InternationalLandwirtschaftliche Produkte aus Venedig

Landwirtschaftliche Produkte aus Venedig

Venedig ist für seine Kanäle bekannt, dass im Umland auch Landwirtschaft betrieben wird, ist vielen nicht bewusst.
Quelle: Jacob

Cavallino-Treporti ist eine Gemeinde der Metropolitanstadt Venedig und liegt auf einer Landzunge zwischen der Lagune und der Adria. Mit ihren fast 30, mitunter riesigen Campingplätzen rühmt sich die Kommune, Europas wichtigste Open Air-Tourismus-Destination und der Badeort mit den zweitmeisten Übernachtungen ganz Italiens zu sein. Bei 13.500 Einwohnern werden zu Spitzenzeiten über sechs Millionen Übernachtungen gezählt. Massentourismus also und doch macht die Region einen sehr ländlichen Eindruck.

Camping unter Kiefern

Die Campingplätze liegen entlang eines rund 15 Kilometer langen Sandstrands an der Adria. Aus den einfachen Campingplätzen von einst sind luxuriöse Ferienanlagen geworden. Die Campingdestination entstand in den 1950er-Jahren mit deutschen Urlaubern. Sie machen noch immer den Großteil der Besucher aus. Daneben gibt es auch viele Österreicher, für die die Adria, nur zweieinhalb Autostunden entfernt, das nächstgelegene Meer ist.

An die Campinganlagen grenzen private Gemüse- und Obstgärten, aber auch größere Flächen für den kommerziellen Anbau von Gemüse und Salaten. Sie erinnern daran, dass es vor dem Tourismus die Landwirtschaft war neben Fischfang , mit der sich die Menschen ihr Geld verdienten.

In Ca’ Pasquali an der Via del Vallone liegt der Gemüsebaubetrieb Azienda Agricola Valleri Stefano. Chef des 6-ha-Betriebes ist Stefano Valleri, der das Unternehmen vor ein paar Jahren von seinem Vater Gino übernommen hat. Gino Valleri erinnert sich noch daran, wie das Geschäft 1957 mit seinem Vater hier begann. Damals verkauften sie ihre Ernte noch über Händler auf dem berühmten Rialto-Markt in Venedig. Doch der sei heute nur noch ein Schatten seiner selbst. Der Massentourismus habe die Altstadt von Venedig zu einem „Disneyland“ verkommenen lassen. Die Einwohnerzahl ist in den vergangenen Jahren drastisch gesunken, die Jungen wollen nicht mehr da leben, wo sich Millionen von Touristen durch die engen Gassen schieben.

Dieser besondere Geschmack

Auch die Produkte der Azienda Agricola Valleri Stefano landen über den Großhandel in den italienischen Supermärkten. Doch nun gibt es einen Hofladen, in dem ihre Feriengäste einkaufen können. Zum Unternehmen Valleri gehören einige Ferienbungalows. „Viele Urlauber sind inzwischen zu Freunden geworden und kommen regelmäßig. Wir haben sie auch schon in Deutschland und Österreich besucht“, erzählt Gino Valleri bei einer Betriebsführung. Vater und Sohn Valleri sprechen Deutsch, das sie es in der Schule gelernt haben.

Viele Jahre haben sich Valleris auf den Anbau von Frischkräutern, Salaten und Gemüse konzentriert. 2008 stiegen sie in die Verarbeitung der Ernte ein. Gemüsesorten, die sie nicht selbst anbauen, liefern andere Betriebe, mit denen sie zusammenarbeiten. Die Marke Le Delizie del parco (Köstlichkeiten des Parks) wurde für die Urlaubsgäste entwickelt. „Sie sollten die Möglichkeit bekommen, das Aroma der Region mit nach Hause zu nehmen“, beschreibt es Stefano Valleri. Im Hofladen präsentiert sich eine beeindruckende Vielfalt an in Gläsern Konserviertem. Es gibt in Olivenöl eingemachte oder zu Aufstrich verarbeitete violette Artischocken, Topinambur, Zucchini und Auberginen, daneben rote Zwiebelmarmelade, marinierten Rotkohl oder die italienische Spezialität Giardiniera, eine in Essig süßsauer eingelegte Gemüsemischung. Die Ideen gingen ihm nicht aus, lacht Stefano Valleri. „Jedes Jahr kommt etwas Neues dazu.“ Auf einem Plakat mit buntem Gemüse prangt der Hinweis „km 0“, ein Label, mit dem in Italien seit ein paar Jahren in Geschäften und Restaurants geworben wird, um auf Regionalität und kurze Transportwege hinzuweisen.

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Salziges Land

Die landwirtschaftlichen Produkte aus Cavallino-Treporti gelten auf den norditalienischen Märkten als „spitze“, wie Valleris sagen. Es ist diese Lage zwischen Meer und Lagune, mit dem salzigen Boden, dem Wasser und der salzhaltigen Luft, die sich auf den Geschmack auswirken. Unter dem Namen „terre salate“ (salziges Land) vermarkten Francesco Scarpi (44) und Partnerin Silvia Rui (46) Nudeln aus eigenem Weizen. „Die anderen Bauern haben uns damals gesagt, dass der auf solchen Böden gar nicht wachse“, erzählt Silvia. Nicht nur der hohe Salzgehalt im Boden, sondern auch das Mahlen des Getreides in einer Steinmühle und das Trocknen bei niedriger Temperatur machten die Nudeln besonders schmackhaft. Gut mit den salzigen Böden kämen die Oliven aus, erklärt sie bei einem Hofrundgang. Es sind aber vor allem die violetten Artischocken, die einen besonders guten Geschmack annehmen.

