LANDWIRT bio: Wie kann der Übergang von der Stundenweide zur intensiven Kurzrasenweide gelingen?
Stefan Rudlstorfer: Der Schlüssel für eine erfolgreiche Kurzrasenweide liegt im frühzeitigen Bestoßen der Flächen im Frühjahr. Ziel muss es sein, das ganze Jahr hindurch eine gleichbleibende Aufwuchshöhe von 5 bis 7 cm aufrechtzuerhalten. So bleibt die Futterqualität konstant und die Herde ruhig. Zudem verdichtet sich die Grasnarbe und Futterverluste bleiben gering.
Wie kann man auf Ackerflächen möglichst rasch einen Pflanzenbestand etablieren, der sich für die Beweidung eignet?
Mit der richtigen Einsaatmischung. Welche das ist, hängt von der geplanten Nutzungsdauer und der Weideform ab. Stehen Ackerflächen innerhalb der Fruchtfolge nur ein bis zwei Jahre zur Verfügung oder werden sie als Mähweide genutzt, eignen sich Mischungen mit englischem Raygras sowie Weiß- und Rotklee. Diese Bestände entwickeln sich schnell und ihr erster Aufwuchs kann auch noch siliert werden.
Wie sieht es bei einer längerfristigen Umstellung aus?
Hier empfehlen wir von Beginn an weidetaugliche Mischungen mit englischem Raygras, Wiesenrispe und Weißklee. Möglich ist auch eine Ansaat unter einer Deckfrucht von 60 bis max. 70 kg Hafer pro Hektar.
Was ist bei der Ansaat zu beachten?
Angebaut wird die Weidemischung am besten in Drillsaat in rückverfestigtes Saatbett, aber nicht zu tief. Grassamen – im Speziellen die Wiesenrispe – brauchen Licht. Um einen noch schnelleren Narbenschluss zu erreichen, kann auch über kreuz gedrillt werden. Im Falle einer Deckfrucht ist ein früher Schröpfschnitt wichtig. Hat sich der Boden etwas gesetzt, kann in Abhängigkeit der Bodenfeuchtigkeit relativ rasch mit einer Weide begonnen werden.
Wie muss eine Kurzrasenweide gepflegt werden?
Das Wichtigste bei einer gut geführten Kurzrasenweide ist, die Aufwuchshöhe laufend zu kontrollieren. Diese lässt sich über den Viehbesatz steuern. Ein zu hoher Viehbesatz über einen längeren Zeitraum kann wertvolle Weidegräser nachhaltig schwächen – dann breiten sich unliebsame Arten wie die Lägerrispe im Bestand aus. Ein zu geringer Viehbesatz wiederum bringt Futterverluste mit sich. Der Aufwuchs rund um die Kotstellen ist ein Indiz dafür. Ist der Viehbesatz zu gering, wächst dieser aus und die Weide muss speziell bei Auftreten unliebsamer Pflanzenarten zur Pflege gemäht werden. Die Futterreste bleiben nach der Mahd bei Schönwetter dann meist auf der Fläche. Nach dem Weideende wird die Weide gemulcht.
Wie wird gedüngt?
Über den Kot der Tiere und eine Mistgabe im Herbst. Zusätzlich sollten während der Vegetationsperiode zumindest ein bis zwei Güllegaben erfolgen.
Die Hitzetage werden jährlich mehr. Wie könnte Familie Pfoser ihren Rindern eine Beschattung ermöglichen?
Da auf der betroffenen Fläche Bäume fehlen, müssten andere schattenspendende Elemente wie Sonnensegel geschaffen werden. In der Praxis wird allerdings die Weide während der heißen Jahreszeit auf den Abend oder den Morgen verlegt oder gleich auf Nachtweide umgestellt. Das wird auch für Familie Pfoser das Mittel der Wahl sein.
Wie gelingt die Nachtweide?
In den Frühjahrs- und Herbstmonaten sind die Tiere meistens tagsüber auf der Weide. In den heißen Sommermonaten wird dann auf Nachtweide umgestellt. Hier sind die Tage auch am längsten, sodass in den Dämmerungsstunden noch eine aktive ausgedehnte Fressphase stattfinden kann. Im Fall Pfoser haben wir für die Nachtweide die Fläche hinterm Stallgebäude in Betracht gezogen. So müssen die Tiere am Morgen zum Melken nicht über die Straße getrieben werden bzw. haben sie auch freien Zugang zum Stall.
