Nichts bleibt. Als Landwirte wissen wir das nur zu gut. Nach Monaten der Bestandsführung ernten wir Felder ab, mähen Wiesen. Nach Jahrzehnten der Waldpflege ernten wir Bäume, die unsere Großeltern gepflanzt haben. Den Kreislauf des Lebens spüren wir kaum anderswo so hautnah, wie in der Landwirtschaft. Nichts hält ewig.
Auch das eigene Leben bleibt davon nicht verschont. Wir sind Teil der Natur, das Prinzip „Wachsen und Sterben“ gilt auch für uns. Das wird uns immer dann bewusst, wenn uns ein geliebter Mensch verlässt. Dann halten wir inne und relativieren den Alltag für einen Moment. Nichts bleibt für immer. Doch nicht nur der Tod erinnert uns an die stete Veränderung: Wegbegleiter, Freunde und Kollegen verabschieden sich, neue kommen hinzu. Kinder werden erwachsen und verlassen das Elternhaus. Nichts bleibt.
Wir vom LANDWIRT haben mit dem Abschied von Hans Meister als Bauernsprecher in den wohlverdienten Ruhestand einen wunderbaren Kollegen verloren. Er ist Kritiker und Inspiration zugleich – jemand, der unbequeme Fragen stellt und zur Weiterentwicklung antreibt. Der Freund Hans Meister bleibt uns noch lange erhalten. Als Bauernsprecher wird er uns fehlen. Von seinen Ideen und seinem Mut, mit der eigenen Meinung auch anzuecken, werden wir noch lange sprechen. Und dennoch bleibt nichts für immer.
Doch all das ist kein Grund zur Traurigkeit. Vielmehr wird uns bewusst, wie wertvoll Lebensabschnitte sind. Der deutsche Liedermacher Klaus Hoffmann zieht daraus die Schlussfolgerung: „Es ist Zeit zu leben.“ Das berührt mich, denn – getrieben vom Arbeitsalltag – vergesse ich, die Momente zu genießen. Geht es Ihnen ähnlich?
Der Sommer 2022 bietet sich an, das zu ändern. Lange Tage, Sonnenschein, erfrischender Regen und dazu die Menschen um uns – all das sind Gründe, diese Momente zu genießen. Wenn wir uns bewusstmachen, dass nichts ewig bleibt, wird das Erlebte umso wertvoller. Ich wünsche Ihnen einen schönen Sommer. Es ist Zeit zu leben.
Erschienen in der Zeitschrift LANDWIRT bio (Ausgabe Juli 2022).
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