Die Preise der diesjährigen Bio-Ernte sind durchwegs höher als im Vorjahr. Überrascht Sie das?
Nein, man wusste dieses Jahr schon lange vor Erntebeginn, dass sich die Preise deutlich nach oben entwickeln werden. Wir haben in Österreich einen Rückgang der Bio-Getreideflächen bei gleichzeitigem Anstieg der Tierbestände. Ungewöhnlich früh gab es daher zahlreiche Reservierungsanfragen vor allem für Futtergetreide. Aber auch im Speisebereich entwickelte sich eine gute Nachfrage. Diese positive Entwicklung für die Ackerbauern war nach den katastrophalen Preiseinbrüchen der letzten Jahre dringend notwendig.
Der Herbstanbau steht vor der Tür. Welche Kulturen empfehlen Sie?
Eine allgemeine Empfehlung ist sehr schwierig. Aus aktueller Sicht würde die hohe Nachfrage nach Futtergetreide eine Empfehlung für Triticale, Gerste und Weizen nach sich ziehen. Ob die derzeit positive Marktlage aber auch nächstes Jahr bestehen bleibt, lässt sich seriös nicht vorhersagen. Die letzten Jahre haben uns gezeigt, dass eine langfristige Planung aufgrund des instabilen Marktes kaum mehr möglich ist. Konnte man für Bio-Roggen vor einigen Jahren teilweise noch deutlich über 300 Euro netto erzielen, so lag der Preis im Vorjahr teilweise unter dem konventionellen Roggen. Preiseinbrüche von bis zu 100 Euro, wie wir sie in den letzten beiden Jahren bei Weizen, Mais und Gerste erlebt haben, machen eine sinnvolle Anbauplanung fast unmöglich. Wir versuchen deshalb, gemeinsam mit unseren regionalen Partnern Kontraktanbau mit Mindestpreisen anzubieten, um den Landwirten mehr Preis- und Planungssicherheit geben zu können.
Dinkel hat in den vergangenen Jahren eine wahre Berg- und Talfahrt durchlebt. Wie sieht es dieses Jahr aus?
Das ist genau die Instabilität, von der ich spreche. Früher gab es diese Situation hauptsächlich bei Dinkel, aber mittlerweile kann man dieses Phänomen bei fast allen Kulturen beobachten. Interessant ist aber, dass der Dinkelpreis trotz gestiegener Anbauflächen weiterhin sehr stabil und auf ansprechendem Preisniveau geblieben ist. Natürlich, jene Spitzen, die im Frühjahr für Dinkel erzielt werden konnten, erreicht man aktuell nicht mehr. Aber aufgrund zahlreicher Anfragen und Angebote kann ich bestätigen, dass der Dinkelpreis auch 2021 interessant sein wird. Um Prognosen für 2022 zu wagen, ist es noch etwas zu früh. Wir bieten unseren Mitgliedern in Zusammenarbeit mit unseren regionalen Abnehmern aber bereits jetzt schon exklusiv eine garantierte Abnahme zu einem festgelegten Mindestpreis an. Die Gesamtmenge ist nach oben hin aber begrenzt, daher ist eine Voranmeldung notwendig.
Wie sieht die Nachfrage nach Urgetreidesorten wie Einkorn und Emmer aus?
Die Nachfrage nach Urgetreidesorten ist hoch, speziell für Einkorn. Generell ist aber Vorsicht geboten, denn der Markt für diese Spezialkulturen ist erfahrungsgemäß rasch übersättigt. Eine Produktion von Emmer und Einkorn sollte daher nur im Vertragsanbau erfolgen.
Vom Roggenanbau wurde im vergangenen Jahr abgeraten. Zu wenig Nachfrage und volle Lager, hieß es. Nun hört man aus Deutschland sogar schon von Mangel. Wie ist hier die Situation?
Ganz ähnlich. Wir hatten letztes Jahr Bio-Roggenpreise, die teilweise unter den konventionellen Roggenpreis gerutscht sind. Natürlich reagierten die Landwirte auf diese katastrophale Situation und es wurde weniger angebaut. Dazu kommt noch das feuchte Erntewetter, das sich negativ auf die Roggenqualitäten auswirkte. Seit einigen Tagen erreichen uns Anfragen für Bio-Roggen aus ganz Österreich und man spürt eine gewisse Nervosität bei den Aufkäufern, die sich die Mengen rasch sichern möchten. Auch die Preise steigen dementsprechend stark an.