Welche Lösungen eignen sich für die Wasserversorgung auf der Weide?
Im Idealfall liegen die Tränkestellen auf einer Dauerweide nicht mehr als 150 Meter auseinander und sind von Trinkwasserringleitungen gespeist. Dort, wo eine Anspeisung aufgrund von Straßenüberquerungen nicht möglich ist, können Quellfassungen eine Lösung sein.
Zur Bestoßung der ersten Weide müssen die Kühe am Betrieb Pfoser zweimal am Tag über den Güterweg getrieben werden. Darf oder muss der Rinderhalter dazu den Güterweg sperren?
In der Straßenverkehrsordnung heißt es im § 80 dazu: „Bei größeren Viehtrieben sind Gruppen zu bilden und zwischen den einzelnen Gruppen größere Abstände einzuhalten.“ Weiters heißt es: „Das Vieh muss auf der Straße so getrieben oder geführt werden, dass der übrige Verkehr dadurch möglichst wenig behindert wird.“
Was heißt das für die Praxis?
wird grundsätzlich nicht rechtlich überprüft. Relevanz hat dieser Paragraph dann, wenn Dritte durch Viehtrieb Schäden erleiden, etwa bei einem Unfall. Hier setzt sich die Landwirtschaftskammer derzeit im Verkehrsministerium dafür ein, dass der Viehtrieb auf Straßen zukünftig in der Straßenverkehrsordnung einen etwas anderen Stellenwert bekommt, sodass im Schadensfall nicht gleich dem Landwirt alles zur Last gelegt wird.
Was ist beim Übertrieb zu beachten?
Praktisch gesehen soll der Übertrieb an jener Stelle erfolgen, die sowohl für die Straßenteilnehmer als auch für die Treiber am besten einsichtig ist. Es empfiehlt sich jedenfalls, die Straße während des Übertriebes mit einem Zaun abzusperren, um ein Ausbrechen von Einzeltieren auf der Straße zu verhindern. Mit Rindern, die einen regelmäßigen Weidegang gewohnt sind, funktioniert der Viehtrieb oft sehr rasch. Mit Warnschildern „Achtung Viehtrieb“ kann die Aufmerksamkeit der Straßenteilnehmer zusätzlich erhöht werden.
Was spricht für die Weide?
Weidegras ist und bleibt das günstigste Futtermittel und hat unter den Grundfuttermitteln die höchsten Eiweiß-, Rohprotein-, und Energiegehalten. Es ist auch erwiesen, dass die Weide durch die Bewegung und das Sonnenlicht positiv auf die Gesundheit wirkt. Die Weide hat also viele Vorteile. Betrieben, die Probleme bei der Weideplanung haben, rate ich den Kontakt zu uns Beratern aufzunehmen. Oft hilft der Blick von außen, neue Lösungen zu finden. Bei einer Beratung werden die Situation vor Ort beurteilt und die Möglichkeiten zur Umsetzung abgewogen. Die Ergebnisse fasse ich in ein Weidekonzept zusammen.
Rechtliche Situation in Deutschland
Die Straße komplett abzusperren, ist laut StVO verboten. Das darf grundsätzlich nur die Straßenverkehrsbehörde und die Polizei. Sperrt eine Privatperson eine öffentliche Straße eigenmächtig ab, selbst wenn das unter einem Schutzaspekt erfolgt, stellt das einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr dar, der mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet wird.
Was heißt das für die Praxis?
Der Landwirt darf die Straße nicht mit einer Holzstange, einem Band oder Draht absperren. Allerdings hat er eine zivilrechtliche Verkehrssicherungspflicht. Grundsätzlich muss er seine Tiere auf der rechten von zwei Fahrbahnen führen. Nimmt die Herde die ganze Fahrbahnbreite in Anspruch, muss er die anderen Verkehrsteilnehmer rechtzeitig warnen. Zum Beispiel kann er Warnschilder aufstellen. Am wichtigsten sind aber ausreichend Viehtreiber, die die Herde zusammenhalten.
Wie viele Treiber brauche ich?
Das Bayerische Oberste Landesgericht hat beispielsweise entschieden, dass für zehn bis zwölf Kühe mindestens zwei Viehtreiber erforderlich sind. Diese müssen dafür sorgen, dass die Tiere nicht ausbrechen können. Beim Übertrieb über die Straße steht im besten Fall auf beiden Seiten der Herde eine Person, die andere Verkehrsteilnehmer rechtzeitig warnen kann.
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