GeflügelVogelgrippe in niederösterreichischem Legehennenbetrieb

Vogelgrippe in niederösterreichischem Legehennenbetrieb

Quelle: agrarfoto.com

Die Vogelgrippe hat Österreich voll erreicht. Nach einzelnen Wildtieren und dem ersten Fall in einem (oberösterreichischen) Hausgeflügelstall erwischte es diese Woche einen Geflügelbetrieb im Bezirk Amstetten (NÖ). In einem Teil einer größeren Legehennenanlage mit rund 25.000 Hennen in Bodenhaltung sind dort „binnen kürzester Zeit die Tiere umgefallen“, was auf einen ernsten Erkrankungs- bzw. Seuchenstatus hinweist.

Die AGES diagnostizierte dann am 29. Oktober das Vogelgrippevirus H5N1. Gemäß dem dafür vorgesehenen Tierseuchenprotokoll ist der Betrieb zu sperren und die EU-seuchenrechtlich notwendigen Schutz- und Überwachungszonen (drei Kilometer bzw. zehn Kilometer) rund um den Betrieb anzuordnen.

Letzteres erfolgte mittels Kundmachung des Gesundheitsministeriums (BMSGPK) am 30. Oktober und diese wurde am 31. Oktober nach 8:30 Uhr im Rechtsinformationssystem der Republik auch veröffentlicht.

Noch keine Aufstallungspflicht

Indes lässt die behördliche Stallpflicht im Norden und Osten Österreichs auf sich warten. Gerade im Fall des Betriebes in Niederösterreich dürfte es sich um einen sehr aggressiven Virusstamm handeln und die Behörden wären in ihrer Vorsorgepflicht angehalten, entsprechende Schutzmaßnahmen für die übrigen Hausgeflügelbetriebe zu ergreifen. Eine diesbezügliche Unterlassung könnte durchaus zur Amtshaftung bzw. bei den kundigen Beamten zum Vorhalt des Amtsmissbrauches führen.

Doch schon bei der Verordnung der Schutz- und Überwachungszonen hakte es offenbar gewaltig. Nach LANDWIRT Informationen wurde lange „herumgedoktert“ wie man denn die notwendigen Zonen um den betroffenen Betrieb bestimmt. Zuerst wollte man dabei nach den Katastralgrenzen vorgehen, dann überlegte man dafür gewisse Landes-/Bundesstraßen heranzuziehen. Letztlich kam man doch zur Einsicht, die gesetzlich vorgegebenen Kilometer-Radius-Kreise voll zu ziehen und anzuordnen.

Bezüglich einer behördlichen Aufstallungspflicht, die mittlerweile auch von der Geflügelwirtschaft gefordert wird, zeigten sich einzelne Bundesländer in der virtuellen Krisensitzung am Mittwoch nach LANDWIRT Informationen noch sehr zurückhaltend bzw. ablehnend. Diese sprachen der gebotenen Aufstallungspflicht erst für nächste Woche das Wort und dann auch nur für Bezirke rund um den betroffenen Betrieb/die Betriebe.

Bundesländer im Urlaubsloch?

Diese Zurückhaltung der Länderverwaltungen überrascht. Denn das ehemalige Damoklesschwert, die 16 Wochen-Vermarktungsfrist bei „Einsperrung“ vom Bio-Geflügel und deren Produkten ist schon länger gefallen. Als diese noch galt, haben die Behörden immer herumgerechnet, damit Bio-Ware (Eier, Geflügel-Fleisch) trotz hoheitlicher verfügter Stallpflicht noch als Bio vermarktet werden darf. Und nun zögern die Beamten?

Derweil gibt es Probleme bei der notwendigen Keulung der Hühner des betroffenen Betriebes. Während die rund 9.000 Hennen der ersten Halle bereits gekeult wurden, werden die Entsorgungsarbeiten in den weiteren Hallen erst Anfang nächster Woche in Angriff genommen.