Mit den salzigen Böden kommen Oliven und Artischocken gut aus.
Quelle: Jacob

Francesco und Silvia Scarpi sind in der Lagune aufgewachsen, aber erst seit ein paar Jahren in der Landwirtschaft tätig. Auf ihrer Azienda Agricola arbeiten sie nach biologischen Prinzipien. Auf 4,5 ha Pachtland bauen sie neben violetten Artischocken und Oliven auch Grünspargel und andere Gemüsesorten an, aber auch Weizen, Mais und Gerste. Der Mais wird zu Polentagrieß gemahlen, der Hartweizen zu Mehl und zu Nudeln verarbeitet, die Gerste dient der Bierproduktion. Außerdem richten sie ein altes Gebäude für Agriturismo her. Das liegt idyllisch zwischen den Feldern mit einem Obstgarten und Zugang zum Wasser, gleich nebenan die alte Dorfkirche von Mesole, die gerne von radfahrenden Touristen besucht wird. Diese radeln dann auch am Hof der Scarpis vorbei. Auf großen Holztafeln steht auf Italienisch und Englisch – was sie im Hofladen zu verkaufen haben.

Weg von Pommes

Die Produkte der Azienda Agricola Scarpi Francesco werden auch auf Märkten, bei Veranstaltungen und an Restaurants verkauft. Mit dem Hof erfüllte sich Silvia ihren Lebenstraum. Sie hat zuvor als Geomatikerin gearbeitet. „Da saß ich viel im Büro; ich wollte raus in die Natur, schmackhafte Lebensmittel anbauen und mit anderen teilen.“ Wichtig ist ihr auch, „dass die landwirtschaftlichen Traditionen der Region nicht untergehen“, wie sie sagt. „Die größte Herausforderung sind die Campingplätze. Die Betreiber müssen mit den Landwirten zusammenarbeiten, sonst sterben wir aus. Sie müssen auch verstehen, dass unsere Produkte etwas mehr kosten.“ Es gab Zeiten, da boten sie ihren deutschsprachigen Gästen nur Bratwurst und Pommes an. Doch da tut sich etwas, es kommen immer mehr regionale und saisonale Gerichte auf den Tisch. Zusammen mit ihrer Mitarbeiterin Lisa Vianello, einer ehemaligen Arbeitskollegin, hat Silvia Rui alle Campingplätze von Cavallino Treporti abgeklappert. Bisher haben erst neun von ihnen die terre-salate-Produkte ins Sortiment ihrer Supermärkte aufgenommen. Da ist eindeutig noch Luft nach oben.

Francesco und Silvia Scarpi bauen neben Weizen, Mais und
Gerste auch Grünspargel und andere Gemüsesorten an.
Quelle: Jacob

Wein aus alter Sorte

Das Vaporetto legt von der Station Treporti ab. Der Wasserbus ist das öffentliche Transportmittel von Venedig. Nach einer herrlichen 25-minütigen Schiffsreise durch die Lagune Ankunft auf der Insel Mazzorbo. Nur 100 Meter von der Anlegestelle entfernt und direkt am Wasser steht das Sterne-Restaurant „Venissa“ von Matteo Bisol, daneben findet sich hinter einer alten Steinmauer ein Weinberg.

Matteo ist der einzige Winzer, der direkt am Stadtgebiet Wein keltert. Es war sein Vater Gianluca, der 2002 die letzten Rebstöcke der lokalen Sorte „Dorona“ ausfindig machte. Einst gab es auf den venezianischen Inseln eine wichtige Weinbautradition. Bereits ab dem 14. Jahrhundert gab es dort Weinberge, und in den 1800er-Jahren war hier ein Weingut, das bis 1966 bestand, dem Jahr der großen Überschwemmung, als alle Weinberge Venedigs zerstört wurden. Die Weinmacher-Familie Bisol vertraut darauf, dass sie in Zukunft von Hochwasser verschont bleiben seit 2003 ist schließlich das Sturmflutsperrwerk „Mose“ fertiggestellt.

Zum Unternehmen gehören vier Weinberge in der Lagune. Ein guter Teil des Weines wird im eigenen Restaurant ausgeschenkt, das ist von Michelin nicht nur mit einem Stern, sondern für seine Nachhaltigkeit auch mit einem Grünen Stern ausgezeichnet worden. Der Spitzenwein Venissa aus der „Dorona“-Traube ist mit nur rund 3.500 Flaschen pro Jahr eine Rarität. Die Flaschen werden mit handgeschlagenen Blattgoldetiketten versehen, und der halbe Liter des jüngsten Jahrgangs ist für 160 Euro zu haben. Der Jahrgang 2010 wird nicht nur wegen seiner Seltenheit, sondern auch aufgrund der Langlebigkeit Weinsammlern ans Herz gelegt. Die Halbliterflasche kostet beeindruckende 1.380 Euro!

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