AckerbauDüngungDünger ist so teuer wie noch nie!

Dünger ist so teuer wie noch nie!

Quelle: Böck

Jeder Landwirt, der dieses Jahr seinen Mais verkauft anstelle ihn zu verfüttern, hat gutes und schnelles Geld gemacht. Die derzeitige Lage am Düngermarkt könnte diese Landwirte im Frühjahr aber mit einem weinenden Auge in die Güllegrube blicken lassen. Der Experte für den Düngermarkt Andreas Hochgerner von der Raiffeisen Ware Austria sagt: „So hohe Preise gab es noch nie! Seit über 20 Jahren bin ich nun im Düngergeschäft tätig, aber sowas habe ich noch nicht erlebt.“

Kein Dünger ohne Gas

Beginnen wir beim Stickstoff, dem wohl wichtigsten Nährstoff am Düngemarkt. Der hat eine gewaltige Preissteigerung hinter sich. In der derzeitigen Situation spricht nichts für billigere Preise. In erster Linie bestimmt der Energiepreis den Stickstoffpreis. Der Mineraldünger- Stickstoff lässt sich nur mit hohem Energieeinsatz herstellen. Die Düngererzeuger setzen hierfür vorrangig auf den Energieträger Erdgas. Der hat zuletzt ungeahnte Höhen erreicht, hervorgerufen durch die gedrosselten Gaslieferungen Russlands nach Europa. „Im Sommer 2020, also zur Zeit der Düngereinlagerung, lag der Gaspreis im Bereich von 5 bis 7 Euro/MWh“, erklärt Hochgerners Kollege, Bernhard Loitsch. „Das war zugegeben ein sehr niedriges Preisniveau und die Landwirte konnten sich für deutlich unter 200 Euro/t mit Kalkammonsalpeter (KAS) eindecken. Ein Jahr später zur Einlagerung lag dieser Preis bei etwa 30 Euro/MWh. Damals starteten die Einlagerungspreise für KAS bei etwa 250 Euro/t. Alles Nettopreise für den Handel wohlgemerkt.“ Zu Redaktionsschluss pendelte der Preis für Gas zwischen 120 und 160 Euro/MWh. Der Preis hat sich also quasi mehr als verzwanzigfacht. „165 Euro/MWh Gas war heute Vormittag der Höchststand an der Börse“, betont Hochgerner am 8. Oktober nachdrücklich. „Die Düngeindustrie kalkuliert in der Regel mit einer Preiserhöhung von drei bis vier Euro für eine Tonne KAS, wenn der Erdgaspreis um 1 Euro/MWh steigt.“ Der Preis für KAS lag zu Redaktionsschluss laut Hochgerner bereits über 500 Euro/t, sofern der Handel überhaupt Ware ordern konnte, wie Loitsch noch hinzufügte. „Bei den derzeit pendelnden Gaspreisen können und wollen die Hersteller nur schwer Preise kalkulieren“, schließt er.

Schwierige Nachfragesituation

Wenn es hart auf hart kommt, ist in der kommenden Saison zu wenig Dünger verfügbar.
Quelle: Böck

Aufgrund der hohen Preise hält sich derzeit auch die Nachfrage der Landwirte in Grenzen. Dementsprechend verhalten kauft der Handel ein. Zu schmerzhaft sind noch die Erinnerungen an 2008, wo viel Dünger zu teuer vorgekauft und später abgewertet werden musste. Aufgrund der schwer kalkulierbaren Gaspreise und der schwierigen Nachfrage haben die Düngerhersteller zuletzt sogar die Produktionsmengen gedrosselt und/oder gleich die Produktion vorrübergehend eingestellt. „Dünger, der jetzt nicht produziert wird, kann nicht mehr nachproduziert werden. Diese Mengen werden während der Vegetation 2022 schlussendlich fehlen“, mahnt Hochgerner. Der Gaspreis ist vor allem ein Politikum und er kann sich theoretisch von einem Tag auf den anderen wieder auf normalem Niveau einpendeln. Vor allem die Pipeline „Nord Stream II“ – die ja alsbald in Betrieb gehen soll – könnte den Energiepreis wieder stabilisieren. Ob das aber den Stickstoffpreis senken wird, bezweifelt der Experte. Denn die Nachfrage wird über kurz oder lang steigen. Weder die Landwirte noch der Handel haben bis dato viel eingelagert, der Bedarf an Stickstoff im Frühjahr wird aber sicher da sein. Fädelt man hier die rückgefahrene Produktion noch in die Gleichung mit ein, bleibt nur wenig Hoffnung auf moderate Stickstoffpreise. Es besteht eher die Angst, dass im Frühjahr allgemein zu wenig Ware da ist.

2022 aussetzen?

Bei Phosphor und Kalium sieht die Lage ähnlich aus. Bei beiden Nährstoffen sind die Düngerpreise deutlich gestiegen. Hier ist es vor allem die internationale Nachfrage, die laut Hochgerner das Angebot niedrig und die Preise hoch hält. Zusätzlich ist die Logistik teurer geworden. Die Kosten für den Schiffstransport haben sich seit dem letzten Jahr verdoppelt. Die Preise für Diammonphosphat (DAP) – dem wichtigsten Phosphordünger – haben sich seit dem vergangenen Jahr mehr als verdoppelt. 2020 lagen die Preise am Ostseehafen bei rund 350 Dollar/t, zu Redaktionsschluss lag der Preis mit 750 Dollar weit darüber. „Es wird im Handel diese Saison keinen DAP für unter 700 Euro netto geben“, sagt Hochgerner. Kalium hatte über Jahre konstant den Preis gehalten. Seit dem Frühjahr 2021 sind auch die Preise für diesen Nährstoff deutlich angestiegen. 60er- Kali beispielsweise ist um rund 200 Euro/t teurer als noch im Frühjahr. Da beide Nährstoffe nicht zwingend jedes Jahr gedüngt werden müssen, werden sich die Händler hüten, größere Mengen ohne vorherige Nachfrage seitens der Landwirte einzulagern. Allgemein erwartet Hochgerner, dass bei diesen Düngern diese Saison nicht viel nachgefragt wird. Gleiches gilt für Volldünger. Viele Landwirte haben die attraktiven Preise im vergangenen Jahr genutzt und eine höhere Grunddüngung durchgeführt. Der Blick auf den Düngermarkt ist für den Ackerbauern ernüchternd und viele würden am liebsten mit dem Einkauf noch warten. Trotzdem betonten beide Experten zum Schluss, dass sich die Landwirte jetzt schon zumindest mit etwa 40 % des benötigten Düngers eindecken sollten. Zumindest was den Stickstoff betrifft. Loitsch rät, genügend Dünger zu Hause zu haben, um die ersten Wochen im Frühjahr durchzukommen. Wem darüber hinaus die Preise derzeit zu hoch sind, der kann ja zocken und auf bessere Preise im Frühjahr hoffen. Wenngleich die Hoffnung nicht groß ist. Wenn alle Stricke reißen, bleiben dem Zocker noch die Leguminosen. Die brauchen keinen Stickstoffdünger.

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