den Landwirten wünschen könnten, was wäre das?
Stefan Mandl: Mein größter Wunsch wäre es, wenn die Landwirte gänzlich auf synthetische Pflanzenschutzmittel verzichten würden.
Doch von allen Pflanzenschutzmitteln sind die Imker ja gar nicht betroffen. Schießen Sie mit diesem Wunsch nicht etwas über das Ziel hinaus?
Es stimmt schon. Nicht alle Pflanzenschutzmittel wirken auf die Biene toxisch. Diese Wirkung ist nur den Insektiziden vorbehalten. Doch können alle Pflanzenschutzmittel bei zu hoher Konzentration im Honig und anderen Lebensmitteln nachgewiesen werden. Außerdem wirken alle Pflanzenschutzmittel auch auf die Umwelt und so auch indirekt auf die Bienen und nicht zuletzt auf den Anwender. Laut dem letzten grünen Bericht werden alleine in Österreich jährlich rund 4.000 Tonnen Pflanzenschutzmittel ausgebracht. Nur zum Vergleich: Die österreichischen Imker produzieren auch nur 4.000 Tonnen Honig im Jahr.
In der Glyphosatdebatte holten NGOs und Politiker auch immer das Argument Biene hervor. Dabei wäre das Mittel für die Biene nicht giftig. Oder sehen Sie das anders?
Glyphosat ist als Herbizid nicht bienegiftig. Wenn auch das Herbizid das Nahrungsangebot der Biene schmälert. Außerdem konnten Imker im vergangenen Jahr Glyphosat im Honig nachweisen. Diese Ware war unverkäuflich und musste entsorgt werden. Das kommt nur zustande, wenn der Landwirt ein blühendes Feld abwelkt. Grundsätzlich wäre es uns lieber wenn der Landwirt allgemein das Spritzen von blühenden Flächen sein lässt. Ähnlich sieht es da bei der Fungizidbehandlung in die Rapsblüte aus. Hier werden auch immer wieder Rückstände gefunden.
Die Blütenspritzung ist aber bei schlechter Witterung notwendig, um der Sclerotinia vorzubeugen. Wenn man diese Behandlung verbieten sollte, wäre die Krankheit nahezu unbekämpfbar.
Wer spricht denn gleich von einem Verbot? Doch gibt es hier neue Applikationstechniken, wie die Dropleg-Düsen. Mit der behandelt der Landwirt den blühenden Raps unter der Blüte. Genau dort wo die Krankheit auftritt. Ergo ist mit weniger Aufwandmenge ein besserer Erfolg möglich. Also ein Vorteil für Landwirt und Imker. Meiner Meinung nach gehören Technologien, mit der der Landwirt Pflanzenschutzmittel einsparen kann, mehr gefördert.
Meinen Sie damit, dass der Staat dafür Geldmittel bereitstellen sollte?
Unbedingt. Das hört aber nicht bei der Düsentechnologie auf. Diverse Firmen wie Bosch forschen derzeit intensiv an Robotertechnologien. Da fahren ganze Schwärme von kleinen Helfern aufs Feld hinaus und bekämpfen Unkräuter mechanisch. Für diese Art digitalen Pflanzenschutzes sollte der Staat Geld ausgeben. Davon profitieren wir alle.
Kürzlich ist auch wieder die Diskussion über die Zulassung neonicotinoider Beizen entbrannt. Demnach sollte die Beize nun auch in allen anderen Kulturen, wie Zuckerrüben, endgültig verschwinden. Was halten Sie davon?
Das finde ich natürlich toll. Die Imkerschaft lehnt die Neonicotinoide vollständig ab. Die sind für die Bienen richtig gefährlich. Und das hört nicht bei der Beize auf. Auch das Spritzmittel Biscaya stellt für die Bienen eine Gefahr dar. Unsere Behörden stuften das Produkt als für Bienen ungefährlich ein. Außerhalb der EU, in der Türkei zum Beispiel, ist das Mittel als genauso giftig eingestuft wie die anderen neonicotinoiden Wirkstoffe.
Gibt es Insektizide die für Bienen ungefährlich sind?
Leider nein. Selbst das biologische Insektizid Spinosat, das auch von den biologisch wirtschaftenden Betrieben eingesetzt werden darf, ist schädlich für die Biene. Daher ist auch unsere Bitte an die Landwirte, den Einsatz so gering wie möglich zu halten. Ich weiß, dass es zum Teil nicht ohne geht, und da stimmen mir auch viele Kollegen zu. Doch im Sinne des integrierten Pflanzenschutzes sollte jeder Landwirt zuallererst die Schadschwelle abwarten und dann außerhalb der Flugzeit behandeln. Keinesfalls sollte ein Landwirt prophylaktisch ein Insektizid einsetzen. Damit schädigt der Landwirt nicht nur uns, sondern spritzt sich selbst die Nützlinge runter.
