Wegen wiederholten behördlichen Beanstandungen kündigte ein oststeirischer Joghurt-Direktvermarkter an, die Produktion endgültig einzustellen. Der Grund waren Bagatellverstöße die sofort mit hohen Strafen geahndet wurden. Das geht sich in der bäuerlichen Direktvermarktung, wo in der Regel alle Arbeitsschritte von der Familie durchgeführt werden, einfach nicht mehr aus“, gibt der Nationalratsabgeordnete Andreas Kühberger zu bedenken. Der Grund für die Beanstandung und die folgende Geldstrafe in Höhe von 500 Euro: Am Becher des Apfel-Joghurts sollen mögliche Allergene nicht ausreichend gekennzeichnet gewesen sein. Konkret sei die Bezeichnung „Bio-Joghurt“ nicht gesondert hervorgehoben worden. „Dass in einem Joghurt Milch enthalten ist, sollte sich von selbst erklären. Es ist aber vor allem ärgerlich, dass der Landwirt bereits bei dieser erstmaligen Beanstandung die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommt. Solche Aktionen verunmöglichen kleinen bäuerlichen Betrieben die direkte Vermarktung ihrer Lebensmittel und gefährden dadurch die Nahversorgung im ländlichen Raum“, ist Kühberger verärgert.
Bereits im Februar 2023 musste der Bauer eine Strafe von 1.000 Euro zahlen, da die Schriftgröße in der Zutatenliste um 0,2 Millimeter zu klein war. Nachdem er seinen Betrieb in der Folge auf Bio umgestellt hatte, holte er sogar ein externes Gutachten für seine Produkte ein. „Das Produkt wurde nach einigen kleineren Anpassungen als verkehrsfähig zugelassen“, berichtet Kühberger. Umso ärgerlicher ist die neuerliche Strafe aufgrund der Allergen-Kennzeichnung. Den Verkauf des Joghurts in regionalen Supermärkten hat der Landwirt eingestellt, künftig soll ausschließlich Käse ab Hof vermarktet werden.
Im Lebensmittelrecht verankert
Dabei stellt Kühberger klar und deutlich fest: „Dort, wo es notwendig ist, weil es wirklich um Lebensmittelsicherheit und die Gesundheit der Menschen geht, sagen wir nichts gegen die Strenge der Behörden. Wenn die Qualität von Produkten beeinträchtigt wird, dann muss das natürlich aufgedeckt, bestraft und behoben werden. Bei derartig geringen Vergehen, die meist nur eine Formalität betreffen, darf es allerdings nicht sein, dass mit aller Vehemenz gleich gestraft wird. Vielmehr muss die Praxis ‚Beraten statt Strafen‘ endlich bei Lebensmittelkontrollen Einzug halten.“
Der Hintergrund: Bereits 2014 wurde der Grundsatz „Beraten statt Strafen“ im Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz verankert, 2019 überdies im Verwaltungsstrafgesetz. „Die Ausführung liegt allerdings bei den verantwortlichen Behörden, in der Regel sind das die Bezirkshauptmannschaften. Und da könnte die Handhabung unterschiedlicher nicht sein“, kritisiert Kühberger.
Nicht mit Handel vergleichbar
„Beraten statt Strafen“ sei nicht ohne Grund eingeführt worden“, so Kühberger: „Von der Urproduktion angefangen über die Verpackung und den Vertrieb sind es bei der Direktvermarktung in der Regel die Mitglieder unserer Bauernfamilien, die für einen reibungslosen Ablauf sorgen. Die Ressourcen sind dadurch allerdings stark begrenzt, Stückpreise deutlich höher. Gerade deshalb muss die Behörde Fingerspitzengefühl an den Tag legen und darf die bäuerliche Direktvermarktung nicht mit der industriellen Lebensmittelproduktion über einen Kamm scheren.“
Gesundheitsminister lässt viele Fragen offen
Aus diesem Grund hat sich Kühberger auch mit einer Parlamentarischen Anfrage direkt an Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) gewandt. Der Abgeordnete wollte wissen, wie der Minister die Verhältnismäßigkeit derartiger Strafen beurteile und wie groß der Anteil jener Vergehen war, die für Lebensmittelqualität und –sicherheit relevant waren. Die Antwort aus dem Gesundheitsministerium sei „schlichtweg enttäuschend“, so Kühberger: „Nach wie vor wissen wir nicht, wie der Gesundheitsminister plant, ‚Beraten statt Strafen‘ endlich in die Praxis umzusetzen. Stattdessen sind unsere Direktvermarkter weiterhin stets der Gefahr ausgesetzt, Opfer willkürlicher Entscheidungen zu werden.“
Es brauche endlich klare Vorgaben für die Behörden, bei welchen Vergehen bei der Lebensmittelkennzeichnung eine Beratung beim ersten Mal ausreiche, fordert der Steirer: „Die gesetzliche Grundlage ist prinzipiell vorhanden. Der Gesundheitsminister – oder sein Nachfolger – wäre gut beraten, die Umsetzung des Prinzips ‚Beraten statt Strafen‘ schleunigst voranzutreiben. In manchen Fällen ist die Beratung beim ersten Vergehen sinnvoller als die sofortige Strafe – ansonsten laufen wir Gefahr, unsere so geschätzte bäuerliche Direktvermarktung zu verlieren“, verdeutlicht Kühberger.
Quelle: Bauernbund Österreich
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