ManagementAgrarrechtKitze vor dem Mähtod retten

Kitze vor dem Mähtod retten

Zwischen 50.000 und 100.000 Rehkitze in Deutschland kann man durch Schutzmaßnahmen vor dem Mähtod retten.
Quelle: Buffler

Ein sonniger Morgen Anfang Mai, das Gras steht saftig grün auf den Wiesen. Der Wetterbericht sagt heute und morgen noch Trockenheit vorher, ab übermorgen soll es zwei Wochen regnen. Da heißt es: raus auf die Wiesen und mähen. Die ersten beiden Bahnen am Waldrand laufen problemlos, bei der dritten verrät ein Holpern im gleichmäßigen Surren des Mähwerks: Hier war etwas im Weg. Mähwerk ausheben, zurücksetzen, nachschauen. Im geschnittenen Gras liegt ein blutendes Rehkitz, drei seiner Beine sind abgetrennt, aber es lebt noch. Der Jäger muss kommen und es mit einem Schuss erlösen.

Fast 100.000 Rehkitze sollen so jedes Jahr in Deutschland den Tod finden. In Österreich sind es geschätzt 25.000. Das Gefährliche für Landwirte: Werden nicht alle Kadaverteile gefunden, können sich darauf Bakterien vermehren, die das Botulinumtoxin bilden. Dieses Nervengift reichert sich im Futter an und kann bei Rindern neben schweren Krankheiten sogar bis zum Tod führen.

Die rechtliche Lage

Aber nicht nur der mögliche wirtschaftliche Schaden ist von Bedeutung. Ein vermähtes Kitz kann auch strafrechtliche Folgen für den Landwirt haben. Denn im deutschen wie im österreichischen Tierschutzgesetz steht sinngemäß: „Niemand darf ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund töten oder ihm Schmerzen und Leiden zufügen.“ Für eine Bestrafung reicht dabei auch der „bedingte Vorsatz“ aus. Das heißt: Jeder Landwirt weiß, dass Wildtiere auf seinen Flächen sein könnten. Ergreift er keine Maßnahmen, um die Tiere zu vergrämen oder zu retten, nimmt er deren Tod billigend in Kauf. Die Strafen dafür sind hoch: So musste ein Landwirt in Gießen 7.500 Euro bezahlen, weil er einige Kitze ausgemäht hatte. In einem anderen Fall wurde der Landwirt sogar zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

SONDERFALL REHKITZ

Neugeborene Reckkitze ducken sich, statt wegzulaufen.
Quelle: Chrsitian Mühlhausen/landpixel.de

Während Feldhase, Rehbock und Fasan bei Gefahr flüchten, haben neugeborene Rehkitze eine andere Strategie. Bis zum Alter von etwa vier Wochen laufen sie nicht davon, sondern drücken sich flach an den Boden. Mit ihrem braun-weiß gesprenkelten Fell sind sie dadurch nahezu unsichtbar – für Fressfeinde genauso wie für den Landwirt. Ein weiteres Problem: Rehgeißen legen ihre Kitze immer gern an am gleichen Platz ab und behalten ihn auch über Jahre bei. Auch wenn man das Kitz vor der Mahd beispielsweise an den Waldrand versetzt – die Geiß wird es wieder an den Setzplatz zurückführen, sobald sie keine Gefahr mehr wittert. Die gute Nachricht: Rund 96 % der Rehe bringen ihre Kitze in den Monaten Mai und Juni zur Welt. Deshalb beschränken sich die Maßnahmen zur Kitzrettung besonders auf den ersten und zweiten Schnitt.   

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