Die Zeitpunkte der Applikation sind ja eh geregelt und bei Insektiziden meist sehr bienenfreundlich gestaltet.
Ja, das stimmt schon. Doch wird das auch immer so genau eingehalten? Auf einem Beipackzettel stehen eine Menge von Anforderungen. Keine zu hohen Windstärken, Abtrocknung der Brühe bis zum Bienenflug am Morgen und, und, und. Also sehr viele Vorschriften, die der Landwirt in der Praxis oft nicht einhalten kann. Die Chemiekonzerne sichern sich mit dem Verweis ab. Der Landwirt muss es aber umsetzen. Und hier steht er des Öfteren mit einem Fuß im Kriminal. Daher auch nur so wenig wie nötig reinfahren und die Schadschwelle beachten.
Dazu gibt es ja auch Warndienste, die von der Beratung geführt und bereits von vielen Landwirten genutzt werden. Das müsste doch reichen, oder?
Ja. Auf den kann sich der Landwirt allemal verlassen. Da sitzen kluge Köpfe drin, die dem Landwirt eh sagen wann er fahren soll. Doch hinterfrage ich die Beratung und deren Aussagen schon des Öfteren. In so manchem Bundesland suggerieren die Kammern, dass es ohne Pflanzenschutz keinen Ertrag gibt – was die biologisch wirtschaftenden Betriebe jedes Jahr aufs Neue widerlegen. Und dann propagieren sie Notfallzulassungen von hochgiftigen Pflanzenschutzmitteln.
Welches Mittel meinen Sie hier speziell?
Da wäre beispielsweise das Mocap 15G. Das ist ein insektizides Mikrogranulat, welches die Landwirte bei der Saat der Kartoffeln ausbringen, um den Drahtwurm zu bekämpfen. Die Landwirtschaftskammer Niederösterreich hat in einer Presseaussendung des Agrarinformationszentrums gesagt, das Mittel sei nicht giftig. Dabei beschreibt es die AGES im Pflanzenschutzmittelregister als gesundheitsschädlich bei Verschlucken und es besteht Lebensgefahr bei Hautkontakt. Das war ja auch der Grund, warum es verboten wurde.
Behaupten Sie, dass die Landwirtschaftskammern die Landwirte in der Hinsicht falsch beraten?
Ja und nein. Sie sind den Landwirten verpflichtet und versuchen ihnen das Wissen zu vermitteln, immer das Bestmögliche aus der Situation herauszuholen. Dazu propagieren sie halt immer Pflanzenschutz, Pflanzenschutz und noch mehr Pflanzenschutz. Da die Sensibilisierung der Landwirte gegenüber der Biene verloren gegangen ist, hinterfragt niemand diese Empfehlungen.
Und wie sollten wir Landwirte wieder ein Gefühl für die Biene entwickeln? Sollten wir wie früher wieder alle einen Bienenstock aufstellen?
Ja, genau das wünsche ich mir. Jeder Landwirt sollte selbst Imker sein oder einen Imker in der unmittelbaren Umgebung haben. Dadurch würden die beiden auch mehr miteinander kommunizieren, was das Verständnis für die Arbeit auf beiden Seiten verbessern würde. Der Landwirt würde auch wieder erkennen, dass die Biene mit ihrer Bestäubungsleistung auch für ihn arbeitet und ihm einen Mehrertrag bringt. Dazu gibt es auch ein gutes Beispiel aus Niedersachsen. Hier bekommt ein Landwirt, der einen Imker auf der eignen Betriebsfläche vorweisen kann, eine Förderung von 100 Euro je Hektar.
LANDWIRT Info
Die Reaktionen auf das Interview vonseiten der Beratung und der Politik lesen Sie in der kommenden LANDWIRT Ausgabe.
Klingt sehr idyllisch. Aber wer soll das bezahlen?
Tja. Für eine solche Investition würde ich sofort auf die Imkerförderung verzichten. Ich würde mir allgemein eine indirekte Imkerförderung über den Landwirt wünschen. Das würde den Bienen mehr bringen als ein paar Euro für eine neue Honigschleuder aus Edelstahl.
Doch mit den Zwischenfrüchten und der Etablierung von Biodiversitätsflächen haben die Landwirte der Biene schon auch was Gutes getan?
Was die Zwischenfrüchte betrifft, muss ich den Landwirten auch einmal ein Lob aussprechen. Nichts lässt ein Imkerherz höher schlagen als ein blühender Bestand von Buchweizen, Senf, Phacelia und Co.
Doch bei der Biodiversitätsfläche könnten sie mehr tun. Alleine die Diskussion über den Pflanzenschutzmitteleinsatz auf diesen Flächen war unnötig. In meinen Augen wiedersprechen sich die beiden Begriffe Pflanzenschutz und Biodiversität. Die Streifen sollten ja einen Rückzugsort für diverse Lebewesen darstellen.
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