Wie sieht die Situation bei Wintergerste aus?
Die Mangelsituation bei Futtergetreide wirkt sich auch positiv auf die Wintergerste aus. Letztes Jahr konnte man kaum mehr als 220 Euro erzielen, heuer liegt der Preis bereits deutlich über 300 Euro. Ähnlich gut entwickelt sich auch die Nachfrage für Braugerste. Von vielen Brauereien wird traditionell Sommergerste bevorzugt eingesetzt. Mittlerweile gibt es aber auch Winterbraugerstensorten, deren Eigenschaften sich von jenen der Sommergerste kaum mehr unterscheiden. Wichtig wäre auch hier wieder ein fixer Abnahmevertrag, um Preiseinbrüchen wie in den letzten beiden Jahren vorzubeugen.
Gibt es daneben noch Sonderkulturen, die man in Erwägung ziehen könnte?
Die Nachfrage nach Öl-Sonnenblume hat sich bei interessanten Preisen gut entwickelt, hier gibt es sicher auch noch Potential nach oben. Ungebrochen hoch ist die Nachfrage nach Bio-Raps, hier ist allerdings das hohe Ausfallrisiko einzukalkulieren. Sonderkulturen wie Hanf, Lein oder Druschgewürze sollte man nur mit fixem Abnahmevertrag anbauen.
Was ist von der anstehenden Soja- und Maisernte zu erwarten?
In Oberösterreich hatten wir aufgrund des nasskühlen Frühjahres mit schlechtem Aufgang zu kämpfen. Auch die Beikrautregulierung stellte zahlreiche Betriebe wegen der lange Zeit unbefahrbaren Böden vor enorme Herausforderungen. Aus diesem Grund erwarte ich keine überdurchschnittlichen Erträge. Was die Preise betrifft, lässt sich vor allem für Soja schon jetzt ein deutlicher Anstieg vorhersagen. Auch beim Mais gehe ich von einem starken Preisanstieg aus. Für Restware aus der Ernte 2020 konnten im Juni bereits über 350 Euro netto pro Tonne erzielt werden. Für frische Ware aus der Ernte 2021 kann man daher mindestens dieses Preisniveau mit Tendenz nach oben erwarten.
Für die Anbauplanung im Herbst sind ja auch die Frühjahrskulturen einzuplanen. Welche Kulturen sind hier gefragt?
Hier kann man eine klare Empfehlung für sämtliche Leguminosen aussprechen. Die Nachfrage nach Soja, Ackerbohne und Erbse ist ungebrochen hoch und legt jedes Jahr weiter zu. Auch preislich sind diese Kulturen höchst attraktiv. Aus derzeitiger Sicht ist auch Mais eine interessante Frühjahrskultur. Die Bio-Haferflächen haben dieses Jahr stark zugenommen, ebenso die Nachfrage. Eine weitere Steigerung der Hafer- Anbauflächen würde ich jedoch sehr kritisch sehen.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass nun auch der Bio-Markt volatiler geworden ist.
Ja, in den letzten Jahren hat sich eine Instabilität des Marktes eingeschlichen, die eine langfristige Planung schwierig bis unmöglich macht. Viele Betriebe reagieren oft sprunghaft auf den Markt und ändern jährlich ihre Fruchtfolge hin zu wenigen Kulturen, für die sie sich bessere Preise erhoffen. So kommt es immer wieder zu Marktübersättigungen einzelner Kulturen, die dann Preiseinbrüche hervorrufen. Dieses Vorgehen wirkt destabilisierend auf dem Markt und schadet dazu auch noch den Böden. Eine breite, ausgewogene Fruchtfolge ist Basis für langfristigen ackerbaulichen Erfolg. Breite, langfristige Fruchtfolgen wirken sich zudem auch positiv auf den Bio-Markt aus. Wir müssen mit aller Kraft versuchen wieder mehr Stabilität zu erlangen. Dazu müssen sowohl die Aufkäufer und die verarbeitende Industrie mit fairen Preisen, als auch die Landwirte selbst mit langfristig ausgelegter Produktion ihren Teil beitragen.
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