UncategorizedSchnitzen mit der Motorsäge: Zu Gast bei Helmut Tschiderer

Schnitzen mit der Motorsäge: Zu Gast bei Helmut Tschiderer

Quelle: Georg Trenker

Entschlossen setzt Helmut Tschiderer am oberen Ende des Stammes zu einem ersten schrägen Schnitt an. Das Heulen seiner Motorsäge erfüllt die Werkstatt, in der es nach Benzin und frischem Holz riecht. Tschiderer stellt die Säge ab und wischt mit seinen behandschuhten Händen die Sägespäne von der frisch entstandenen Fläche. Er greift zu einem Stift und dem Blatt Papier, auf dem er das Werkstück skizziert hat. Konzentriert überträgt er zuerst die Mittellinie und anschließend ein Raster auf das Holz. Der Profi weiß, dass er präzise arbeiten muss, damit aus dem groben Lärchenstamm vor ihm am Ende eine elegante Dame entsteht.

Vom Koch zum Motorsägenschnitzer

Der gebürtige Tiroler, der jetzt in Graubünden in der Schweiz lebt, ist eigentlich gelernter Koch. Als er seine Berufung für die Bildhauerei entdeckt, entscheidet er sich im zweiten Bildungsweg für eine Lehre zum Bildhauer. „Die Motorsäge ist mir dann im Laufe der Zeit irgendwie passiert“, schmunzelt Tschiderer, während er einen Ausfallschritt macht und die Säge wieder startet. Mit gezielten Schnitten entfernt er das Holz links und rechts vom späteren Kopf.

Geduld und Genauigkeit bei jedem Schritt machen sich am Ende bezahlt.
Quelle: Georg Trenker

Vor rund zehn Jahren nahm er das Schnitzen mit der Motorsäge in sein Portfolio auf. „Aber ich lebe von der Vielfalt“, weiß Tschiderer, der sich nicht nur dem Holz verschrieben hat. Er arbeitet genauso mit Stein und Marmor und gießt Skulpturen aus Bronze oder Aluminium. Figuren mit der Motorsäge schnitzt er aus vielen verschiedenen Holzarten. Tschiderer erklärt: „Grundsätzlich lässt sich jedes Holz in beliebiger Stärke verwenden, solange es nicht faul oder morsch ist.“ Er tritt einen Schritt zurück und beäugt sein Werk, das einer Frau bisher nur wenig ähnelt. Schon gestern hat er dafür ein Modell aus Ton geformt. „Neben der Skizze ist eine dreidimensionale Vorlage auf jeden Fall empfehlenswert. An ihr lassen sich Proportionen heruntermessen und auf das Holz übertragen. So gelingen lebensechte Ergebnisse. Man soll ja am Schluss eine Freude daran haben“, sagt Tschiderer und nimmt an den Schultern der Dame noch etwas Material weg. Helmut Tschiderer bückt sich, um die groben Holzabschnitte zu seinen Füßen wegzuräumen. Die Sägemehlschicht, die sich am Boden gebildet hat, lässt er hingegen bis am Abend liegen.

Helmut Tschiderer hat mit der Motorsäge schon
eine Vielzahl an Holzskulpturen erschaffen.
Quelle: Georg Trenker

Beim Schnitzen mit der Motorsäge ist alles erlaubt, solange es nicht gefährlich ist. eine Sicherheitsausrüstung bestehend aus Schnittschutzhose, Sicherheitsschuhwerk, Handschuhen, Schutzbrille und Gehörschutz. Wissen weitergeben Der Profi weiß: „Sie wirkt wie eine Isolationsschicht und absorbiert außer dem das Kettenöl.“ Jetzt im Winter ist es oft zu kalt für die Kunst mit der Motorsäge, die bei ihm meistens im Freien erschaffen wird. Denn sein Arbeitsplatz liegt auf 1.800 m Seehöhe. Grundsätzlich ist aber auch ein Arbeiten unter Dach, wie etwa in einer Garage, möglich. „Wichtig ist ein Platz, der genug Raum zum Bewegen bietet und außer dem hell und gut durchlüftet ist“, erläutert der Künstler.

Wechsel zur Elektrosäge

Sein heutiges Werkstück steht auf einer Holzpalette, auf der der Holzstamm einen guten Stand hat. Inzwischen ist Tschiderer beim Kopf angelangt, für den er zur Elektrosäge wechselt. Während er für Zuschnitte und große Flächen aufgrund des höheren Drehmoments gerne auf den Verbrennungsmotor setzt, schätzt er sonst die elektrische Variante. Gegenüber der Benzinmotorsäge punkte diese mit einer geringeren Lärmbelastung. Bei der Akkutechnik stimme für ihn hingegen das Preis Leistungsverhältnis noch nicht. „Aber hier hat jeder seine Vorlieben“, weiß der Profi. Das gilt auch für die Ausführungen von Schwert und Kette. Wobei eine Carving-Schiene, die vorne spitz zu läuft, zur Ausrüstung eines jeden Schnitzers dazugehört. Absolute Pflicht bei der Arbeit mit der Motorsäge ist eine Sicherheitsausrüstung bestehend aus Schnittschutzhose, Sicherheitsschuhwerk, Handschuhen, Schutzbrille und Gehörschutz.

Helmut Tschiderer ist mit Leib und Seele Künstler.
Quelle: Georg Trenker

Seine Kunst soll lebendig sein, deshalb arbeitet Tschiderer besonders gerne Menschen aus. Mit geübten Schnitten verpasst er seinem Werkstück eine Taille und achtet dabei darauf, nicht auf das Kabel seiner Säge zu steigen. Langsam nimmt die Dame Form an. Für heute wird er es bald gut sein lassen. Denn er weiß, dass sein Handwerk volle Konzentration und Geduld erfordert. „Eine Eule kann ich schon in ein paar Stunden schnitzen“, so der Profi. Die Arbeit an detailreichen Kunstwerken beanspruche hingegen mehrere Tage.

Helmut Tschiderer ist mit Leib und Seele Künstler. Er möchte sein Wissen, das er sich im Laufe der Jahre angeeignet hat, aber auch an andere weitergeben. 2019 hat er das Buch „Schnitzen mit der Motorsäge“ veröffentlicht. Außerdem bietet der Profi Motorsägenschnitz-Workshops an. In den letzten Jahren ist das Interesse an dieser Kunstform stark gestiegen. „Die Leute wollen zurück zur Natur und sich einmal so richtig dreckig machen. Bei mir können sie das“, lacht Tschiderer und wischt sich die Sägespäne aus dem Gesicht.

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