Oberschwaben im Jahr 1954. Mit unförmiger Kittelschürze, buntgemustertem Kopftuch und ausgelatschten Schlappen macht Regina die Tür auf. Die Haut ihrer Hände ist rissig, die schwarzen Ränder unter den Fingernägeln bekommt sie längst nicht mehr weg. In der Linken hält sie einen Putzeimer, in der Rechten die Scheuerbürste. „Mein Mann sitzt in der Stube“, sagt sie zum Bankberater. Dann dreht sie sich um und schlurft davon. Am Finanzierungsgespräch zum neuen Stall wird sie nicht teilnehmen. So lief es in den 1950er-Jahren auf vielen Bauernhöfen. Die Frau als bessere Dienstmagd, zuständig für Haushalt und Kinder. Die Arbeiten auf dem Betrieb wies ihr der Mann zu. Obwohl diese Frauen unglaublich viel auf den Höfen leisteten – mitentscheiden durften sie nur selten oder gar nicht. In der damaligen Zeit schien dies völlig normal und war gesellschaftlich akzeptiert.
Die Rolle der Bäuerin hat sich geändert
Heute arbeiten immer noch rund 341.000 Frauen in der deutschen Landwirtschaft. Aber ihre Rolle auf den Betrieben hat sich in den letzten 70 Jahren grundlegend verändert. Die Marktforscher von AgriExperts haben dazu 514 Bäuerinnen befragt. Fast die Hälfte der Teilnehmerinnen ist zwar auch heute noch in erster Linie für Haushalt und Familie verantwortlich, hinzu kommen aber verantwortungsvolle Tätigkeiten im Stall und in der Buchführung.
Wie sieht es aber bei Entscheidungen aus? Hier treffen sich Mann und Frau leider immer noch nicht auf Augenhöhe: Zwar gaben 61 % der befragten Bäuerinnen an, dass sie gemeinsam mit ihrem Mann oder alleine entscheiden. Das heißt aber auch, dass immer noch in vier von zehn Fällen der Mann letztendlich bestimmt, wo es langgeht. Zu ganz ähnlichen Ergebnissen kommt eine Studie der Universität Freiburg im Auftrag des Landes Baden-Württemberg aus dem Jahr 2018 mit 2.355 Teilnehmerinnen. Besonders bedenklich in dieser Umfrage: Zwei Drittel der befragten Bäuerinnen dürfen aufgrund der Besitzverhältnisse auf dem Hof rein rechtlich gar nichts entscheiden. Geht es aber um die Haftung, kann fast die Hälfte dieser Frauen trotzdem persönlich belangt werden.
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