KommentarAlmwirtschaft, streng geschützt

Almwirtschaft, streng geschützt

Meine Redaktionskollegen von der Fachzeitschrift „Schafe & Ziegen aktuell“ haben einen emotionalen Brief erhalten.

Ein langjähriger Leser schreibt: „Hiermit möchte ich die Fachzeitschrift ‘Schafe & Ziegen aktuell’ kündigen. War immer sehr begeistert, waren immer super Themen dabei, großes Kompliment an Euch. Leider hat der Wolf meine Herde mit ca. 45 Jura-Schafen angegriffen. Das war ein Bild des Grauens, hab dann alles verkauft, deshalb auch die Kündigung. VIELEN DANK!!!!!!“

Dieses Schreiben macht uns redaktionsintern sehr betroffen. Ich wünsche dem Landwirt an dieser Stelle viel Kraft und alles Gute für seine weitere Zukunft. Leider gibt es erst jetzt für ihn, wie für viele andere von Wolfsrissen geschädigte Almauftreiber und Weidetierhalter, einen Hoffnungsschimmer. Unverständlich spät, aber doch, beschloss kürzlich eine qualifizierte Mehrheit der EU-Staaten, den Schutzstatus des Wolfes von „streng geschützt“ auf „geschützt“ zu senken. Am 4. Dezember will die Kommission die Herabstufung bei einem Treffen der Vertragsstaaten der Berner Konvention beantragen. Was für ein Glück, dass Ursula von der Leyen ihr von Wölfen gerissenes Pony „Dolly“ so sehr liebte! Abschussfreigaben könnten somit künftig leichter erteilt werden.

Die Wolfsproblematik wird sich trotzdem nicht in Luft auflösen. Bestenfalls reduzieren. Die Politik muss hier weiter dran bleiben. Der beste Herdenschutz ist und bleibt die Entnahme. Wobei Tierleid und wirtschaftliche Schäden das eine sind, die daraus resultierende Belastung für die menschliche Psyche das andere ist. Es bleibt zu hoffen, dass sich mit der angepeilten Senkung des Schutzstatus auch das emotional stark besetzte Thema Wolf abkühlt. Ohnmacht und Wut rauben Kraft, sie tun in dieser Sache den Tierhaltern, wie der Landwirtschaft insgesamt, seit Jahren nicht gut.

Es gilt vielmehr, den Kopf freizubekommen, denn weitere drängende Probleme der Almbauern warten auf ein nachhaltiges Gegensteuern: Fehlende Hofnachfolger. Sinkende Auftriebszahlen. Zu wenig Almpersonal. Verwaiste Almhütten. Verbuschung und Verwaldung auf den Bergen. Versiegende öffentliche Gelder.

Nein, nicht der Wolf – die Alm- und Weidewirtschaft muss die höchste Prioritätsstufe genießen. Als zentrales Thema der Gesellschaft. Ohne Wenn und Aber.

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