Rinder zählen zu den so genannten „Halbschattentieren“. Sie sind relativ kältestabil, aber nur wenig hitzeresistent. Der Behaglichkeitsbereich liegt, von einigen Faktoren abhängend, bei 0 bis 15 °C Umgebungstemperatur. Eine Hitzebelastung liegt dann vor, wenn die Wärmeproduktion und die Wärmeaufnahme aus der Umgebung größer werden als die Wärmeabgabe. Die Wärmeabgabe erfolgt durch Abstrahlung, vorbeiströmende Luft, Kontakt mit kühleren Oberflächen bzw. durch Wasserdampfreduktion über Atmung bzw. Schwitzen.
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Hitzestress erkennen
Mit steigender Futteraufnahme und Leistung produzieren Rindern auch mehr „Abwärme“. Milchkühe leiden daher schneller an der Hitze als Mutterkühe und Masttiere. Ab einer Umgebungstemperatur von ca. 24 °C und einer relativen Luftfeuchte von 70 % spricht man bei Milchkühen von Hitzestress. Hinweise für leichten Hitzestress sind: erhöhte Atemfrequenz, pumpende Atmung, die Tiere liegen weniger und drängen sich z.B. um Tränken, die innere Körpertemperatur steigt über 39 °C und die Futteraufnahme sowie die Leistung sinken. Von einem stark belastenden Hitzestress ist dann auszugehen, wenn die Rinder den Kopf/Hals gestreckt halten und eine Maulatmung einsetzt. Es zeigen sich erhebliche Rückgänge in der Futteraufnahme und der Milchleistung, das Brunstgeschehen und die Verbleiberaten sind eingeschränkt, die innere Körpertemperatur steigt über 39,6 °C an. Diese Faktoren fördern den Hitzestress:
- direkte Sonneneinstrahlung (z.B. Weide über Mittag ohne Schatten)
- mangelnde Luftzirkulation bzw. Windstille
- Strahlungswärme von Oberflächen (Dächer, Asphalt etc.)
- hohe Leistungen (Milch, Trächtigkeit, körperliche Anstrengung)
- ungenügende Wasserversorgung
- hoher Salzgehalt von Wasser und Futter
- krankhaft verminderte Hitzetoleranz.
Auch genetische Einflüsse spielen hinsichtlich Hitzetoleranz eine Rolle, wobei die Haarfarbe einen bedeutenden Faktor darstellt: Schwarz absorbiert mehr und erhitzt sich dadurch rascher und höher als weiß.
So beugen Sie vor
Gerade in Bio-Betrieben verbringen Kühe viele Stunden auf der Weide. Auch dort können sie Hitzestress ausgesetzt sein. Mit folgenden Maßnahmen kann dieser reduziert werden:
+ Schatten auf der Weide
Bei Weidehaltung sollten Milchkühe an heißen Tagen entweder einen gut ventilierten Stall aufsuchen können oder es sollte ihnen auf der Weide ein schattiger Platz (Wald, Unterstand etc.) angeboten werden.
+ Nachtweide
Auch die Verschiebung der Weidezeiten in die frühen Morgen- und Abendstunden oder die Nachtweidehaltung kann notwendig bzw. sinnvoll sein. Allerdings sollten die Tiere am Abend nicht zu spät ausgetrieben werden und am Morgen nicht zu früh in den Stall kommen. Die Haupt-Fressphasen bei Rindern sind nämlich in den frühen Morgen- und in den späten Abendstunden. In der Dunkelheit wird hingegen wenig gegrast.
+ Wasser-Vernebelung
Gegebenenfalls kann die Hitzebelastung auf der Weide, auf dem überdachten Auslauf, dem Melkstand- Warteraum oder auch im Stall mit Wasser-Sprenkleranlagen oder durch Wasservernebelung reduziert werden. Zu beachten ist dabei, dass in Räumen mit schlechter Luftzirkulation ein Befeuchten jedoch auch negativ wirken kann. Dann steigt die relative Luftfeuchte deutlich über 70 % an und es kommt zu einem „Tropenklima“. Bei einer mittleren Luftfeuchtigkeit von über 85 % darf nicht mehr vernebelt werden.
+ Mehrere Tränken
An heißen Tagen steigt der Wasserbedarf der Kühe. Daher ist eine ausreichende Versorgung mit sauberem Wasser an mehreren Tränkestellen notwendig. Die Tränken müssen auch regelmäßig gereinigt werden.
Dr. Andreas Steinwidder leitet das Institut für Biologische Landwirtschaft und Biodiversität der Nutztiere der HBLFA Raumberg-Gumpenstein.
Dr. Johann Gasteiner ist Direktor der HBLFA Raumberg-Gumpenstein.
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