Dies hat einerseits damit zu tun, dass sich dort noch keine Vogelgrippe-Anzeichen gezeigt haben. Der Betrieb ist ohnedies gesperrt und unter Quarantäne gestellt, ein Tierverkehr sohin untersagt. Andererseits liegt die Verzögerung offenbar auch am kolportierten Umstand, dass es zur aktuellen Urlaubs- und Feiertagszeit (Herbst-Schulferien, Allerheiligen) an kundigen Landesjuristen fehle.

Mittelbare Bundesverwaltung mit Defiziten

Damit ist aber auch das für Tierseuchen hauptverantwortliche Gesundheitsministerium mit zu hinterfragen. Via AGES den NÖ-Fall medial am Donnerstag Nachmittag rauszuspielen, aber nicht für ein entsprechendes Vor-Ort-Management zu sorgen, wirft Fragen auf. Auch wenn die Abarbeitung eines Tierseuchenfalles via mittelbarer Bundesverwaltung in die Durchführungskompetenz der jeweiligen Landesverwaltung fällt, müsste das zuständige Bundesministerium in seiner Hauptverantwortung und Fürsorgepflicht seit Jahren dafür auch Sorge tragen, dass die Länder das nicht nur theoretisch bewerkstelligen können, sondern auch die entsprechenden rechtlichen wie organisatorischen Kapazitäten für den Fall des Falles aufgebaut haben bzw. endsprechend vorrätig halten.

Den Veterinären in der niederösterreichischen Landesverwaltung indes ist kein Vorwurf zu machen. Die machen im gegenständlichen Fall nach aktuellem LANDWIRT Infostand einen hervorragenden Job.

Meldungsstand: 1. November 2024, 15:30 Uhr. Weitere Updates möglich.

 

KOMMENTAR aus der LANDWIRT Redaktion:

Behörden außer Dienst?

Leopold Th. Spanring, Redakteur

Tierseuchenfälle kommen immer wieder vor und sind meist mit großen wirtschaftlichen wie auch psychischen Folgen für den betroffenen Betrieb bzw. der Bauernfamilie verbunden.

Das mediale Outing des in Rede stehenden niederösterreichischen Betriebes durch ein Regionalmedium Donnerstag Nachmittag wirft durchaus medienethische Fragen auf. Selbstverständlich war auch dem LANDWIRT der Betrieb rasch bekannt. Angesichts der Ausnahmesituation für die betroffene Bauernfamilie und der noch ausstehenden Keulungsmaßnahmen sowie der Nichtgefahr für die Menschen und Konsumenten war die absolute Notwendigkeit einer Ad-hoc-Berichterstattung wohl eher nicht gegeben.

Klar ist: Keineswegs darf und soll weder staatlicherseits noch von den Medien ein aufgetretener Tierseuchenfall verschwiegen werden. Dabei kommt es aber auf die jeweilige Dringlichkeit und Notwendigkeit einer Veröffentlichung an. Die Detektierung des Vogelgrippevirus in der Probe aus dem Betrieb war auch keine sonderlich großartige Leistung der staatlichen AGES, sondern ist maximal als Labor-Routinearbeit bzw. -ergebnis zu werten.

Wie Medien mit einem Tierseuchenfall umgehen, müssen diese selbst entscheiden. Der LANDWIRT hatte sich jedenfalls entschieden, im gegenständlichen Fall vorerst Zurückhaltung zu üben, weil weder eine Gefahr für die öffentliche (Human-)Gesundheit bestand noch ein Vogelgrippe-Fall heutzutage einen besonderen News-Wert hat. Da die Republik den Fall via AGES bekannt gab, müssen aber auch wir darüber berichten.

Dass eine funktionierende Hoheitsverwaltung in den Ländern zu Urlaubszeiten offenbar nicht gewährleistet scheint, ist sicher nicht entschuldbar. Darf eine Tierseuche nur zu den Amtszeiten und schon gar nicht in einer Ferienwoche auftreten?

 

 

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